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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Gefühl.«
    Augenblicke später war sie bereits auf der Straße. Mit ihrem langen Speer in der Hand fiel sie unter der Meute kaum auf. Dabei kam ihr auch die lederne Mütze mit der Falkenfeder zupass, unter der sie ihr langes goldenes Haar verborgen hatte – so konnte man sie leicht für einen zwar zarten, aber entschlossenen Jüngling halten.
    »Was ist denn hier los?«, rief sie einige Straßen weiter einem älteren kleinwüchsigen Mann mit rot geädertem Gesicht zu, der wohl eher aus Neugierde mitlief.
    »Ihr macht mir Spaß«, erwiderte dieser, ohne stehen zu bleiben. »Wir ziehen in den Kampf.«
    »Und gegen wen?«
    »Na gegen die Stadt. Wir übernehmen sie.«
    »Die Stadt?« Stella hatte nicht die geringste Ahnung, wovon der Mann sprach. »Welche Stadt denn?«
    Der Rotgesichtige zuckte nur mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber es wird bestimmt aufregend werden!«
    Noch fünf Schritte lang ging Stella nachdenklich neben dem kriegslüsternen Kleinen her, dann beschleunigte sie ihr Tempo.
    Es war unschwer zu erkennen, dass die freiwilligen Kämpfer und die sie begleitenden Gaffer dem östlichen Wassertor zustrebten. Als die Menge an einem der zahlreichen Türme Enesas vor beikam, bog Stella in eine Seitengasse ab, die zum Eingang des hohen Bauwerkes führte. Die Tür stand offen. Sie stürzte hinein und lief die Wendeltreppe hinauf.
    Bald hatte sie einen Absatz mit einem Fenster erreicht, von dem aus man das ganze Stadtgebiet überblicken konnte. Stella sah, was sie beinahe schon geahnt hatte: Die feurige Stadtmauer Enesas befand sich in unmittelbarer Nähe zu einem anderen Schutzwall, der ihr gar nicht so fremd erschien.
    »Sie versuchen Masinof zu schlucken«, kommentierte Sesa Mina das Geschehen neben ihr auf dem Fensterbrett.
    »Aber das ist doch…« Stella konnte es nicht fassen. Kriege in Illusion – das war eine absolute Seltenheit. Ab und zu schlossen sich Städte auf friedlichem Wege zusammen. Entweder gruben Maschinen einen direkten Verbindungskanal zwischen den Ortschaften, sodass diese beinahe wie ein einheitliches Gemeinwesen zusammenwirken konnten, oder es gab tatsächlich, wenn auch sehr selten, Städteverschmelzungen. In einem solchen Fall bewegte sich die eine Stadt wie ein Schiff auf hoher See auf die andere zu, ging längsseits und die beiden Stadtmauern vereinigten sich zu einer einzigen. Aber das hier…
    »Da stecken bestimmt der Statthalter und sein Sekretär della Valle dahinter«, zischte Stella, während ihr Blick noch immer auf der lodernden Mauer lag. Der Abstand zu Masinof war weiter geschrumpft. Bald würden sich die Wälle berühren und zusammenstürzen. Dann konnte das Heer von Enesa ungehindert in Masinof einfallen.
    »Meinst du, sie haben es auf den Lindwurm abgesehen?«
    »Genau das denke ich, Mina. Draggy muss wirklich noch in Masinof sein. Della Valle weiß das und er scheut sogar vor dieser feindlichen Übernahme nicht zurück, um den Lindwurm in seine Gewalt zu bekommen.« Stella erinnerte sich nur zu gut an die Worte des Boten, der ihr den Auftrag des Lindwurmbundes überbracht hatte: Würde das geheime Trachten des Lindwurmbundes den falschen Personen kund, wäre dem Chaos Tür und Tor geöffnet. Und gerade diese »Personen« schienen nun zum Äußersten entschlossen, um vor Stella des Wurmes habhaft zu werden.
    »Wir müssen nach Masinof!«, entfuhr es dem Mädchen unvermittelt.
    »Das dürfte nicht ganz leicht sein mit einer ganzen Armee vor uns.«
    »Du hast Recht. Aber angenommen, es gelänge uns, sie hinter uns zu bringen…« Stella streichelte Sesa Minas Fell und lächelte listig. »In diesem Fall könnten wir vielleicht den Lindwurm als Erste erreichen.«
    »Ganz schön raffiniert!«, keckerte Sesa Mina. Sie hatte den Plan sofort verstanden.
    Kurze Zeit später schob sich Stella wieder durch die Menschenmenge. Dabei setzte sie hin und wieder auch ihren Speerschaft ein, um sich in die vorderste Linie der Armee zu bringen. Die zum Kampf gerüsteten Soldaten standen ohne jede Ordnung auf einem gepflasterten Platz nahe der Stadtmauer und erwarteten ihre Einsatzbefehle.
    »Gehört Ihr zur freiwilligen Reserve? Seid Ihr schon ausgehoben?«, blaffte sie mit einem Mal ein Hauptmann in eiserner Rüstung an.
    »Nun, ich…« Stella zögerte. Dann schüttelte sie den Speer in ihrer Faust vor dem Visier des Mannes und meinte: »Das hier sollte Euch als Antwort genügen.«
    »Mit der Lanze werdet Ihr kaum eine ganze Stadt erobern können!« Der grobschlächtige Soldat

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