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Nachmittag telefonierte Anna mit Ascari und schlug ihm vor, sich am nächsten Tag zum Mittagessen in einem verschwiegenen kleinen Restaurant an der Edgware Road zu treffen.
«Ich wusste, Sie werden anrufen», sagte der Iraner.
«Tatsächlich?», fragte Anna.
«O ja!», erwiderte er. «Das wusste ich.»
14 Ascari erschien zum zweiten Treffen mit einem seidenen Krawattenschal. Er roch, als hätte er in Rasierwasser gebadet, und hatte sich den Bart von Stachelschwein- auf Waschbärlänge gestutzt. Trotzdem wirkte er alles in allem noch sehr viel unattraktiver, als Anna ihn in Erinnerung hatte. Sie war fest entschlossen, sich dieses Mal geschäftsmäßig streng zu zeigen und die Zügel fest in der Hand zu behalten, und hatte zu diesem Zweck das unvorteilhafteste Kleidungsstück hervorgekramt, das sie besaß: ein weites, braunes Wollkleid, das aussah wie ein Teppich. Außerdem hatte sie sich am Morgen bewusst nicht die Haare gewaschen und war völlig ungeschminkt. Und zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich nichts sehnlicher als einen dicken Pickel auf der Nase.
Auch das Restaurant war nicht besonders ansehnlich. Es lag versteckt zwischen den Elektronikläden und den Fachgeschäften für Autozubehör, die die Edgware Road hinter Sussex Gardenssäumten. Offiziell lief es unter Italienisch, was in London jedoch alles Mögliche heißen konnte: Griechisch, Türkisch, Portugiesisch. Mit seinen zugezogenen Vorhängen und den Kellnern, die jeden Augenkontakt vermieden, war es ein Ort, den man aufsuchte, wenn man sich verstecken wollte. Dennis hatte es ihr empfohlen, doch schon beim Eintreten war Anna klar geworden, dass es sich um einen viel zu offensichtlichen Treffpunkt für Spione und Prostituierte handelte. Sie konnte es dem Kellner kaum verdenken, dass er sie, trotz des labbrigen braunen Kleids, wie eine Nutte behandelte.
«Ich liebe Sie», erklärte Ascari, kaum dass er sich gesetzt hatte, legte dabei die Hand aufs Herz und warf Anna einen schmachtenden Blick zu.
«Schluss damit!», sagte Anna. Sie sagte es sehr laut. Das Restaurant war halb leer, aber es wäre ihr so oder so egal gewesen, ob sie jemand hörte. Sie hatte keine Lust, sich weiterhin von diesem Iraner auf der Nase herumtanzen zu lassen. «Eines sollten wir ein für alle Mal klarstellen, Mr. Ascari», sagte sie. «Ich bin Geschäftsfrau, und so will ich auch behandelt werden. Mit Respekt. Ist das klar?»
«O ja», erwiderte Ascari beschwichtigend. «Ich weiß, wie das ist mit Amerikanerinnen. Sie wollen immer sein wie die Männer. Gut. Meinetwegen. Aber ich liebe Sie trotzdem.»
«Schluss damit, verdammt nochmal! Das ist mein Ernst!»
«Gut, Miss. Meinetwegen können Sie mich anschreien. Das macht mir nichts aus. Alles, was Sie wollen.»
Wie konnte dieser Kerl sich nur so unmöglich verhalten? Wie schaffte er es bloß, jedem vernünftigen Gespräch auszuweichen und es immer wieder in die abwegige Richtung zu lenken, in der er es haben wollte? Man brauchte sich ja nicht einmal vor ihm zu fürchten. Er war nur ein fetter, hässlicher kleiner Mann ohnejeden Reiz oder Charme, und Anna hatte den Eindruck, dass sie ihm im Notfall ohne weiteres den Arm brechen konnte. Er war einfach nur nicht bereit, sich an die Regeln zu halten. Anna verabscheute diese Sorte Männer zutiefst. Bisher war es ihr immer gelungen, den Kontakt mit ihnen zu vermeiden, weil sie klug, hübsch und aus guter Familie war. Aber jetzt konnte sie sich diesen Luxus nicht mehr leisten.
«Passen Sie auf», sagte sie langsam. «Ich habe eine Nachricht von meinen Freunden von der Botschaft.» Das Wort «Botschaft» schien Ascaris Leidenschaft etwas zu dämpfen. Er lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück. «Meine Freunde», fuhr Anna fort, «fanden die Informationen, die Sie mir beim letzten Mal gegeben haben, hochinteressant. Sie haben mich gebeten, mich noch einmal mit Ihnen zu treffen.»
«Hochinteressant, ja?» Ascari grinste übers ganze Gesicht.
«Genau. Hochinteressant.»
«Allah sei Dank! Wie viel wollen sie zahlen?»
«Sie sind noch nicht bereit, über Geld zu reden.»
«Dann tut es mir leid», sagte Ascari. «Ohne Geld sie können das vergessen.» Er verschränkte die Arme vor der Brust und schien zu schmollen, als hätte man ihn tief gekränkt. Ich will nicht mit diesem Kerl verhandeln müssen, dachte Anna. Ich hasse das! Aber sie war ein Profi oder wollte zumindest einer werden – ihr blieb also nichts anderes übrig.
«Beruhigen Sie sich», sagte sie.
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