Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)
hingegen wurde ausgerechnet ein Thema, das eigentlich im «Lexikon des Unwissens» hätte auftauchen sollen, am Ende aber aufgrund schlechter Planung entfiel, nämlich die Frage, ob die Pest wirklich die Pest und nicht vielleicht eine ganz andere Krankheit war, die auf anderen Wegen übertragen wird. Das Buch «Pest, Not und schwere Plagen» des Medizinhistorikers Manfred Vasold mit seiner ausführlichen Darlegung der offenen Fragen rund um die großen Seuchenzüge war einer der Kristallisationskeime für das «Lexikon des Unwissens». Es war daher ein wenig ungerecht, dass ausgerechnet die Pest es nicht ins Buch schaffte. Wir wollten das Versäumnis in diesem Band wiedergutmachen, aber es war zu spät: Anthropologen der Universität Mainz hatten inzwischen durch Untersuchungen der Zähne und Knochen von Pestopfern zwei Varianten des Bakteriums Yersinia pestis als Schuldige identifiziert.
Bei den übrigen 29 Problemen ging es immerhin in irgendeine Richtung voran. Hier eine Auswahl der interessantesten Fortschritte:
Wo, wann und wie pflanzen sich Aale fort?
Die Größe der Tiere, die man mit Hilfe von Telemetriegeräten in ihrem Alltag verfolgen kann, ist nach unten durch die Größe der verfügbaren Sender begrenzt. Diese Grenze aber verschiebt sich von Jahr zu Jahr, sodass man mittlerweile zumindest die größten und kräftigsten Aale mit Sendern ausrüsten kann. Das dafür verwendete taschenlampenförmige Gerät ist 15 Zentimeter lang, kostet 4000 Euro und misst alle 15 Minuten Lichtverhältnisse, Tauchtiefe und Wassertemperatur. Nach einem festgelegten Zeitraum fällt der Sender ab, steigt an die Meeresoberfläche und sendet die gesammelten Daten via Satellit an die Aalforscher. 2006 wurden 22 Aale damit ausgerüstet, von denen sieben sich sofort mit dem teuren Sender aus dem Staub machten. Die übrigen 15 wurden zwei Monate lang verfolgt, und im Jahr 2009 erschien eine erste Veröffentlichung auf der Basis dieser Daten. So kam jetzt immerhin ans Licht, dass die Aale nicht auf dem kürzesten Weg Richtung Sargassosee schwimmen, sondern zunächst auf die Azoren zusteuern. Was danach geschieht, ist weiterhin unbekannt. Forscher vermuten, dass sich die Aale in die dort vorherrschende Südwestströmung einfädeln und so ihre Reise beschleunigen. Tagsüber tauchen sie bis zu 1000 Meter ab, nachts halten sie sich in 200 bis 300 Meter Tiefe auf. Die Senderaale legten nur fünf bis 25 Kilometer pro Tag zurück, das ist zu langsam, um die vermuteten Laichgründe zur angenommenen Laichzeit im April zu erreichen. 2008 wurden neue Aale mit Sendern versehen, die diesmal erst viel später abfallen sollten, im Idealfall am Ziel ihrer Reise. Bis zum Erscheinen dieses Buchs waren jedoch noch keine neuen Ergebnisse veröffentlicht.
Die Datenauswertung fand im Rahmen des auf vier Jahre angelegten europäischen Forschungsprojekts EELIAD statt. Das Akronym steht für «European Eels in the Atlantic: Assessment of Their Decline», und die investierten vier Millionen Euro sollen nur nebenbei die Neugier unserer Leser befriedigen. In erster Linie geht es darum, dass die Fischfangindustrie gern mehr Aale nach Europa zurückkehren sähe. Letztlich werden die fortschreitende Miniaturisierung von Telemetriegeräten und der menschliche Wunsch, möglichst viele Aale zu essen, wohl in naher Zukunft zur Enträtselung der Aalgeheimnisse führen.
Wer waren die ersten Amerikaner , und wie kamen sie nach Amerika?
2002 entdeckten Forscher in den Paisley-Höhlen in Oregon Koproliten, in anderen Worten: versteinerte menschliche Exkremente. Die Analyse dieses Fundes wurde 2008 veröffentlicht: Laut C14-Datierung sind die Fundsachen 14 300 Jahre alt, also über 1000 Jahre älter als das bis dahin akzeptierte Datum der ersten Besiedlung Amerikas. Sie stammen aus den Gedärmen eines Menschen, der sich seine spätere Unsterblichkeit vermutlich anders erträumt hat und dessen Vorfahren aus Ostasien kamen.
Ein ebenfalls 2008 veröffentlichtes neues Modell auf der Basis von DNA-Daten geht davon aus, dass Nordamerika nicht, wie bis dahin angenommen, von nur rund 100 Menschen, sondern von einigen Tausenden besiedelt wurde. Auf der damaligen Bering-Landbrücke zwischen Asien und Nordamerika mussten diese Siedler 20 000 Jahre warten, bis zwei hinderliche Gletscher weggeschmolzen waren. Vielleicht waren die Menschen damals geduldiger als heutige Bahnpassagiere, vielleicht verbrachten sie aber auch einen Großteil der 20 000 Jahre mit Murren,
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