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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Audrina. Aber frag nicht nach Einzelheiten, ehe ich nicht bereit bin, sie dir zu schildern.«
    Meine Gedanken an Sylvia hielten mich davon ab, mich völlig wohl zu fühlen. Ich sehnte mich nach ihr, wenn ich staubwischte oder saugte. Vera konnte nicht saugen, weil ihr kürzeres Bein dann schmerzte. Sie konnte auch nicht staubwischen, weil sie ihre Hände nicht richtig kontrollieren konnte und alles fallen ließ, was sie aufhob. Das entschuldigte sie auch beim Tischdecken oder Aufräumen. Ich erledigte all ihre Aufgaben. Ich machte sogar die Betten, die einzige Pflicht Veras, auf der meine Tante bestand. Vielleicht war sie dankbar–auf jeden Fall schien Vera mich mehr zu mögen. Vertrauensvoll versuchte ich, sie wie eine Freundin zu behandeln. »Macht deine Musik Fortschritte? Ich habe dich noch nie üben hören, so wie ich es tue.«
    »Das kommt, weil ich bei Lámar übe«, erwiderte sie mit einem leichten Lächeln. »Ich habe ihm erzählt, du würdest mir nicht erlauben, Mammis Klavier zu benutzen, und er hat mir geglaubt.«
    Sie kicherte, als ich die Stirn runzelte und etwas sagen wollte. »Er ist so gutaussehend, daß sein Anblick mir immer einen Schauer über den Rücken jagt.«
    »Das ist er wohl, wenn man diesen Typ mag.«
    »Dein Typ ist er wohl nicht, was? Ich finde ihn außerordentlich interessant. Er hat mir alles über sich erzählt. Ich wette, dir hat er überhaupt nichts erzählt. Er ist fünfundzwanzig Jahre alt und hat die Julliard School of Music besucht und dort sein Diplom gemacht. Im Augenblick komponiert er die Musik zu einem Stück, das er schreibt. Er ist überzeugt, daß er es einem Produzenten verkaufen kann, den er kennengelernt hat während seinerZeit in New York.«
    Sie kam näher und flüsterte: »Ich hoffe und bete, daß er sein Musical verkauft und mich mitnimmt.«
    »Ach, Vera, Papa würde dich niemals mit ihm gehen lassen. Du bist zu jung.«
    »Es geht Papa überhaupt nichts an, was ich tue, verdammt noch mal! Er ist nicht mein Vater, und er besitzt mich nicht, wie er dich besitzt. Und wag ja nicht, ihm zu erzählen, daß ich Absichten auf Lámar Rensdale habe. Wir sind doch schließlich fast Schwestern…nicht wahr?«
    Ich brauchte ihre Freundschaft, und deshalb versprach ich ihr gern, Papa nichts zu erzählen.

Wünsche werden wahr
    Wieder war es Frühling. Mammi war seit über anderthalb Jahren tot. Aber keiner hatte sie vergessen. Ich vergrub mich in ihre Bücher über Gartenbau und lernte, für ihre geliebten Rosen zu sorgen. Jedes Rosenblatt erinnerte mich an Mammi mit ihrer zarten Haut, dem leuchtenden Haar, den rosigen Wangen: Hinter dem Haus baute meine Tante Zwiebeln, Kohl, Radieschen, Gurken und alles andere an, was man essen konnte. Dinge, die wuchsen, ohne daß man sie essen konnte, waren für meine Tante wertlos.
    Vera war oft gemein, dann aber wieder sehr nett zu mir. Ich traute ihr nicht, selbst wenn ich es wollte. Jetzt, wo Vera den Schaukelstuhl für sich beanspruchte, mied ich ihn mehr denn je. Aber Papa glaubte, daß ich immer noch darin schaukelte und früher oder später die Gabe übernehmen würde, die darin steckte.
    »Wie alt bist du, was sagtest du?« fragte Mr. Rensdale eines Tages, nachdem er mir wieder erklärt hatte, daß ich die Musik. ›fühlen‹ und gleichzeitig lernen müßte, die richtigen Tasten anzuschlagen. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund liefen mir Tränen über das Gesicht, obwohl ich schon vor langer Zeit meine einzigartige, mißliche Lage akzeptiert hatte.
    »Ich weiß nicht«, heulte ich. »Keiner sagt mir die Wahrheit. Ich habe ein Gehirn voll von halben Erinnerungen, das mir sagt, ich wäre vielleicht einmal zur Schule gegangen, aber mein Vater und meine Tante erklären mir, daß das nie der Fall gewesen ist. Manchmal glaube ich, ich bin verrückt, und deshalb schicken sie mich jetzt auch nicht zur Schule.«
    Er hatte eine graziöse Art, sich zu erheben. Es war, als wenn sich ein Band entrollte. Langsam trat er hinter mich. Seine Hände, viel kleiner als Papas, streichelten mein Haar, dann meinen Rücken. »Sprich weiter, hör nicht auf. Ich würde gern mehr darüber erfahren, was in eurem Haus vor sich geht. Du verwirrst mich in vieler Hinsicht, Audrina. Du bist so jung, und doch wieder so alt. Manchmal sehe ich dich an und sehe einen gequälten Menschen vor mir. Ich möchte diesen Ausdruck von dir nehmen.«
    Allein die zarte Art, wie er sprach, ließ mich Vertrauen zu ihm haben, und ich sprudelte alles heraus. Es war wie ein

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