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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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wenigstens erträglicher gemacht. Später marschierte sie, einen Turban aus einem weißen Frotteehandtuch auf dem Kopf, durch das Zimmer, setzte sich einmal auf das Bett, erhob sich wieder, blätterte eine Weile in ihrem Schmöker, um die Kagee -Sim-Passagen mit ihren Traumerinnerungen zu vergleichen, oder saß nur da und atmete.
    Salomon zeichnete alle diese »Wohngeräusche« auf. Er benutzte dazu ein Mikrofon, das sich ebenfalls in einem seiner Aluminiumkoffer gefunden hatte. Als Recorder verwendete er ein Notebook. Anschließend legte er noch einmal den Zeigefinger auf die Lippen, als wolle er sie erinnern: Auch jetzt nur nichts Verräterisches sagen. Dann tat er Dinge, denen Stella nur noch zum Teil folgen konnte. Während der Rückkehr zum Bau 203 hatte Salomon ihr zumindest einige dieser Maßnahmen im Vorhinein beschrieben.
    Zunächst stöpselte er eine Mehrfachsteckdose neben dem Schreibtisch ein. Hier fand der Störsender Anschluss. Zwar hatte er keine hochfrequenten Signale entdecken können, die auf versteckte Funkmikrofone hindeuteten, doch seine elektromagnetische Strahlenquelle verhinderte auch das Abhören der eigenen Notebooks. Anschließend steckte er das Kabel eines weiteren, ganz besonderen Kästchens in den Netzanschluss.
    Salomon hatte seiner staunenden Tochter die verblüffenden Fähigkeiten des kleinen schwarzen Kastens erklärt, der nun an zwei Kabeln zwischen der Mehrfachsteckdose und einem Notebook-Computer hing. Wenn Telefon- oder Datenkabel dicht gepackt mit Stromleitungen verlegt werden, dann kommt es zu einem Effekt, den man »Übersprechen« nennt. Hierbei werden zwangsläufig die elektronischen Informationen des einen Kabels in schwacher Form auf das andere übertragen. Mit einem entsprechenden Verstärker und einigem zusätzlichen elektronischen Aufwand ist es kein Problem, aus der ganz normalen Netzsteckdose diese Daten wie Bier aus einem Hahn abzuzapfen.
    Genau das tat Salomon nun. Er setzte sich einen Kopfhörer auf, startete zwei Programme auf seinem Notebook, veränderte einige Einstellungen, und als in einem der Bildschirmfenster ein grünes hektisch zitterndes Zickzackmuster auf schwarzem Grund erschien, nickte er zufrieden. Wortlos winkte er Stella heran und setzte ihr den Kopfhörer auf. Bis zu diesem Augenblick war das »Übersprechen« für sie nur ein physikalisches Phänomen gewesen. Aber nun hörte sie selbst, wie leicht sich ein Spion dieses »Leck« für einen Lauschangriff zunutze machen konnte. Stella war mitten in ein Telefonat zwischen DiCampo und dem Roten John geraten.
    Es ging um unverständliche Dinge. Der Italiener forderte einige Unterlagen an, deren Bezeichnungen wohl nur Eingeweihten etwas verrieten. Stella erinnerte sich an Salomons Bericht über das am Nachmittag stattgefundene Gespräch in DiCampos Büro; sie selbst hatte zu dieser Zeit noch geschlafen. Der Projektleiter war wohl bestrebt, die streckenweise sehr hitzig geführte Unterredung wenigstens positiv enden zu lassen. Beim Abschied merkte er deshalb an, dass ihm das gespannte Verhältnis zwischen John McMulin und den Kalders nicht entgangen sei. Als ein Zeichen des guten Willens habe er daher seinen Mitarbeiter mit Aufgaben betraut, die ihn von den deutschen Gästen fern halten sollten. Agaf hatte diese Maßnahme begrüßt, aber Salomon war sie irgendwie merkwürdig vorgekommen.
    Stella reichte den Kopfhörer an ihren Vater zurück und nickte ihm mit vorgeschobener Unterlippe anerkennend zu.
    Salomon veränderte erneut die Einstellung des Programmes, das die Daten aus der Black Box auswertete und in unterschiedliche Sprach- und Datenkanäle aufteilte. Mit einem Mal hoben sich seine Augenbrauen.
    Stella zuckte fragend die Schultern. Was hatte er entdeckt?
    Salomon zog demonstrativ den Stecker seines Kopfhörers aus dem Notebook und rief: »Ha!«
    Dieses eine Wort genügte, um aus den eingebauten Lautsprechern des Computers ein schrilles Pfeifen ertönen zu lassen. Als sich Stella die Ohren zuhielt, weil sie das penetrante Piepen nicht mehr ertragen konnte, stöpselte Salomon den Kopfhörer wieder ein.
    Stella wiederholte ihre fragende Geste. Sie konnte mit dem Geräusch nichts anfangen.
    Ihr Vater legte die Hände auf die Tastatur seines Computers, öffnete am Bildschirm ein Fenster und tippte hinein, was er wegen des Abhörmikrofons nicht laut sagen wollte.
     
    Das Pfeifen war eine Rückkopplung. Mein *HA* wurde von der Wanze aufgenommen, dann aus dem Lautsprecher meines Notebooks geschickt,

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