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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Brainar mit ruhiger Stimme, »ist ein Hort der Wissenschaft. Einst wurde diese Stadt gegründet, um die Not der Menschen zu lindern, inzwischen betreiben die Herren dieses Hauses aber genau das Gegenteil. Was wir dir nun erzählen, wird dich viel Kraft kosten. Nicht nur weil diese Geschichte fast zu ungeheuerlich ist, als dass sie ein normaler Verstand akzeptieren könnte, sondern vor allem auch deshalb, weil du den Schleier, der über deinen Erinnerungen jenseits von Illusion liegt, lüften musst, um uns zu folgen. Bist du dazu bereit?«
    Stella nickte. Über den Tisch hinweg nahm sie Brainars zarte Hände in die ihren und sagte mit fester Stimme: »Ich bin bereit, die Wahrheit zu hören.«
    Brainars violettfarbene Augen blickten sie forschend an. Dann schien der Junge von Stellas Standhaftigkeit überzeugt zu sein, denn er begann nun leise, aber fließend zu erzählen.
    »Wir haben es bereits erwähnt: Geneses hat längst das Wohl der Menschen aus den Augen verloren. Sein oberster Herr ist ein Wissenschaftler, ein Professor mit Namen Arthur Meredith Lloyd. Er begann vor vielen Jahren das Buch zu erforschen, in dem der Bauplan allen Lebens aufgezeichnet ist.«
    »Du meinst unsere Erbanlagen?«
    »Genau davon reden wir. Der Professor wollte mit den Erkenntnissen seiner Studien gegen Viren und andere gefährliche Krankheitserreger vorgehen. Doch bald war diese edle Absicht nur noch Blendwerk. In Geneses verbreitete sich der Glaube, die Schöpfung sei eine einzige Serie von Pannen, die der Mensch allein beheben könne, ja, müsse. Das Unglück nahm seinen Lauf, als man durch Genmanipulation ein Bakterium schuf, das so gut wie jedes Lebewesen befallen kann, aber nur beim Menschen tödlich wirkt. Sollte dieser künstliche Erreger freigesetzt werden, dann gäbe es binnen einer Woche kein menschliches Leben mehr. Damit wir uns richtig verstehen, Stella, wir reden nicht von einer Stadt oder einem Land, sondern von deiner ganzen Welt. Binnen Tagen wäre sie entvölkert.«
    Stella blickte fassungslos in das Antlitz des Knaben. Und für einen Moment gerieten ihm seine Gesichtszüge außer Kontrolle. Er musste unter unsäglichen Schmerzen leiden. Aber dann hatte er sich wieder in der Gewalt. Er lächelte sogar, wohl nur, um Stella zu beruhigen.
    »Deshalb haben wir dich gebeten, uns allein aufzusuchen. Lloyd hat nämlich sein Geneses-Labor durch eine biologische Bombe sichern lassen, die das gefährliche Bakterium enthält. Wenn deine Begleiter, die du vorhin erwähnt hast, gewaltsam hier eingedrungen wären, dann hätten sie ihr Leben verspielt.«
    »Und damit auch das der gesamten Menschheit«, hauchte Stella erschüttert. Unvermittelt spürte sie einen starken Druck am Hinterkopf.
    »Was ist?«, fragte Brainar, dem das Zucken ihrer Hände nicht entgangen war.
    »Nichts. Ich dachte für einen Moment nur, meine Schwindelanfälle würden wieder einsetzen, aber ich habe mich wohl getäuscht.« Sie festigte wieder den Griff um Brainars Hände, beugte sich über den Tisch und fragte eindringlich: »Kann man denn die biologische Bombe irgendwie entschärfen?«
    Brainar antwortete nicht sogleich. Er sah Stella traurig an. Mit einem Mal erhob er sich von seinem Stuhl, ging zur Tür und öffnete sie leise. Angestrengt lauschte er in den Flur hinaus. Stella konnte von ihrem Platz aus Stimmen hören. Mehrere Männer schienen sich zu streiten. Nach einer Weile schloss der Knabe die Tür und kehrte zum Tisch zurück. Als er wieder auf seinem Stuhl saß, bewegten sich seine Hände wie automatisch auf die Stellas zu.
    »Ist das Professor Lloyd da draußen?«, fragte sie mit Blick auf die Tür.
    Ein schalkhaftes Funkeln stahl sich in Brainars Augen. »Es sind seine Leute. Sie versuchen seit Tagen wieder die Kontrolle über uns zu bekommen, aber es gelingt ihnen nur zum Teil. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass sie uns hier entdecken, aber wir müssen trotzdem vorsichtig sein.«
    Stella erinnerte sich an etwas, was Sesa Mina einmal zu ihr gesagt hatte. »Ich war eine Zeit lang im Zweifel, ob ich nicht irgendetwas Furcht Erregendes an mir habe, weil du… ich meine, Draggy… oder vielleicht auch ihr beide immer wieder vor mir geflohen seid. Wer hat euch nun wirklich dazu getrieben, Lloyds Leute oder ich?«
    »Ihr alle.«
    Stella sah Brainar fragend an.
    »Als wir dir zum ersten Mal begegnet sind, ist uns deine Identifikationsnummer aufgefallen. Wir kennen sie von früher. Deshalb waren wir sehr erschrocken. Wir versuchten noch unseren Kagee

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