Das Netz im Dunkel
dachte, nichts, was er tat, könnte mich jemals wieder überraschen, verblüffte er mich doch. »Arden, ich habe mit deiner Mutter über dich gesprochen, und sie hat mir erzählt, daß du Schwierigkeiten hast, eine Stellung bei einer guten Baufirma zu finden. Ich bewundere dich dafür, daß du keinen drittklassigen Job in einem kleinen Betrieb angenommen hast. Wie wäre es, wenn du eine Stellung in meiner Firma annehmen würdest, bis du das Richtige findest? Audrina kann dir das Wichtigste beibringen, damit du die Prüfung bestehst, und ich werde natürlich auch tun, was ich kann, um zu helfen. Aber sie weiß fast genausoviel wie ich.«
Das war nun wirklich nicht das, was ich wollte. Aber als ich Arden ansah, mußte ich feststellen, daß er sehr erleichtert schien. Dieses Angebot würde eine Menge Probleme lösen. Wir hätten ein Einkommen und könnten eine kleine Wohnung in der Stadt mieten, weit fort von Whitefern. Arden machte einen dankbaren Eindruck und sah mich an, als hätte ich Papas Wunsch, mich ganz für sich zu behalten, übertrieben.
Es war typisch für Papa, eine Situation, die ihm nicht behagte, einfach zu seinem Vorteil zu wenden. Gutaussehende junge Angestellte waren sehr gefragt, und Arden war darüber hinaus noch klug und konnte rechnen.
»Ja, Arden«, fuhr Papa dröhnend fort und legte mit einer freundlichväterlichen Geste den Arm um die Schultern meines Mannes, »meine Tochter kann dir die Grundbegriffe und auch das Technische beibringen.«
Seine Stimme klang weich, entspannt.
»Sie weiß fast soviel wie ich, und vielleicht ist sie sogar noch besser, denn der Markt ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst. Audrina ist sehr intuitiv und sensibel–richtig, Audrina?«
Wieder lächelte er mir äußerst charmant zu. Doch während Arden nicht hinsah, streckte er den Arm aus und kniff mich, diesmal noch fester. Er lächelte, und als Arden zu uns herübersah, umarmte mich Vater liebevoll.
»So, und jetzt«, fuhr er fort, »habe ich noch eine wundervolle Überraschung für euch.«
Er strahlte uns beide an. »Ich habe mir die Freiheit genommen, deine Mutter aus diesem jämmerlichen kleinen Häuschen zu holen. Sie wohnt jetzt oben in den besten Zimmern, die wir haben.«
Wieder glänzte sein aufgesetztes Lächeln. »Das heißt, den besten nach meinen eigenen.«
Es tat weh, Arden so dankbar zu sehen, wo er es hätte besser wissen sollen. Vielleicht waren tatsächlich alle Männer mehr oder weniger gleich und verstanden sich deshalb gut. Ich tobte innerlich, weil Papa mein Leben immer noch beherrschte, obwohl ich jetzt verheiratet war.
Gemütlich eingerichtet in den Zimmern, die einmal meiner Tante gehört hatten, fanden wir Billie. Sie trug ein Spitzenkleid, das einem Bühnenstar angemessen gewesen wäre und eigentlich mehr auf eine Gartenparty gepaßt hätte.
Ihre Augen strahlten, als sie erzählte: »Er stürmte in mein Haus, kaum eine Stunde nachdem ihr abgefahren wart, beschimpfte mich, weil ich euch ermutigt hätte, durchzubrennen. Ich habe kein Wort gesagt, bis er sich beruhigt hatte. Ich glaube, da hat er mich zum erstenmal richtig angesehen. Er hat mir gesagt, daß ich schön wäre. Und dabei trug ich meine Shorts, und diese verdammten Stümpfe ragten heraus, aber er schien sich nicht darum zu kümmern. Liebling, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gut das für mein Ego war.«
Papa war schlau, oh, so schlau! Ich hätte mir denken können, daß er einen Weg finden würde, um mich zu bestrafen. Jetzt hatte er meine Schwiegermutter auf seiner Seite.
»Dann sagte er, wir sollten das Beste aus der Situation machen, die sich nun ja doch nicht mehr ändern ließe, und dieser wundervolle Mann hat mich eingeladen, hier bei ihm und euch zu wohnen. War das nicht großzügig von ihm?«
Natürlich war es das. Ich sah mich in dem Zimmer um, in dem das Andenken an meine Tante hätte wachgehalten werden sollen, und es tat mir weh. Aber was hatte es für einen Sinn, das Andenken an eine Tote wachzuhalten,wenn Billie so dankbar war? Und Tante Elsbeth hatte niemals irgend etwas anerkannt, das getan worden war, um ihre Zimmer hübscher zu machen. Wenn irgend jemand Zimmer wie diese verdiente, dann war das Billie.
»Audrina, du hast mir nie erzählt, daß dein Vater so nett ist, so verständnisvoll und charmant. Irgendwie hast du ihn immer als rücksichtslos, hinterhältig und gemein dargestellt.«
Wie konnte ich ihr sagen, daß Papas gutes Aussehen, sein aufgesetzter Charme seine Waffen waren? Er
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