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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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wieder voll. Ich fühlte mich merkwürdig, wirklich merkwürdig. Sylvias Bild verschwamm, wurde immer undeutlicher…
    Ich starb!
    Willst du, daß ich sterbe, Sylvia? Völlig verzweifelt jetzt, konzentrierte sich jeder Funken meiner Willenskraftauf sie. Ich war entschlossen zu leben und bekämpfte die Schläfrigkeit, die versuchte, mich mit sich fortzureißen.
    Als wenn sie all ihre Kraft zusammennehmen würde, versuchte meine Schwester, sich zu konzentrieren, berührte dann die Träne, die aus meinem rechten Auge lief. »Aud…driiin..naa?«
    Sie liebte mich. Die Liebe, die ich Sylvia geschenkt hatte, kam nun tausendfach zurück. »Oh, Sylvia, mach schnell.«
    Vera konnte früher als erwartet heimkehren. Und Sylvia war so langsam…
    Quälend langsam. Stunden schienen zu vergehen, ehe Sylvia mit Billies rotem Karren zurückkam, der so bös zersplittert war, als er die Vordertreppe hinunterfiel. »Böööse…Vera«, murmelte Sylvia, zupfte an meinem Arm und versuchte, mich aus dem Bett zu heben. »Böööse…Vera…«
    Keuchend und stöhnend gelang es mir, einen leisen Ton hervorzustoßen, der wie ›Ja‹ klang, und dann befahl ich Sylvia mit meinen Gedanken, mich hochzuheben. Ich konnte nicht mehr viel wiegen. Aber ihre Kraft war so gering, daß sie nicht mehr tun konnte, als mich an einem Arm und einem Bein zu ziehen. Es gelang ihr, mich vom Bett zu zerren, und ich landete auf dem dicken, weichen Teppich. Der Schmerz sandte Wellen durch meinen ganzen Körper. Wellen, die jeden Nerv erreichten.
    »Aud…driii…na…«
    »Ja, Audrina möchte, daß du…sie fortbringst…den Flur entlang…an einen sicheren Ort.«
    Es war schwer für sie, damit fertig zu werden. Wenn sie mein Gesäß auf dem Karren hatte, fielen Kopf und Oberkörper wieder herunter, und meine Beine schleiften hinterher. Mit verwirrtem Ausdruck musterte Sylvia mich.
    Dann bückte sie sich, schob meine Knie hinauf, und da das zu funktionieren schien, grunzte sie stolz und bemühte sich, mich in eine aufrechte Haltung zu zwingen. Aber sobald sie losließ, fiel ich auf die Seite. Wieder schob sie mich auf den Karren zurück, blickte dann um sich.
    Ich kippte über meine hochgezogenen Knie und versuchte, meine Finger zu verschränken, um so meine Beine in ihrer Stellung zu halten. Mein Kopf kugelte schwer herum, wann immer ich ihn heben wollte. Jede kleinste Bewegung, die ich machte, war so schwer, so schmerzhaft, daß ich am liebsten geschrien hätte, wenn ich etwas tat, was mir früher so leicht gefallen war. Die Verzweiflung machte mich wahnsinnig, verlieh mir aber auch ungeahnte Kräfte. Es gelang mir, meine Arme mit den Fingern so zusammenzuhalten, daß ich meine Beine daran hinderte, sich zu strecken. Ich ähnelte einem schlecht gepackten Paket. Schweißnaß wartete ich darauf, daß Sylvia anfing, mich aus dem Zimmer zu schieben.
    »Syl…viii…aa, Aud…driii…naaa«, murmelte sie glücklich, als sie sich auf Hände und Knie niederließ und zu schieben anfing. Zum Glück hatte sie die Tür offengelassen, als sie mit dem Karren zurückkam. Während sie die ganze Zeit in ihrer undeutlichen Art vor sich hin murmelte, daß ich jetzt ihr Baby wäre, erwähnte sie wieder, daß Vera böse wäre.
    Die Standuhren in der Halle im Erdgeschoß fingen an zu schlagen. Die Uhren auf den Kaminsimsen fielen ein, dann die Uhren auf den Tischen, Frisierkommoden und Schreibtischen. Es war drei Uhr. Irgend jemand hatte endlich alle Uhren gleich gestellt.
    Der dicke Teppich im Korridor, der Lärm schlucken und Abgeschiedenheit vermitteln sollte, machte es schwer für Sylvia, mich zu schieben. Die kleinen Räder gruben sich tief in den hohen Flor und widerstanden ihrem Druck.
    Kein Wunder, daß Billie Papa gebeten hatte, den Teppich fortzunehmen, als sie die Flure benutzte. Aber jetzt war er wieder da, hinderte mich bei meiner Flucht. Wohin konnte Sylvia mich bringen?
    Keuchend und Unsinn plappernd schob Sylvia mich weiter. Sie blieb oft stehen, um sich auszuruhen, um die riesigen Kristalle aus den großen Taschen ihres weiten Kleides zu ziehen.
    »Aud…driii…naa. Süße Aud…driii…naa.«
    Schwach wandte ich den Kopf. Ich bewegte mich ruckartig, krampfhaft. Es gelang mir, einen Blick über die Schulter zu werfen, und ich sah Sylvias verzückten Ausdruck. Sie half mir, und sie war selig, von Nutzen zu sein. Ihre Augen strahlten vor Freude. Als ich sie so sah, gab mir das genug Kraft, um noch ein paar stockende Worte hervorzustoßen. »Du…hast…meinen

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