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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Werkstatt des Schreiners. Eine Türklinke oder ein Knauf war nirgends zu entdecken.
    »Was hast du vor?«, fragte Sesa Mina, als Stella sich zur Tür vorbeugte.
    »Will nur mal nachschauen, ob jemand zu Hause ist.«
    Schon hatte sie mit den Fingerknöcheln an die Pforte geklopft. Insgeheim hoffte sie, der Lindwurm werde nicht gerade hier den Torwächter spielen. Ohne Speer fühlte sie sich seltsam nackt.
    »Wer klopft da?«, fragte unverwandt die Tür.
    »Ich bin’s… Das heißt, Stella. So lautet mein Name.«
    »Wartet«, entgegnete die Pforte.
    Das tat Stella. Schließlich gab es ein leises Klicken, gefolgt von einem weniger leisen Knarren und die Tür schwang wie von Geisterhand bewegt auf. Das Mädchen nahm all seinen Mut zusammen und betrat die Stadt.
    Zu Stellas Verwunderung war die Pforte im Inneren der Stadt wirklich unbewacht. Es musste wohl einen geheimen Mechanismus geben, der ihr diesen Zugang geöffnet hatte. Achselzuckend machte sie sich an die Erkundung von Bereshit.
    Die Gassen der Stadt erschienen ihr ebenso unheimlich wie die sprechende Tür. Kein einziger Mensch ließ sich blicken, kein Hund oder sonst ein Haustier. Die staubigen Straßen Bereshits waren völlig verlassen.
    Obwohl die Siedlung von der ganzen Anlage her nicht sehr groß wirkte, gab es hier doch beeindruckende Bauwerke. Manche waren viele Stockwerke hoch und bestanden aus Marmor, poliertem Granit oder anderem kostbaren Stein. Fachwerkhäuser wie in Enesa konnte Stella nur wenige entdecken.
    »Kannst du den Wurm riechen?«, fragte Stella nach einer Weile. Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden.
    »Du meinst, ob ich schon seine Witterung aufgenommen habe?«
    »Das ist doch dasselbe, oder?«
    »Menschen!«, seufzte Sesa Mina. »Wenn es um Gerüche geht, seid ihr alle Ignoranten.«
    »Danke schön. Was ist also mit dem Wurm?«
    Sesa Mina deutete mit der Nasenspitze eine breite Straße hinauf. »In diese Richtung.«
    Einige Minuten lang stapfte Stella mit raumgreifenden Schritten über das Pflaster. Sie hatte den dringenden Wunsch, ihren unsichtbaren Beobachtern zu entkommen. Leider wusste sie nicht, wohin. Die Straße beschrieb einen weiten Bogen, dem Stella im Uhrzeigersinn folgte. Mit einem Mal sah sie den Platz.
    »Ist es dort?«, fragte sie aufgeregt.
    »Wart’s ab.«
    Nach wenigen Metern traten die Häuser zurück und Stella befand sich auf dem oval geformten Platz. Das Pflaster bildeten hier schwarze, weiße und rote Steine, in Mustern ausgelegt. Prachtvolle Gebäude mit spiegelnden Marmorfassaden umstanden das weite Areal. Eines davon sprang Stella sofort ins Auge.
    Es handelte sich um einen riesigen Bau aus rosafarbenem Granit, der nicht wie die anderen schlicht, fast wie ein Kubus, anmutete, sondern sich durch unzählige Türme, Erker, Seitenflügel und Fenster auszeichnete. Einzig bei den Türen hatten die Baumeister einen kühlen Kopf bewahrt und dem Haus – soweit Stella dies erkennen konnte – nur eine einzige spendiert. Auf diese hielt sie nun zu.
    »Hast wohl doch was von den Frettchen gelernt«, neckte Mina sie. Stella hatte von ganz allein den richtigen Weg eingeschlagen.
    »Selbst ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Wenn wir da drin sind, dann bist du wieder mein stummer Pelzkragen, verstanden?«
    »Stets zu Euren Diensten, Herrin!«
    »Lass das! Ich will doch nur den Jungen nicht erschrecken, falls er irgendwo da drinnen steckt.«
    »Und wenn er dich in Gestalt des Lindwurms angreift?«
    »Dann spring ihm halt an die Kehle.«
    »Wird gemacht.«
    Natürlich hatte Stella ihren Vorschlag nicht ganz ernst gemeint, aber sie hatte den Verdacht, dass ihre Freundin vor keinem Kontrahenten gleich welcher Gewichtsklasse zurückschrecken würde.
    Als Stella an das Portal des rosafarbenen Hauses klopfen wollte, wich dieses erschrocken vor ihr zurück. Diesen Eindruck jedenfalls bekam sie, weil die Tür spontan aufgesprungen war, noch ehe ihre Knöchel das dunkle Holz berührt hatten.
    »Wir werden anscheinend schon sehnsüchtig erwartet«, flüsterte sie und trat in das Haus.
    Langsam schritt das Mädchen in die Mitte der großen Eingangshalle. Staunend betrachtete sie die Gemälde an den Wänden und Decken. Der ganze Raum war mit Holz ausgekleidet und ein begnadeter Künstler musste viel Zeit darauf verwandt haben, die Kassetten der Täfelung mit allerlei Motiven aus der Tier- und Pflanzenwelt zu bemalen. Den Fußboden schmückte ein Mosaik, das den Kreislauf des Lebens darstellte.
    Verlassen wie die Straßen draußen

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