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bringen. Für einen Mann mit Ascaris Geschäftssinn dürfte das kein großes Problem darstellen. Und auch hier gilt: Falls er mit den Unterlagen gefasst wird, kommt das unseren Zwecken nur zugute.»
«Aber wie wollen Sie das Ganze absichern?», fragte Anna.
«Wir werden über einen unabhängigen Kanal ein paar Flugblätter nach Aserbaidschan schicken, die zu Demonstrationen an den dortigen heiligen Stätten aufrufen. Dasselbe, Alan, machen wir übrigens in Usbekistan.»
«Werden denn auch Leute zu diesen Demonstrationen kommen?», fragte Anna.
«Das will ich doch hoffen. Ein paar zumindest, und sicherlich genug, damit es echt wirkt.»
«Und was geschieht dann mit ihnen?»
«Ich vermute, sie werden verhaftet.»
«Und das stört Sie gar nicht?»
«Nein. Sollte es?»
Bevor Anna etwas darauf erwidern konnte, hatte Stone die Schachtel bereits wieder geöffnet und gab Taylor ein paar Dutzend Pamphlete.
«Sie brauchen auch ein paar davon für Istanbul, Alan. Munzer soll sie an Orten deponieren, wo emsige Geister sie finden können.»
«Der gute alte Munzer», sagte Taylor. «Vermutlich denkt er, er wäre gestorben und geradewegs im Paradies gelandet.»
«Gut, dann wollen wir mal sehen. Was habe ich noch für Sie?» Stone ging zu ein paar kleineren Schachteln hinüber, die an der Wand gestapelt standen. Er öffnete eine und nahm zwei Kassettenin billigen Plastikhüllen heraus, die russisch beschriftet waren. «Die werden Ihnen besonders gefallen», sagte er und reichte seinen beiden jungen Kollegen je eine.
«‹Sibirische Volkschöre›», las Anna. «Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein.»
«Natürlich nicht. In Wirklichkeit sind das Mitschnitte der Predigt eines wahhabitischen Mullahs aus Riad, der den Sturz des Kommunismus prophezeit. Ganz großartiges Material! Tod und Verderben, Sünder, die der Strafe eines zürnenden Gottes ausgeliefert sind. Meine pakistanischen Freunde werden etwa tausend dieser Bänder über Afghanistan ins Land bringen. Und dann habe ich noch ein paar mehr, die Alan mit nach Istanbul nehmen kann.»
«Allahu-akhbar!», sagte Taylor, und Anna zuckte zusammen. Die Islam-Fixierung dieser Operation beunruhigte sie zusehends.
«Ach, die Korane!», rief Stone. «Die hätte ich ja fast vergessen! Wir haben hier noch kleinformatige Ausgaben aus Pakistan. Tausende. Damit springen wir gewissermaßen bei unseren saudiarabischen Freunden mit auf, die die muslimischen Republiken bereits seit Jahren heimlich mit Koranen versorgen. Soviel ich weiß, geben sie die Bücher meist muslimischen Seeleuten mit, wobei ich persönlich mich nicht entsinnen kann, je einem muslimischen Seemann begegnet zu sein. Jedenfalls werden die Saudis ihre Lieferungen in den nächsten paar Monaten verstärken. Und in Moskau wird das alles so ankommen, als wäre der Dschihad erklärt worden!»
«Mr. Stone», unterbrach ihn Anna. «Es tut mir wirklich leid, aber ich habe da ein Problem.»
«Was denn? Schon wieder?» Diesmal klang Stone schon weniger verständnisvoll.
«Warum arbeiten wir denn nur mit den Muslimen in der Sowjetunion? Es gibt so viele andere Nationen, die ebenfalls nach Unabhängigkeit streben.»
«Das sind nun einmal die Asse, die wir auf der Hand haben, Miss Barnes. Das Spiel wird gegenwärtig mit muslimischen Karten gespielt. Die Sowjets machen uns im Iran, in Afghanistan, in Pakistan und in der Türkei das Leben schwer, von einem Ende der unglückseligen arabischen Welt zum anderen. Wir wollen ihnen in Erinnerung rufen, dass man die Islamkarte auf zwei verschiedene Weisen ausspielen kann.»
«Ein ganz schön abgekartetes Spiel, finden sie nicht?»
«Habe ich gerade richtig gehört?» Stone legte die Hand ans Ohr.
«Ich will Ihnen jetzt keinen Vortrag halten, aber der religiöse Extremismus ist in diesem Teil der Welt doch gerade das Problem, nicht die Lösung. Christen und Muslime wollen einander seit Jahrhunderten an den Kragen. Und der Grund dafür ist, dass jede ethnische Gruppierung eine unilaterale Lösung sucht. Muslime aus Turkestan interessieren sich auch nur für Turkestan, armenische Christen interessieren sich nur für Armenien. Und kein Mensch versucht, beide zusammenzubringen.»
«Da haben Sie sicher recht, meine Liebe. Die Verfolgungen und das alles, das ist eine furchtbare Angelegenheit. Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, was wir dagegen tun sollten.»
«Wir könnten beispielsweise Armenier in unsere Operation einbeziehen. Meinetwegen auch Georgier, aber Armenier wären
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