Das Netzwerk
besser.»
«Das ist doch unrealistisch.»
«Und warum?»
«Weil Usbeken und Aserbaidschaner die Armenier nicht leiden können.»
«Na und? Wenn wir ohnehin gegen Traditionen ins Feld ziehen, ist das doch umso besser. Das macht den Sowjets noch mehr Angst.»
«Weshalb? Erklären Sie mir das.» Stones Augen funkelten. Er war bereit, sich alles Mögliche anzuhören, solange es den Russen Bauchschmerzen bereitete.
«Weil sich Moskau doch am meisten davor fürchtet, dass sich die verschiedenen ethnischen Gruppen in der Sowjetunion eines Tages gegen die Russen verbünden. Deshalb gibt sich der KGB auch solche Mühe, das Misstrauen zwischen den Kleinstaaten zu schüren. Bei den Osmanen war es genauso: Teile und herrsche. Wenn Sie dem Zentralkomitee in Moskau richtig Angst machen wollen, sollten Sie es glauben machen, es gäbe eine Untergrundbewegung, die Armenier und Aserbaidschaner einschließt.»
«Woran genau denken Sie da?»
«Stellen Sie das goldene Zeitalter vor 1914 wieder her, als sich alle Völker in der Region gemeinsam gegen die imperialistischen Herrscher erhoben. Unmöglich ist das nicht. Es gibt historische Vorbilder.»
«Das klingt alles so … utopisch.» Stone gab dem Wort einen säuerlichen Beigeschmack.
«Und was ist daran falsch? Wenn wir schon ein imaginäres Netzwerk spinnen, können wir es doch auch richtig machen. Und wie gesagt: Das ist der beste Weg, den Russen so richtig Feuer unterm Hintern zu machen.»
«Ansprechender Gedanke. Aber ich fürchte, es ist schon ein wenig spät, um unser Arsenal noch groß zu erweitern. Heben wir uns das doch für ein anderes Mal auf.»
«Es wird kein anderes Mal geben.»
Stone schüttelte den Kopf wie ein ratloser Vater. Er warfeinen Blick auf die Uhr. «Wir haben noch weitere Fragen zu klären. Ist Ihnen das wirklich so wichtig?»
«Ja, Sir. Auf die eine oder andere Weise beschäftige ich mich mit dieser Problematik schon seit fast zehn Jahren. Sie ist mir ausgesprochen wichtig. Und ich weiß, worauf ich mich einlasse.»
«Also gut.» Stone war die Diskussion sichtlich leid. «Was halten Sie davon, wenn wir Sie zur Leiterin der Armenienabteilung machen? Würde Ihnen das gefallen?»
«Was bedeutet das?»
«Wenn Sie einen gangbaren Weg finden, einen Armenier in unser kleines Verwirrspiel einzubeziehen, werde ich versuchen, das möglich zu machen. Ist das ein Angebot?»
«Ich denke schon.»
«Alan, irgendwelche Einwände?»
«Nein.»
«Und wo finde ich Namen von Armeniern, die wir anwerben könnten?», fragte Anna.
«Ich werde veranlassen, dass Marjorie Ihnen Informationen zu allen aktiven Kontakten zusammenstellt, die wir in der Kartei haben. Wir lassen uns ihre Akten kommen und stellen Ihnen die wichtigsten Eckdaten zusammen. Das wird allerdings ein paar Wochen dauern. Sie können sich darum kümmern, wenn Sie aus Athen zurück sind. Einverstanden?»
«Einverstanden», sagte Anna. Sie hatte das Gefühl, einen Etappensieg errungen zu haben und das Bild nun auch ein wenig nach ihren Vorstellungen gestalten zu können, anstatt einfach nur Stones Vorgaben zu erfüllen. Dann entschuldigte sie sich und ging auf die Toilette.
«Alan», sagte Stone, als Anna außer Hörweite war. «Ich würde mich freuen, wenn Sie heute Abend vielleicht kurz bei mir zu Hause vorbeikommen würden.»
«Sicher. Worum geht es?»
«Es gibt da eine Angelegenheit, die ich gern unter vier Augen mit Ihnen besprechen würde.»
«Sagen Sie mir die Adresse.»
Stone schrieb ihm seine Anschrift an der N Street in Georgetown auf. «Kommen Sie doch gleich um sieben. Zur Cocktailstunde.»
Anna strahlte übers ganze Gesicht, als sie wiederkam. Sie setzte sich aufs Sofa und legte die Füße auf den Couchtisch – eine absolute Premiere.
«Ich habe noch eine letzte Überraschung für Sie beide», sagte Stone. «Anschließend muss ich los.»
«Oje», sagte Anna.
«Nur keine Angst, es wird Ihnen gefallen. Ich denke bereits seit Wochen darüber nach.»
«Dann lassen Sie mal hören.»
«Erinnern Sie sich noch an den osmanischen Stuhl, Alan, den der sowjetische Generalkonsul in Istanbul gekauft hat und den Sie zusammen mit dem Techniker aus Athen verwanzt haben?»
«Natürlich erinnere ich mich daran. Wie könnte ich diesen gottverdammten Stuhl vergessen? Eine grandiose Zeitverschwendung!»
«Na, na, nun seien Sie mal nicht so negativ. Wenn ich mich recht entsinne, hat der Generalkonsul ihn zu sich nach Hause geschickt. Nach Alma-Ata.»
«Genau. Als kleines Geschenk an den
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