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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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wieder von dem versteckten Mikrofon aufgefangen, erneut vom Lautsprecher wiedergegeben …
     
    Stella nickte. Sie hatte verstanden. Salomon war es tatsächlich gelungen, den Sprachkanal zu finden, auf dem die Wanze ihre Geheimnisse übertrug.
    Salomon rückte nun leise den Schreibtisch von der Wand und kniete sich auf den Boden. Da das Verlegen von Kabeln in dem armierten Spezialbeton des Bunkers viel zu aufwendig gewesen wäre und man zudem wohl nie damit gerechnet hatte, dass ein Spion innerhalb des Labortraktes aktiv werden könnte, hatte man einfach den ganzen Bereich mit Kabelschächten durchzogen. Auch in den Privatquartieren waren diese eckigen grauen Kunststoffröhren zu finden, die sämtliche Leitungen für den elektrischen Strom, die Telefone und das Computernetzwerk bargen.
    Stella beobachtete fasziniert, wie routiniert ihr Vater die Abdeckung des Schachtes dicht über dem Boden öffnete, aus den vielen unterschiedlichen Kabelsträngen gezielt einen herausgriff und sich mit seinem Schweizermesser daran zu schaffen machte. Bald hatte er sich einen »Nebenanschluss« gelegt, mit dem er direkt auf das so genannte Backbone, also den Hauptstrang des Labornetzes, zugreifen konnte. Dies, so hatte er Stella vorher erklärt, sei notwendig, weil die normalen Anschlussbuchsen über Filter arbeiteten, die von vornherein den Zugriff auf die gesamte Bandbreite des Netzwerkes einschränkten.
    Nachdem Salomon den Schacht wieder verschlossen und seinen »Nebenanschluss« sorgfältig hinter dem Schreibtisch getarnt hatte, verband er den neuen Zugang mit dem Computer. Wieder sah ihn Stella mehrere Programme starten. In einem der Bildschirmfenster zitterte eine neue grüne »Fieberkurve«, genauso unruhig wie diejenige aus der Black Box, jedoch mit einem völlig anderen Muster. Parameter wurden geändert, Regler betätigt, neue Eingaben gemacht, bis mit einem Mal die beiden Zickzackkurven identisch aussahen.
    Ein triumphierendes Lächeln umspielte Salomons Lippen. Noch einmal nickte er. Dann drückte er mit dem Mauszeiger einen Knopf am Bildschirm und die grüne Berg-und-Tal-Linie aus der Black Box veränderte sich abrupt.
    »Was du hier siehst«, sagte er nun offen und in normaler Lautstärke, »ist das Tonsignal aus dem Netzwerk und hier«, dabei klickte er auf einen anderen Knopf am Bildschirm, »ist das echte Raumsignal, das die Wanze liefert. Ich habe sie vorhin nicht orten können, weil sie nur ganz normal verkabelt ist.«
    Stella bekam große Augen. »Dann hast du also wirklich Recht gehabt. Und jetzt schwindelst du DiCampo einfach andere Geräusche vor?«
    Salomon verzog wie unter Schmerzen das Gesicht. »Unter Schwindeln verstehe ich wirklich etwas anderes, Sternchen.
    Erstens war es ja DiCampo, der durch seinen Lauschangriff höchst unmoralisch gehandelt hat, und zweitens ist das, was er hört, ja echt. Es handelt sich um ganz normale Wohngeräusche.«
    »Etwa um die, die du vorhin aufgenommen hast?«
    Salomon grinste. »Das Duschen habe ich rausgeschnitten. Wäre vielleicht doch zu auffällig, wenn alle zehn Minuten das Wasser läuft.«
    »Du bist ein Gauner, Salomon.«
    »Nicht wahr!«
    »Und was fangen wir jetzt mit unserer neu gewonnenen Redefreiheit an?«
    »Es gibt einiges zu tun. Mich interessiert, was DiCampo im Schilde führt. Immerhin könnte dieser Abhörversuch nur seinem krankhaften Misstrauen gegen jede Form der Öffentlichkeit entspringen. Ich glaube, ich rede mal mit Agaf darüber.«
    Stella sagte nichts dazu. Sie hatte bis vor kurzem allen Menschen hier misstraut und gewöhnte sich erst allmählich daran, dass ihr Vater feine Unterschiede zwischen den einzelnen Teammitgliedern machte.
    »Und außerdem haben wir da noch dieses Rätsel«, fuhr Salomon in Anbetracht von Stellas Schweigen fort. »Wer ist der ›Herr des Feldes‹? Ich werde das unbestimmte Gefühl nicht los, dass dein dunkler Schatten dir hier eine Information von großer Bedeutung zugespielt hat.«
     
     
    »Sie sehen Gespenster, Mark.«
    Agaf erhob sich erbost aus seinem Sessel. Er blickte kurz zu Stella hinüber, die schon in ihrem Bett lag, aber hellwach jedes Wort zwischen dem Cyberworm-Leiter und ihrem Vater verfolgte.
    »Und wie erklären Sie sich dann die Wanze?«, fragte Salomon.
    Der Afrikaner musterte die zuckenden grünen Linien auf Salomons Notebook und schüttelte den Kopf. »Ich gebe zu, was DiCampo mit Ihnen und wahrscheinlich auch mit uns allen anderen da macht, ist nicht gerade fair, um nicht zu sagen, verwerflich.

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