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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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sondern am Waldrand. Seine Mutter sitzt am Fenster und unterhält sich mit uns. Sie kann uns fast immer sehen. Und sie ist so schön, Papa, wirklich. Ihr Haar ist so dunkel wie deines, und ihre Augen sehen aus wie die von Elizabeth Taylor. Nur sind Billies Augen sogar noch hübscher. Und du hast doch immer gesagt, niemand hätte hübschere Augen als Elizabeth Taylor.«
    »Und ist das nicht schön?« meinte er zynisch, als wollte er nicht benutzen, mißbrauchen. Wenn sie die Pubertät erreicht, wird…
    »Niemand ist so schön wie Elizabeth Taylor, außer Elizabeth Taylor. Die Menschen sind Individuen, Audrina. Jeder einzelne von uns ist einzigartig. Ein Wunder–das es nie ein zweites Mal gibt, selbst wenn sich unsere alte Welt noch eine, fünf oder sogar zehn Billionen Jahre weiterdreht. Es wird nie eine zweite Elizabeth Taylor geben und keine zweite Lucietta Lana Whitefern Adare; deshalb bedeutest du mir ja gerade soviel. Wenn ich jemals das Glück haben sollte, noch eine Frau zu treffen, die so schön ist wie deine Mutter, so herzlich und liebevoll, dann werde ich auf die Knie fallen und Gott dafür danken. Aber ich werde vielleicht nie wieder eine Frau wie sie finden, Audrina, und ich bin so allein, so schrecklich allein und einsam.«
    Er war einsam. Man sah es in seinen düsteren Augen, merkte es daran, daß er den Appetit verloren hatte. »Papa, Billie ist wirklich schön. Ich habe nicht übertrieben!«
    »Es ist mir egal, wie sie aussieht. Ich bin fertig mit Frauen und dem Eheleben. Ich werde all meine Energie darauf verwenden, für dich zu sorgen.«
    Aber das wollte ich doch nicht! Das bedeutete, daß er mir niemals meine Freiheit geben würde. Und das bedeutete auch, daß er seine ganze Zeit damit verbringen würde, zu versuchen, aus mir die erste und unvergessene Audrina zu machen. Aber wenn er wirklich glaubte, daß es jeden Menschen nur einmal geben konnte, warum versuchte er dann die ganze Zeit, mich in sie zu verwandeln?
    Ich stand vor ihm. Seine Hände lagen noch immer um meine Taille, und ich konnte einfach nichts mehr sagen. Ich konnte nur nicken und fühlen, wie sich Verwirrung in mir breitmachte.
    DaArdentäglichinsDorffuhr,durfteichfünfKlavierstunden pro Woche nehmen. Dadurch bekam ich das Gefühl, daß ich die verlorene Zeit bald wieder einholen würde. Eine volle Stunde blieb ich immer bei Lámar Rensdale und bemühte mich wirklich, alles aufzunehmen, was er mir beibrachte. Mr. Rensdale behauptete, ich sei eine außergewöhnliche Schülerin mit angeborenem Talent. Ich wollte ihm glauben, daß er die Wahrheit sagte und mir nicht nur schmeichelte, damit ich wiederkam und seine Gebühren zahlte. Arden hastete immer zurück, nachdem er die Zeitungen ausgetragen hatte, um mich abzuholen, wenn der Unterricht vorüber war.
    Eines späten Abends, acht Monate nach Mammis Tod, schlich ich mich die Treppe hinunter und übte auf Mammis großem Flügel. Sein Klang war wundervoll, so rein, viel besser als das billige Klavier, auf dem mein Lehrer spielte. Ehe ich mit dem Unterricht begonnen hatte, hatte ich nicht einmal bemerkt, daß unser Flügel einen guten Klang hatte. Als ich so dasaß, mitten in der Nacht, und meine einfache kleine Melodie spielte, schloß ich die Augen und tat so, als wäre ich Mammi, und meine Finger waren ebenso geschickt wie ihre. Aber es klang nicht wundervoll. Meine Musik sandte mir keine Schauder den Rücken hinunter, wie ihre es getan hatte. Entmutigt öffnete ich die Augen und beschloß, mich lieber eng an die Noten zu halten und nicht zu improvisieren. In diesem Augenblick hörte ich hinter mir ein leises Geräusch. Ich wirbelte herum und sah Vera in der Tür stehen. Sie lächelte schalkhaft, und ich wand mich vor Verlegenheit.
    »Du gehst ja plötzlich vollkommen in deiner Musik auf«, sagte sie. »Wie ist er denn, dein Mr. Rensdale?«
    »Nett.«
    »Das meine ich nicht, Dummkopf. Ich habe die Mädchen in meiner Schule sagen hören, er wäre sehr jung,gutaussehend und sexy–und Junggeselle.«
    Verlegen wich ich aus. »Das mag er wohl wirklich alles sein, aber für dich ist er trotzdem zu alt, Vera. Er würde ein Kind wie dich überhaupt nicht anschauen.«
    »Niemand ist zu alt für mich–aber du wirst für alle zu alt sein, liebe Audrina. Wenn du Papa endlich entkommst, kracht es schon in deinen Gelenken, und du wirst eine Brille tragen müssen, die zu deinem grauen Haar passen wird.«
    Das Schlimmste war, daß ich wußte, daß jedes Wort von ihr der Wahrheit entsprach. Papa

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