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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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alles Weitere Sie zahlen Geld. Sagen Sie das Ihren Freunden bei der amerikanischen Botschaft. Keine Spielchen mehr.»
    «Wie können meine Freunde Sie erreichen?»
    «Sie haben meine Nummer. Aber morgen fahre ich auf Geschäftsreise.»
    «Wohin?»
    «Nach Türkei.»
    «Wo sind Sie da genau?»
    «In Istanbul. Im Hilton, natürlich. Das ist das beste Hotel.»
    «Mit welchem Pass?»
    «Iranischer Pass. Die anderen bewahre ich auf für schwierige Geschäfte.»
    «Wann sind Sie zurück?»
    «In einer Woche, vielleicht zwei. Ich weiß noch nicht.»
    «Danke für den Hinweis», sagte Anna. «Für mich sind Sie trotzdem ein Stück Dreck.» Sie stand auf.
    «He, Lady, warten Sie!», protestierte Ascari.
    «Ich schlage vor, wir verzichten auf das Mittagessen.» Anna ging zur Tür. Sie war in ihrem Leben noch nie so froh gewesen, von einer Verabredung wegzukommen.
     
    «Das ist ja ein echter Knüller!», erklärte Howard ein paar Stunden später, nachdem Anna ihm alles erzählt hatte. Diesmal war ihr Bericht über die Zusammenkunft sehr detailliert ausgefallen. Sie ließ nichts aus, schilderte jede widerliche Geste, jede obszöne Andeutung, jede Geldforderung und jedes eiserne Beharren darauf, dass sie beim Geheimdienst sei. Letztendlich sollte das alles in die Bitte münden, den Fall abgeben zu dürfen. Doch so weit kam sie gar nicht. Howard war viel zu aufgeregt wegen der Nachricht von dem Mordkomplott.
    Anna versuchte, seine Begeisterung zu dämpfen. «Er hat mich doch enttarnt», gab sie zu bedenken. «Er weiß, dass ich Geheimagentin bin.»
    «Ach was», sagte Howard. «Sie haben das doch nicht bestätigt, oder?»
    «Nein», sagte Anna. «Natürlich nicht.»
    «Dann machen Sie sich darüber mal keine weiteren Sorgen. Iraner sehen überall Geheimagenten, für die ist alle Welt bei der CIA. Was spielt das schon für eine Rolle?»
    Anna sah ihn stirnrunzelnd an. «Wenn Sie meinen», erwiderte sie, war aber keineswegs überzeugt.
    «Und das mit der Strumpfhose hat er wirklich gesagt?»
    «Bitte, Howard, das muss jetzt wirklich nicht sein.»
    «Schon gut. Tut mir leid. Wir haben ja auch so genug zu tun. Dieser hübsche kleine Hinweis muss so schnell wie möglich an die Zentrale gehen. Das heißt, wir zwei Hübschen schreiben jetzt Ihren ersten eigenen Außendienstbericht.»
    Howard zog ein vorgedrucktes Formular aus der Aktentasche und hielt es Anna hin. «Kennen Sie das Bewertungssystem?», fragte er.
    «Ehrlich gesagt, nein», sagte Anna.
    «Gut.» Howard wechselte in den Dozentenmodus. «Jeder Geheimdienstbericht bewertet zwei Kriterien: die Verlässlichkeit des Informanten und die der Informationen. Den Informanten bewerten wir mit den Buchstaben A bis F.   A steht für absolut zuverlässig, B für meistens zuverlässig und C für durchschnittlich zuverlässig. D bedeutet, dass der Informant nicht besonders zuverlässig ist, und E steht für absolut unzuverlässig. F bedeutet, dass die Verlässlichkeit nicht geklärt werden konnte. Haben Sie das so weit verstanden?»
    «Ja», sagte Anna. «Ist ja auch nicht weiter kompliziert.»
    Howard wirkte ein wenig enttäuscht. «Im Grunde nicht, nein», sagte er. «Den Informationsgehalt bewerten wir ganz ähnlich, mit Zahlen von eins bis sechs. Eins heißt, dass er von anderen unabhängigen und zuverlässigen Quellen bestätigt wurde, zwei heißt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, drei heißt, dass er möglicherweise zutrifft. Vier steht für zweifelhaft, fünf für mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch. Und sechs bedeutet, dass darüber keine Aussage gemacht werden kann. Kinderleicht, oder?»
    «Absolut», sagte Anna. «Wie eine Farbskala, auch wenn es hier wohl eher Graustufen sind.»
    «Sie haben’s erfasst. In der Praxis wird Ihnen der Fall A-1 praktisch nie begegnen, zumindest nicht mehr in diesem Leben. Meistens haben wir es mit C-3 zu tun: möglicherweise zutreffende Informationen aus einer halbwegs zuverlässigen Quelle. Mit anderen Worten: mittelgrau.»
    «Meine Lieblingsfarbe», warf Anna ein.
    «Die Frage ist also: Wie bewerten wir Ihren Freund Ascari?»
    «Gibt es auch eine Kategorie für ‹absolutes Riesenarschloch›?»
    «Leider nein.»
    «Dann werde ich ihn wohl mit F-6 bewerten müssen. Ich weiß nicht, ob er zuverlässig ist, und ich kann auch nicht beurteilen, ob es stimmt, was er mir erzählt.»
    «Ganz meine Meinung», sagte Howard. «Dann ist er also F-6.» Er schaute auf das Formular. «Die nächste Frage lautet: Wann und wo wurden die

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