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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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hören, wie sich drinnen jemand bewegte, aber die Tür blieb zu.
    «Aufmachen, verdammt nochmal!»
    Munzer öffnete die Tür einen winzigen Spalt, der gerade breit genug zum Hinausspähen war. Als er Taylor erkannte, ließ er ihn rasch herein und schloss die Tür sofort wieder.
    «Sie haben nicht die ganze Parole gesagt», beschwerte sich der Usbeke mit vorwurfsvoller Miene.
    «Was hat denn gefehlt?»
    «Das ‹Darf ich reinkommen?› am Schluss.»
    «Mist. Hätte ich das sagen müssen?»
    «Ja, mein Freund. Wenn ich sage: ‹Nein, ich bin sein Bruder›, müssen Sie sagen ‹Darf ich reinkommen›. Erst dann mache ich auf. Vielleicht haben Sie das vergessen.»
    «Vielleicht», antwortete Taylor. «Aber das ist jetzt egal. Schön, dass Sie hier sind», ergänzte er und gab Munzer die Hand. «Willkommen in Istanbul.»
    «Willkommen bei Munzer Achmedow», erwiderte der Usbeke und bat Taylor mit einer einladenden Geste ins Wohnzimmer, in dem er gerade seine Bilder aufgehängt hatte. «Und im Hauptquartier der Befreiungsfront für Turkestan.»
    «Sehr schön», sagte Taylor und sah sich im Wohnzimmer um. Nachdem er den Portraits von Mustafa Chokay und Ali Merdan Topcubasi respektvoll zugenickt hatte, deutete er auf das Zitat von Uzun Haji. «Sieht interessant aus», sagte er. «Was steht da?»
    «Ach, das ist bloß so ein alter Spruch», erwiderte Munzer und lächelte verlegen. Hätte Taylor ihn besser gekannt, hätte er esihm vielleicht angesehen, dass jetzt eine Lüge kommen würde: «Es heißt: ‹Lang lebe der heldenhafte Kampf der Turkvölker›», sagte Achmedow.
    «Bravo.»
    «Aber setzten Sie sich doch, Mr.   Goode. Sie sind schließlich mein Gast. Leider habe ich noch keinen Tee oder Kaffee. Darf ich Ihnen stattdessen vielleicht ein Glas Wasser anbieten? Oder soll ich hinausgehen und Kaffee kaufen? Oder Zigaretten?»
    «Vielen Dank, das ist nicht nötig», sagte Taylor und amüsierte sich insgeheim über Munzers Versuch, ihm Gastfreundschaft zu erweisen. «Schließlich müssen wir übers Geschäft reden.»
    «Natürlich. Okay. Munzer Achmedow steht zu Ihren Diensten.»
    «Gut, dann machen wir erst einmal aus, wann und wo wir uns das nächste Mal treffen. Nur für den Fall, dass ich rasch von hier verschwinden muss. Dann wissen wir wenigstens, wie wir wieder zusammenkommen.»
    Munzer nickte.
    «Unser nächstes Treffen wird in drei Tagen sein. Wieder um zehn, aber diesmal im Yildiz-Park. Wissen Sie, wo der ist?»
    «Keine Sorge, ich werde ihn finden.»
    «Ich warte auf Sie am Brunnen oberhalb des Eingangs. Wenn ich die Arme so verschränkt habe wie jetzt» – er machte es dem Usbeken vor   –, «dann gibt es ein Problem. Vielleicht werde ich verfolgt, und Sie dürfen mich nicht ansprechen. In diesem Fall kommen Sie am nächsten Tag an dieselbe Stelle, aber eine Stunde später. Verstanden?»
    «Aber ja. Das haben wir letztes Mal, als ich mit euch Amerikanern zu tun hatte, ganz genauso gemacht.»
    «Auf dem Weg zum Park vergewissern Sie sich bitte, dass Sie nicht verfolgt werden», sagte Taylor, unterließ aber den sonstüblichen Hinweis, dass er das möglichst unauffällig tun sollte. In diesem Fall war es schließlich egal.
    Munzer nickte ernst. «Okay, okay.» «Gefällt Ihnen die Wohnung hier?»
    «Ja, sehr!»
    «Und haben Sie jemanden gefunden, der ihr Geschäft in Queens weitgerführt?»
    «Das machen meine Söhne. Einer von ihnen ist Ingenieur, der hat sich Urlaub genommen. Und der andere, der gerade auf Rechtsanwalt studiert, nimmt ein Freisemester. Der dritte studiert Medizin, aber den brauche ich nicht. Mein Geschäft läuft weiter, keine Sorge.»
    «Gut. Dann würde ich jetzt gerne mit Ihnen über Ihren Auftrag sprechen.»
    «Ich bin zu allem bereit. Wenn Sie wollen, klettere ich für Sie auf den höchsten Berg oder schwimme durchs Schwarze Meer. Das ist für mich die Gelegenheit meines Lebens, unseren armen Völkern zu helfen.»
    «So etwas hört man gerne. Aber für den Anfang dürfte es genügen, wenn Sie Kontakt mit Ihren alten Freunden hier in Istanbul aufnehmen. Ist das möglich?»
    «Natürlich. Okay.»
    «Wen wollen Sie als Ersten aufsuchen?»
    «Den Herausgeber eines Magazins namens
Groß-Turkestan
. Er heißt Hassan Khojaew und ist ein alter Freund von mir.»
    «Kann man ihm vertrauen?»
    «Selbstverständlich, sonst wäre er kein Freund von Munzer Achmedow. Aber was darf ich ihm über die neue Befreiungsbewegung sagen?»
    «Am Anfang noch nicht allzu viel», antwortete Taylor, obwohl ihm

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