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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
Vom Netzwerk:
dass Sie nicht nur das Material verwenden müssen, das ich Ihnen ins Karpetland-Büro geschickt habe, Bücher, Pamphlete und Kassetten. Falls Sie es für sinnvoll halten, können Sie auch andere Dinge mit Munzer ausprobieren.»
    «Was denn für Dinge?» Taylor beschlich das Gefühl, dass Stone im Begriff war, eine weitere Tür des inneren Zirkels zu öffnen, doch er hatte nicht die geringste Ahnung, wohin die führen würde.
    «Da sind Ihnen im Grunde keine Grenzen gesetzt. Bei der Inszenierung unseres erfundenen Untergrundnetzwerks können Sie auf sämtliche Materialien zurückgreifen, die auch eine echte Untergrundbewegung verwenden würde.»
    «Nicht nur Bücher und Kassetten, sondern auch anderes?»
    «Ja, genau. Anderes.»
    Langsam begriff Taylor. «Beispielsweise Waffen», sagte er.
    «Richtig. Waffen beispielsweise. Und noch andere Dinge.»
    «Sprengstoff?»
    «Ja, unbedingt. Das passt doch ausgesprochen gut zu einerUntergrundorganisation, die in Zentralasien für Unruhe sorgen möchte.»
    Taylor inspizierte kurz seine Fingernägel, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Er war zwar impulsiv, aber dumm war er keineswegs, und ihm war klar, dass Stone ihm etwas vorschlug, was selbst nach den Maßstäben des innersten Zirkels sehr ungewöhnlich war.
    «Hört sich an, als wollten Sie einen Krieg anzetteln», sagte er schließlich.
    «Ich erhöhe nur ein wenig die Grundtemperatur», erwiderte Stone. «Um ehrlich zu sein, bin ich diesen Kalten Krieg schon lange leid. Bei dem Tempo dauert der noch ewig.»
    Taylor musterte die Miene seines Gegenübers. Er wusste genug über die Funktionsweisen der Regierung, um sicher zu sein, dass dieser Teil der Operation garantiert durch nichts und niemanden autorisiert war.
    «Und was passiert, wenn wir damit auffliegen?», fragte er.
    «Dann ist die Hölle los. Aber wir fliegen nicht auf.»
    «Natürlich nicht. Aber angenommen, es passiert doch.»
    «Vertrauen Sie mir», sagte Stone. «Ich habe mehr Freunde in der Regierung als sämtliche Politiker zusammen. Sie werden nicht darunter zu leiden haben, es sei denn, Sie wollen vor Ihrem fünfzigsten Geburtstag unbedingt noch in den Höheren Dienst. Das kann ich Ihnen dann leider nicht mehr versprechen.»
    Stone kannte seine Pappenheimer. So wie manche heranwachsenden Jungs nicht in der Lage sind, eine Mutprobe abzulehnen, ganz gleich, wie waghalsig, so gab es auch Männer mittleren Alters, die lieber sterben würden als zuzugeben, dass sie tatsächlich Männer mittleren Alters waren. Stones letzte Bemerkung beseitigte alle Skrupel, die Taylor dem Projekt gegenüber vielleicht noch gehabt hatte. Er beugte sich vor.
    «Und wie sollen wir das anstellen, mal angenommen, es erwiese sich als sinnvoll?»
    «Munzer und Sie können in Istanbul ein paar Bemerkungen dahin gehend fallenlassen, dass dieses zentralasiatische Netzwerk nicht nur aus religiösen Fanatikern besteht, sondern auch einen militärischen Flügel hat. Alles Weitere übernehme ich.»
    «Heiße Sache.»
    «Ausgesprochen heiß», bestätigte Stone.
    «Wer würde den Transport übernehmen?»
    «Das könnten wir über Pakistan abwickeln. Den Rest regelt Frank Hoffman mit diesem Ascari. Nach unserem heutigen Gespräch habe ich allerdings den Eindruck gewonnen, dass Miss Barnes sich mit diesem Aspekt der Operation nicht recht anfreunden könnte.»
    «Und deshalb soll ich das übernehmen?»
    «Ja, genau. Ich dachte mir, es wäre vielleicht sinnvoll, wenn Sie sich in Athen noch mit Frank treffen, nachdem er mit Miss Barnes geredet hat. Könnten Sie das einrichten?»
    «Aber damit würde ich Anna aufs Kreuz legen.»
    «Ach, das macht nichts.» Stone zwinkerte ihm zu. «Darin haben Sie doch bereits etwas Übung, oder?»
    Taylor setzte zu einem Protest an. Seinetwegen konnte Stone halb Zentralasien in die Luft jagen, aber dass der Alte auch noch in seinem Liebesleben herumschnüffelte, das ging nun eindeutig zu weit. Außerdem beunruhigte es ihn auf unbestimmte Weise, dass Anna für Stone nicht mehr Teil des «Teams» zu sein schien, sondern plötzlich einen anderen, sehr viel uneindeutigeren Status hatte. Er wollte etwas einwenden, zumindest Bedenken anmelden. Doch da bedachte Stone ihn mit einem weiteren, verschwörerischen Augenzwinkern und reichte ihm einen Schwenker mit edlem, altem Brandy.
     
    Anna lag an diesem Abend lange wach und wartete auf Taylor. Sie hatten sich nicht offiziell verabredet. Er hatte etwas von einem Bier mit einem Kumpel gemurmelt, und Anna hatte erwidert, sie

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