Das Netz im Dunkel
wollte, daß du Arden Lowe heiratest, aber du hast es getan, und seine Mutter hat dafür gesorgt, daß ich so manches verstand, was ich zuvor nicht verstanden habe. Du und ich, wir beide schulden seiner Mutter eine Menge. Und wenn du ihr etwas schuldest, dann schuldest du ihrem Sohn noch mehr. Gib Arden eine Chance, Audrina. Er liebt dich…laß ihn hereinkommen…bitte.«
Ich starrte ihn fassungslos an. Papa wußte nicht, daß Arden geplant hatte, mich umzubringen und mit Vera davonzulaufen.
Eine grauhaarige Krankenschwester öffnete die Tür und steckte den Kopf hindurch. »Zeit zu gehen, Mr. Adare. Ich bin sicher, Mrs. Lowe möchte auch noch ein paar Minuten Zeit für ihren Mann haben.«
»Nein!« erklärte ich entschieden. »Schicken Sie ihn fort.«
Ich konnte Arden noch nicht sehen. Er war untreu gewesen, hatte mich mit Vera betrogen. Und er hatte meine tote Schwester im Stich gelassen, als er sie hätte retten können…und da war noch etwas, über das ich nachdenken, das ich herausfinden mußte. Etwas, das ich noch nicht greifen konnte und das mir immer wieder zuflüsterte, daß ich noch nicht die ganze Wahrheit über die erste Audrina wüßte.
Die Tage kamen und gingen. Ich wurde kräftiger, denn ich wurde mit Vitaminen und eiweißreicher Nahrung ernährt. Papa kam mich zweimal täglich besuchen. Noch immer weigerte ich mich, Arden zu sehen.
Ich mußte Übungen machen, um meinen Armen und Beinen neue Kraft zu geben, mußte neu lernen, all die Muskeln zu kontrollieren, die so lange nicht gebraucht worden waren. Man brachte mir wieder das Laufen bei. In den drei Wochen, die ich in der Klinik lag, erlaubte ichArden kein einziges Mal, mein Zimmer zu betreten. Dann kam Papa, um mich heimzuholen. Sylvia saß neben mir.
»Arden wollte mit uns kommen«, erzählte Papa, als er von der Hauptstraße abbog. »Ehrlich, Audrina, du kannst ihn nicht für immer zurückstoßen. Du mußt dich mit ihm aussprechen.«
»Wo ist Vera, Papa?«
Er schnaubte verächtlich. »Vera ist gefallen und hat sich den Arm gebrochen«, erklärte er gleichgültig. »Glasknochen. Mein Gott, wenn ich an die Krankenhausrechnungen denke, die ich bezahlt habe, um sie immer wieder zu kurieren.«
»Ich möchte, daß sie unser Haus verläßt.«
Meine Stimme war hart. Was zwischen mir und Arden geschah, hing davon ab, was zwischen Vera und Arden geschah.
»Sie wird an dem Tag gehen, an dem der Gips abkommt.«
Seine Stimme klang ebenso entschieden wie meine. »Ich glaube, daß Sylvia sie zu Fall gebracht hat. Sylvia haßt Vera regelrecht.«
Er warf mir einen schlauen Blick zu. »Du kannst Arden wirklich nicht böse sein wegen dem, was er mit ihr gemacht hat. So manchen Morgen beim Frühstück, schon lange ehe Vera kam, habe ich bemerkt, wie unglücklich er schien. Er hat gelächelt, wenn du in seine Richtung geschaut hast, aber sobald du den Kopf abgewandt hast, sah ich ihm an, daß seine Nächte mit dir zu wünschen übrigließen–und es hat mir gefallen, muß ich gestehen.«
Auch mir gefiel es, daß ich ihn unglücklich gemacht hatte. Ich hoffte, daß Arden in seinem ganzen Leben keine glückliche Stunde mehr haben würde. Häßliche Gedankenquollen in mir hoch, als wir uns dem großen, prächtigen und restaurierten Haus näherten. Whitefern. Es war zum Lachen, daß ich so stolz darauf gewesen war, daß sich meine Vorfahren bis zurück zu jenen verfolgen ließen, die an Land gekommen waren, um hier eine neue Kolonie zu gründen.
Papa stützte mich auf einer Seite, Sylvia auf der anderen, als wir langsam die Stufen zur Veranda hinaufstiegen. Arden riß die Haustür auf und stürzte heraus. Er versuchte, mich zu küssen. Ich zuckte zurück. Dann versuchte er, meine Hand zu nehmen. Ich entriß sie ihm und schrie: »Faß mich nicht an! Geh zu Vera und suche Trost–wie du ihn bei ihr gefunden hast, als ich im Koma lag.«
Bleich und unglücklich trat Arden zurück und ließ es zu, daß Papa mich ins Haus führte. Drinnen ließ ich mich auf die purpurfarbene Couch sinken, deren goldfarbene Troddeln und Kordeln jetzt neu glänzten.
Und dann kam der Augenblick, den ich so gefürchtet hatte, der Moment, als ich mit Arden allein gelassen wurde. Müde schloß ich die Augen und versuchte so zu tun, als wäre er nicht da.
»Willst du mit geschlossenen Augen dort liegen und nichts sagen? Willst du mich niemals wieder ansehen?«
Seine Stimme wurde lauter. »Was, zum Teufel, glaubst du eigentlich, woraus ich bin? Du lagst im Koma, und Vera war da
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