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Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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der Tür«, sagte ich ihm. »Aber . . .
    ich weiß nicht, ob das Zeug jetzt noch Wirkung hat.«
    »Versuchen kann man es immerhin«, sagte George. Ich hörte ihn herumfummeln. Er brauchte einige Minuten, um den kleinen Schrank zu öffnen, und ich weiß bis heute nicht, wie er es ohne Hände geschafft hat.
    »Ein Haufen Zeug da drin«, sagte er schließlich.
    Meine Schmerzen wurden jetzt wirklich unerträglich. Besonders der Hinterlauf tat verdammt weh.
    »Wo ist die Salbe?«
    »In der großen Tube. Unteres Fach.«
    »Habe sie gefunden«, sagte er. »Kann sie aber nicht herausnehmen. Wollen es mal versuchen . . . « Er war still, eine Minute oder länger. Ich fühlte Feuchtigkeit an meiner rechten Seite und wußte, daß ich immer noch blutete.
    Dann fühlte ich, daß er auf mich zutrat. Ich sandte rasch einen Puls in seine Richtung und erkannte, daß er die Tube im Mund hatte.
    »Wie haben Sie das geschafft?« fragte ich, und die Neugier war stärker als der Schmerz.
    »Ich habe einen Faden in den Medizinschrank geschossen und ihn gegessen, bis ich die Tube im Mund hatte«, sagte er sachlich.
    »Aber sie ist zu groß, um sie in den Huf zu klemmen. Wie, zum Teufel, können wir die Kappe losschrauben?«
    Ich starrte auf die Umrisse der Tube, die er inzwischen auf den Boden gelegt hatte, und schüttelte den Kopf. Wir versuchten es, indem ich sie zwischen meinen Vorderläufen festhielt und er zu drehen versuchte, und noch ein paar andere Methoden, aber die Kappe rührte sich nicht.
    Ich blickte George an und wußte, daß wir beide das gleiche dachten. Zum erstenmal, zum allererstenmal gestanden wir uns gegenseitig die Wahrheit ein. Wir waren keine Menschen mehr.
    Wir waren völlig andere Kreaturen.
    »Es hat keinen Sinn, George«, sagte ich leise. »Wir sind nicht dafür gebaut.«
    Er nickte düster. »Kommen Sie. Legen Sie sich flach auf den Rücken, die Hinterläufe ausgestreckt. Ich will die Wunde befühlen.«
    Ich tat, was er sagte, und er tastete mich mit seinen Vorderläufen ab, bis er das verletzte Bein erreichte.
    Es tat verdammt weh, und ich hätte beinahe aufgeschrien.
    »Gebrochen«, sagte er. »Und Sie bluten noch immer. Selbst die Blutgerinnung wird von dem Virus geregelt.« Er machte eine kurze Pause. »Wie lange ist es bis zu der Relaisstation, von der Sie gesprochen haben?«
    »Achtzig Tage«, sagte ich. »Ich werde es schon schaffen — irgendwie. Zumindest bis dort.«
    Er schwieg eine Weile und dachte nach. Schließlich sagte er:
    »Nein, Sie schaffen es nicht. Bis dahin sind Sie verblutet. Und das Schiff wird mich zu Ihrer Basis zurückbringen, wo man mich als seltenes Tier in einen Zoo stecken wird. Ich kenne mich mit diesem Schiff nicht aus, wie Sie wissen. Außerdem, wie soll ich mich ernähren? Wir werden beide verhungern. Alles andere ist nur sekundär.«
    Ich dachte angestrengt nach, versuchte ein Loch in seiner Logik zu entdecken, fand aber keins.
    Er hatte recht.
    »Was sollen wir also tun?« fragte ich ihn. »Zu Moses zurückkehren? Sie wissen genau, daß wir das nicht können. Und ich kann auch den L-Sprung nicht abbrechen.«
    »Ich denke, wir sollten die Heizung aufdrehen«, sagte er ruhig.
    »Wir wissen nicht, was dann passiert«, widersprach ich. »Vielleicht habe ich das Virus getötet. Auf der anderen Seite ist es sehr gut möglich, daß Moses es programmiert hat, um uns zu beeinflussen.«

    Er schwieg wieder ein paar Sekunden lang, dann sagte er die Worte, die ich in jeder Sprache am meisten haßte, und jetzt noch mehr als sonst, weil sie wahr waren, sehr, sehr wahr.
    »Wir haben keine andere Wahl.«
    Ich gab den Befehl, die Temperatur sehr langsam hochzufahren, damit wir wenigstens die Chance hatten, sie wieder unter den Gefrierpunkt zurückzudrehen — und sehr rasch, wenn es notwendig sein sollte.
    Ich fühlte, wie es wärmer wurde, und es war ein herrliches Gefühl. Langsam stieg die Temperatur höher und höher, und alle meine Nerven waren gespannt, in Erwartung von Beeinflussungen und Zeichen von Veränderung.
    Veränderungen zeigten sich auch bald. Die Farbempfindung kehrte zurück, unregelmäßig flatternd zuerst, dann vollständig.
    Aber das half uns nicht viel — was hatte ich davon, daß ich George jetzt wieder in dem gewohnten satten Blau sah, getönt mit den Färbungen von Besorgnis und nervlicher Anspannung, und er mich wahrscheinlich genau so sah. Aber es bewies uns, daß das Virus noch sehr lebendig war.
    »Irgendwelche ungewöhnlichen Gefühle?« fragte ich ihn

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