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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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zu machen, wenn der heutige Tag erst vorüber ist. Ich fahre ins Dorf, lasse mich überall sehen. Und während ich fort bin…wird die Sache hier erledigt. Wenn ich heimkomme, werde ich dich tot vorfinden.«
    Sie lachte und wandte sich dann Sylvia zu, schenkte ihr einen harten Blick.
    Das Klappern ihrer hohen Absätze auf dem Boden klang drohend, als Vera durch die Tür hinausging.
    Jetzt war ich allein, abgesehen von Sylvia.
    Ich versuchte zu sprechen, zu rufen, aber obwohl ich ein paar gurgelnde, kehlige Töne von mir gab, kam doch nichts Zusammenhängendes heraus. Sylvia, dachte ich, komm zu mir. Tu etwas, um mir zu helfen. Laß mich nicht mehr hiersein, wenn Vera wiederkommt. Bitte, Sylvia, bitte …
    In ihrer Ecke spielte Sylvia mit ihren Prismen, benutzte sie, um Lichtstrahlen auszusenden, die sich kreuzten. Hin und wieder blickte sie auf und starrte mit leeren Augen zu mir herüber. Ich mußte meine Stimme finden. Die Verzweiflung gab mir die Kraft zu sprechen. »Sylvia…hilf mir…«
    Es war kaum mehr als ein Stöhnen, aber Sylvia hörte es und verstand.
    Unbeholfen kam sie auf die Füße. Quälend langsam wanderte sie nicht zu meinem Bett, sondern zur Frisierkommode, die ich nicht sehen konnte. Aber ich konnte sie mit den hübschen Töpfchen und Fläschchen spielen hören. Sie drückte auf den Parfümzerstäuber, derDuft von Jasmin schwebte zu mir herüber.
    Sylvia, stöhnte ich wieder. Hilf mir. Bring mich fort. Versteck mich. Bitte, bitte … Sylvia … hilf Audrina.
    Irgend etwas hatte ihre Aufmerksamkeit angezogen. Jetzt konnte ich ihr Gesicht im Spiegel über der Frisierkommode sehen. Sie sah zu mir. Überrascht, fast schien sie verängstigt. Zentimeter um Zentimeter kam sie auf mein Bett zu. In der Hand hielt sie meinen silbernen Handspiegel, und von Zeit zu Zeit betrachtete sie ihr eigenes Spiegelbild, als wäre sie fasziniert von dem hübschen Mädchen im Spiegel–und das war kein Wunder. Wenn sie den Kopf hochhielt und das wirre Haar zurückwarf, war sie atemberaubend schön.
    Wieder fand ich meine Stimme, schwach und zitternd. »Billies Karren, Sylvia…der kleine, rote Karren…hole ihn. Setz mich darauf.«
    Langsam, ganz langsam blickte sie mit leeren Augen in mein Gesicht. Dann sah sie wieder in den Handspiegel. Ich wußte, was sie jetzt dort sah. Sie sah mir jetzt ähnlicher als ich selbst.
    »Bitte…Sylvia…hilf mir«, flüsterte ich.
    Die Tür ging auf. Mein Herz hörte fast auf zu schlagen. Vera kam so schnell zurück. Was war schiefgegangen? Dann sah ich den Grund für ihre Rückkehr. Sie hatte einen Plastikbeutel mit Keksen in der Hand. Genau die Kekse, die Sylvia leidenschaftlich gern aß.
    »Sieh mal, Sylvia«, schmeichelte Vera mit honigsüßer Stimme. »Die hübsche Sylvia hat schon so lange keine Belohnung mehr bekommen, nicht wahr? Die gemeine Audrina wollte nicht, daß du Kekse ißt, aber die liebe Vera erlaubt es dir. Komm, hübsche Sylvia, iß deine Kekse wie ein liebes Mädchen, und dann bringe ich dir morgen noch mehr.Paßauf,wodeineHalbschwesterdieKeksehinlegt…unters Bett.«
    Was führte sie im Schilde?
    Ein paar Sekunden später sprang Vera wieder auf die Füße, nahm ihre Handtasche, die eigentlich mir gehörte, und ging leise vor sich hin kichernd wieder zur Tür.
    »Auf Wiedersehen, Audrina, auf Wiedersehen. Wenn du in den Himmel kommst, grüß deine Mutter von mir. Wenn meine Mutter dort ist, kümmere dich nicht um sie. Das Sterben wird nicht sehr weh tun. Du bekommst einfach keine Nahrung mehr, das ist alles. Die Maschine, die deine Nieren am Arbeiten hält, wird nicht funktionieren…es wird nicht weh tun. Vielleicht hörst du einfach auf zu atmen, wenn die Beatmungsmaschine aufhört…es ist schwer zu sagen, aber du kannst nicht lange durchhalten. All dein Kummer um Billie hat deine Gesundheit angegriffen, schon lange ehe du gestürzt bist. Und hast du eigentlich gewußt, daß ich deinem Tee immer eine kleine Droge beigemischt habe? Nur ein bißchen, damit du ständig apathisch geblieben bist…?«
    Peng! Sie knallte die Tür zu.
    Kaum hatte sich die Tür geschlossen, da lag Sylvia auch schon auf den Knien und kroch unters Bett. Als ich sie das nächste Mal sah, kaute sie an den Keksen–und in ihrer freien Hand hing der Stecker, der all meine Maschinen mit Strom versorgte. Großer Gott! Vera mußte die Kekse mit dem Draht an dem Stecker befestigt haben, der in Sylvias Hand hing. Sylvia zupfte den Draht vom Beutel, warf ihn zu Boden und stopfte sich den Mund

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