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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Stock. Ein weißhaariger Mann im Bademantel öffnete. Das musste Arams Vater sein, die Augen verrieten es. Er musterte die Amerikanerin, die da vor seiner Tür stand, als wäre sie soeben vom Mars gelandet.
    «
Vot Antoyan Aram
?», fragte Anna. «Ist Aram Antoyan da?»
    «
Njet
», antwortete der Vater und hätte vermutlich die Tür geschlossen, wenn seine Frau nicht hinter ihm aufgetaucht wäre. Ihre Miene wirkte sanft und nachdenklich, was Anna ebenfalls an Aram erinnerte. Keiner von beiden konnte Englisch, und Annas Russisch würde sie auch nicht viel weiterbringen. Glücklicherweise sprach Arams Mutter leidlich gut Französisch, und so unterhielten sie sich in dieser Sprache.
    «Ich habe Ihren Sohn in Paris kennengelernt», sagte Anna. «Wir sind Freunde.»
    Frau Antoyan lächelte, als wüsste sie ganz genau, was Anna damit meinte.
    «Ich bin ein paar Tage in Eriwan und würde Ihren Sohn gern treffen, während ich hier bin.»
    «Er wird sich sicher sehr freuen, Sie zu sehen», sagte die Armenierin.«Er spricht viel von der Zeit in Paris und den Freunden, die er dort gefunden hat.»
    «Wohnt er hier bei Ihnen? Er hat mir in Paris diese Adresse gegeben.»
    «Aber nein, er ist doch längst erwachsen», erwiderte Frau Antoyan mit einem weiteren, mütterlichen Lächeln. «Er ist schon viel zu alt, um noch bei seinen Eltern zu wohnen.»
    «Ich würde ihn gerne bald treffen», sagte Anna.
    «Gut. Sie können ihn morgen im Krankenhaus besuchen. Ich gebe Ihnen die Adresse.»
    «Danke, aber die habe ich schon. Ich würde ihn gern noch heute Abend sehen, wenn das möglich ist.»
    Diese Bitte war Frau Antoyan dann doch etwas zu direkt, und sie errötete. Es war fast Mitternacht, und diese wildfremde Frau wollte ganz offensichtlich mit ihrem Sohn ins Bett. Für sie bestätigte das alles, was gemeinhin von den Amerikanerinnen behauptet wurde.
    «Heute ist es vielleicht schon ein wenig spät», protestierte sie in dem vergeblichen Bemühen, ein gewisses Maß an Anstand zu wahren.
    Alles in allem war es Anna gar nicht unrecht, wenn Arams Mutter sie als Flittchen betrachtete, und so gab sie sich Mühe, diesen Eindruck noch zu verstärken.
    «Bitte», hauchte sie. «Ich muss ihn wirklich unbedingt sehen. Können Sie mir nicht einfach seine Adresse geben?»
    Nun mischte sich der alte Herr Antoyan ein und murmelte etwas auf Armenisch, von dem Anna stark vermutete, dass es sich frei mit «Nun gib dem Mädchen schon Arams Adresse, damit wir endlich schlafen können» übersetzen ließ.
    «Ich kann Ihnen seine Adresse geben», sagte Arams Mutter schließlich. «Aber soviel ich weiß, ist er heute gar nicht dort.»
    «Warum nicht? Wo ist er denn?»
    «Bei Freunden. Sie sollten nicht so viele Fragen stellen. Versuchen Sie es morgen bei ihm.»
    «Ich hätte trotzdem gern die Adresse», sagte Anna.
    Die Mutter hob die Augen gen Himmel, dann schrieb sie Arams Adresse auf ein Blatt Papier, einmal in kyrillischer und einmal in armenischer Schrift, und reichte es Anna.
    «Ich danke Ihnen von ganzem Herzen», sagte Anna. «Ich habe ihn so sehr vermisst, dass ich es einfach kaum erwarten kann, ihn wiederzusehen. Vielleicht können wir uns ja einmal alle gemeinsam zum Abendessen treffen.»
    «Ja, vielleicht», sagte Frau Antoyan, doch ihre Miene blieb skeptisch. Es war ja schön und gut, wenn ihr Sohn mit amerikanischen Flittchen schlief, aber ein gemeinsames Abendessen, das ging nun doch zu weit. Armenischen Familien ist das Abendessen heilig.
    «Gute Nacht.» Anna winkte zum Abschied. Der alte Antoyan warf einen anerkennenden Blick auf ihre Beine und zwinkerte ihr noch einmal zu, ehe er die Wohnungstür schloss.
    Anna ging zu Fuß zurück zur Hauptstraße. Es war mehr als unwahrscheinlich, in einem abgelegenen Wohnviertel wie diesem jetzt noch ein Taxi aufzutreiben, doch sie vermutete, dass man auch in Eriwan, wie in den meisten anderen sowjetischen und osteuropäischen Städten, Privatleute finden würde, die einen für ein paar Rubel ein Stück mitnahmen. Sie ging bergab, wo sich in einiger Entfernung eine große Tankstelle befand, und machte den Autos, die ihr entgegenkamen, mit der Hand Zeichen, anzuhalten und sie mitzunehmen. Den ersten Wagen, der hielt, winkte sie dann aber weiter. Am Steuer saß ein untersetzter Mann, der sichtlich zu viel getrunken hatte und aussah, als wollte er sie flachlegen. Im nächsten Wagen saß ein jungesPaar. Sie wollten schon an Anna vorbeifahren, doch als sie wild gestikulierte, hielten sie doch noch an. Mit

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