Das Netzwerk
etwas zu unterschreiben.» Er zog zwei Formulare aus der Brusttasche seines Holzfällerhemdes und reichte sie ihnen.
«Was ist denn das?», wollte Anna wissen.
«Eine Art Geheimhaltungserklärung. Sie bezieht sich auf die Unterabteilung, die wir speziell für diese Operation gegründet haben. Im Grunde geht es nur darum, dass Sie sich verpflichten, niemandem etwas von unseren Aktivitäten zu verraten, es sei denn, der Betreffende ist autorisiert, solche Informationen zu erhalten.»
«Und wer ist dazu autorisiert?», fragte Taylor.
«Ich», antwortete Stone. «Wer sonst noch, weiß ich gar nicht so genau. Sagen wir der Einfachheit halber: niemand.»
«Das ist leicht zu merken.» Taylor zückte einen Kugelschreiber und unterschrieb.
«Darf ich es mir vorher kurz durchlesen?», fragte Anna.
«Aber selbstverständlich.»
Anna vertiefte sich in das Formular. «Da wird nirgends die CIA erwähnt», bemerkte sie.
«Ganz recht. Mit keiner Silbe.»
«Und warum nicht?»
«Ein formales Detail, wenn man so will. Unsere Abteilung untersteht nicht den üblichen Verwaltungsprozessen der Einsatzzentrale. Das macht es für uns einfacher. Und sicherer.»
«Brauchst du vielleicht erst einen Anwalt?», fragte Taylor. Er klang nicht richtig spöttisch, aber doch spöttisch genug.
«Nein.» Anna unterschrieb das Formular und gab es Stone zurück.
«Wunderbar!», sagte Stone. «Dann wollen wir mal loslegen. Ich habe Ihnen beiden ja schon das ein oder andere erzählt, was ich mir vorstelle, und heute möchte ich noch ein paar weitere offene Punkte klären. Am besten ist es wohl, Ihnen zunächst auseinanderzusetzen, dass unsere Tätigkeit hier in gewisser Weise eine alchemistische sein wird.»
«Alchimistisch?» Anna war sich nicht ganz sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte.
«Ja, ganz genau. Allerdings werden wir etwas viel Wertvolleres herstellen als Gold. Wir werden Schwächen aufgreifen, namentlich die derzeitige politische und militärische Schwäche der Vereinigten Staaten, und sie in Stärken verwandeln. Und diese magische Wandlung erreichen wir, indem wir das einzig probate Mittel anwenden, das dem Alchemisten zur Verfügung steht: wohlbemessene Fingerfertigkeit.»
«Tut mir leid», sagte Anna, «aber ich verstehe nicht mal annähernd, wovon Sie da reden.»
«Natürlich nicht. Haben Sie noch etwas Geduld. Ich verspreche Ihnen, es wird bald klarer. Um unser Gespräch in Gang zu bringen, möchte ich Ihnen zunächst einmal erklären, womit ich normalerweise meine Zeit verbringe. Ist Ihnen das recht?»
Anna und Taylor nickten. Seit sie ihn zum ersten Mal gesehenhatten, fragten sich beide auf ihre Weise, was Stone eigentlich genau machte.
«Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich jedem von Ihnen bereits unter vier Augen gesagt, dass ich meiner Arbeitsbezeichnung zufolge eine Abteilung für Sonderprojekte im Sowjetblock leite. Und Sie haben sich sicherlich gefragt: Was umfasst das? Was für ‹Sonderprojekte› leitet er? Die schlichte Antwort auf diese Frage lautet: Ich tue immer das, was mir gerade gefällt. Seit einiger Zeit konzentriere ich mich allerdings auf etwas, das wir, in Ermangelung eines treffenderen Ausdrucks, einmal als Spezialvariante der Täuschung bezeichnen wollen.»
«Und um was für eine Spezialvariante handelt es sich da?», erkundigte sich Taylor.
«Das werde ich Ihnen gleich erläutern. Etwas mehr Geduld, wenn ich bitten darf. Wir haben es doch nicht eilig. Möchten Sie einen Kaffee oder vielleicht einen Tee? Marjorie sagte mir, sie hätte etwas für uns vorbereitet.»
Anna und Taylor schüttelten den Kopf. «Reden Sie weiter», sagte Taylor. «Wir sind ganz Ohr.»
«Wie Sie wollen. Um nicht lange um den heißen Brei herumzureden: Meine Art der Täuschung zielt darauf, die Sowjets glauben zu machen, dass die Operationen der CIA sehr viel umfassender und aggressiver angelegt sind, als es gegenwärtig der Fall ist. Meine Mission, wenn man das so nennen will, besteht darin, den schwächlichen und demoralisierten amerikanischen Geheimdienst, den wir alle zur Genüge kennen, unsichtbar werden zu lassen und das Gegenbild eines Geheimdienstes zu entwerfen, der weiterhin beherzt und zupackend zu Werke geht. Und anschließend will ich dafür sorgen, dass die Sowjets den kraftstrotzenden Schemen hinterherjagen, die ich ihnen vorgaukele.»
«Wie wollen Sie das denn anstellen?», fragte Anna. «Die Russen sind schließlich nicht blöd.»
«Nein, wahrhaftig nicht. Sie sind gescheit und gründlich,
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