Das Netz Der Grossen Fische
darüber.«
Sobald das Nachrichtenjournal auf Sendung war, rief er Giuditta an. Und die Frauenstimme vom Band informierte ihn, dass der gewünschte Teilnehmer … und so weiter und so fort. Dann war das jetzt wohl neuerdings so üblich bei ihr! Was war nur los mit ihr? Er beschloss, sie nicht noch einmal anzurufen. Wenn sie wollte, konnte sie sich ja melden. Das Nachrichtenjournal ging zu Ende, und das Telefon klingelte.
»Direttore, hier ist Giacomo.«
»Wie sieht’s aus?«
»Ich habe keine Neuigkeiten. Allerdings habe ich erfahren, auf welchen Spielplatz das Mädchen gebracht wurde. Jetzt ist es zu spät. Aber morgen früh könnte ich auf einen Sprung dort vorbeischauen, was meinen Sie?«
»Einverstanden.«
Er verabschiedete sich von Cate und ging zu Mancuso.
»Ich muss weg, weil ich zum Abendessen bei Freunden eingeladen bin. Falls es irgendwelche Probleme gibt, ruf mich an.«
Er stieg in sein Auto. Er erwartete, auf dem Rücksitz einen zusammengekauerten Totò Basurto vorzufinden. War es möglich, dass sie nichts von der Blitz-Entführung mitbekommen hatten? Umso besser, mittlerweile konnte er Basurto nur noch schwer ertragen. Giuditta rief ihn nicht an.
Mariella öffnete ihm selbst die Tür. Zuletzt hatte sie ihn vor einem Monat eingeladen, und er fand, dass sie sich ein wenig verändert hatte. Es war nichts körperlich Greifbares, aber ihre aquamarinblauen Augen leuchteten nicht wie sonst, sondern waren leicht getrübt. Sie musste irgendwelche Sorgen haben. Sie küssten sich, dann reichte Michele ihr das Buch, das er für ihren Mann gekauft hatte.
»Danke. Allerdings wird Carlo heute Abend nicht hier sein. Ich werde es ihm übermorgen geben, wenn er zurückkommt.«
»Wo ist er denn hingefahren?«
»Nach Rom, zu einer Tagung an der Universität. Vorgestern ist er gefahren.«
Hieß das dann, dass sie beide alleine zu Abend essen würden? Das kam ihm sonderbar vor. All die anderen Male war Carlo da gewesen, und er hatte im Laufe des Abends immer mehr mit Carlo gesprochen als mit Mariella, mit der er sich eigentlich wenig zu sagen hatte. Hätte sie das Essen denn nicht auf einen späteren Termin verschieben können, wenn ihr Mann wieder zurück war? Aber vielleicht wollte sie ihm ja auch unter vier Augen den Grund für die Sorgen erzählen, die aus ihrem Blick sprachen.
»Willst du dir gerade die Hände waschen? Du findest michdann im Esszimmer. Heute Abend ist nicht einmal die Rumänin da, da muss ich selber servieren.«
Er ging ins Bad und danach ins Esszimmer. Der Tisch war für drei gedeckt. Mariella kam aus der Küche.
»In fünf Minuten ist es so weit. Wollen wir ein Glas Prosecco trinken?«
»Sehr gerne.«
Mariella schenkte ihnen ein. Sie erhoben, ohne etwas zu sagen, ihre Gläser und sahen sich in die Augen.
»Erwarten wir noch jemanden?«, fragte Michele.
»Ja.«
Und wie aufs Stichwort summte die Sprechanlage. Mariella ging in die Diele, um den Türöffner zu drücken, kehrte aber nicht zurück. Sie wartete auf den Gast. Nach einer Weile hörte Michele das Geräusch des Aufzugs, der auf der Etage hielt, das Schließen der Wohnungstür, und ein kurzes undeutliches Gespräch.
»Ciao, Michele«, sagte Giulia beim Eintreten.
Er wurde blass und schaffte es nicht einmal aufzustehen, um sie zu begrüßen. Nur mit Mühe gelang es ihm, den Kopf so weit zu drehen, dass er sie ansehen konnte. Sie war schön wie immer, doch ebenfalls ganz blass vor Aufregung über die Begegnung. Aber im Unterschied zu ihm hatte sie gewusst, wen sie an diesem Abend bei Mariella treffen würde.
Ein abgekartetes Spiel, wobei sie die Abwesenheit Carlos nutzen wollte. Und ganz sicher auf Giulias Wunsch hin organisiert, denn Mariella hätte es niemals gewagt, ihrer Freundin einen derartigen Streich zu spielen. Erst als sie ihm gegenüber Platz genommen hatte, war er wieder in der Lage, den Mund aufzumachen.
»Ciao«, sagte er mit brüchiger Stimme.
Nachdem er sie erst einmal angesehen hatte, konnte er den Blick gar nicht mehr von ihr abwenden.
Seit jenem Abend, als sie ihm bei Tisch gesagt hatte, dass sie sich in ihn verliebt hätte, hatten sie sich nicht mehr so gegenübergesessen. Als Giulia jetzt das Glas mit dem Prosecco, den er ihr eingeschenkt hatte, an die Lippen führte, fiel ihm auf, dass ihre Hand leicht zitterte. Und auch ihn hatte es reichlich Mühe gekostet, die Flasche richtig zu halten und zu vermeiden, dass er den Prosecco auf dem Tischtuch verschüttete.
»Da bin ich«, sagte Mariella und
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