Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)
Auf-die-Uhr-Sehen und Leserbriefschreiben.
Italienische Forscher stellten 2009 eine Theorie vor, der zufolge Nordamerika vor etwa 15 000 bis 17 000 Jahren fast zeitgleich von zwei unterschiedlichen Gruppen besiedelt wurde. Das bedeutet unter anderem, dass die Siedler nicht notwendigerweise einer einzigen Sprachfamilie angehörten, womit sich viele linguistische Probleme elegant aus dem Weg räumen ließen. Die Studie beruht auf einer DNA-Analyse, die für einen Marker namens D4h3 einen Ausbreitungsweg von der Beringbrücke entlang der Pazifikküste bis nach Feuerland nahelegt. Eine zweite Gruppe mit dem Marker X2a könnte sich ungefähr zur selben Zeit durch einen eisfreien Korridor im Innern Kanadas nach Süden verbreitet haben, begnügte sich aber mit der Besiedlung Nordamerikas.
Gibt es Dunkle Materie, und, wenn ja, woraus besteht sie?
Weiterhin halten die meisten, die am Problem der Dunklen Materie arbeiten, die WIMPS («weakly interacting massive particles») für die beste Erklärung des Phänomens. Hierbei handelt es sich um submikroskopische Teilchen, die mit Materie nur extrem schwach wechselwirken und daher nicht so einfach nachzuweisen sind. Nach wie vor gibt es eine Reihe von WIMPS-Kandidaten, nach wie vor wurden sie nicht gefunden.
Nicht mehr ganz ins «Lexikon des Unwissens» schaffte es die Entdeckung von Dunkler Materie im «Bullet Cluster», einer Stelle im Universum, an der zwei Haufen von Galaxien miteinander kollidieren. Durch schlaue Techniken konnte man im Jahr 2006 zeigen, dass die Gesamtmasse des Haufens an einer anderen Stelle sitzt als der Großteil der sichtbaren Masse. Während das sichtbare Zeug bei der Kollision abgebremst wurde, flog die Dunkle Materie ungebremst weiter – wie ein Fahrradfahrer, der nach dem Blockieren der Vorderradbremsen nach vorne geschleudert wird. Der Bullet Cluster gilt heute für viele als letzter, eindeutiger Beweis für die Existenz von Dunkler Materie, insbesondere in Abgrenzung zu den Alternativtheorien, die unter der Bezeichnung MOND laufen. Deren Befürworter, zum Beispiel der an der Universität Bonn arbeitende Astronom Pavel Kroupa, sehen das naturgemäß anders. Er führt ein Blog mit dem Titel «The Dark Matter Crisis» und forderte am 19. November 2010 einen der Befürworter des Dunkle-Materie-Szenarios zu einer öffentlichen Diskussion in Bonn heraus. Selten werden wissenschaftliche Dispute an einem Abend geklärt; die Debatte endete unentschieden, und der Streit geht weiter.
Schließlich noch eine gute Nachricht: Die rätselhafte Verlangsamung der Pioneer-Sonde, die unter anderem mit Hilfe von Dunkler Materie und mit allen möglichen anderen exotischen Einflüssen erklärt werden sollte, kann vielleicht bald zu den Akten gelegt werden. Seit der Entdeckung des Effekts im Jahr 1980 sind Hunderte von Publikationen zum Thema geschrieben worden, und im Jahr 2005 begann eine neue gründliche Analyse, bei der eine der größeren Herausforderungen darin bestand, alle alten Daten wiederzufinden (zum Teil in Mülltonnen) und in brauchbare Formate zu konvertieren. Die endgültigen Ergebnisse sind zwar noch nicht verfügbar (Stand: Februar 2011), sollen aber demnächst erscheinen, und sie deuten auf einen eher trivialen Effekt hin: Die Sonde ist an einer Seite ein kleines bisschen weniger warm als an der anderen, strahlt daher auf einer Seite weniger Photonen ab und wird wegen des Rückstoßes der überschüssigen Photonen langsamer. Die eher phantastischen Erklärungen scheinen aus dem Rennen zu sein.
Wie entstand Hawaii ?
Hier ging es um die Frage, ob die Inseln von Hawaii durch einen Strom von heißem Material, das aus den Tiefen der Erde nach oben steigt (eine sogenannte Mantelplume), entstanden sind oder auf andere Weise. Im «Lexikon des Unwissens» hieß es, dass die Gegner der Plume-Hypothese in letzter Zeit zahlreicher und lauter geworden sind. Das mag zwar stimmen, eine Außenseiterposition war es trotzdem und ist es heute vermutlich erst recht. Die überwiegende Mehrheit der Geologen hält weiterhin zu Mantelplumes, und es ist nicht ganz klar, wie es das Problem überhaupt ins Buch geschafft hat, denn richtiges Qualitätsunwissen ist die Sache mit den Mantelplumes nicht.
Warum Hawaii entstanden ist, mag einigermaßen geklärt sein, aber warum Hawaii genau da entstanden ist, wo man es heute vorfindet, liegt im Dunkeln. Lange Zeit ging man davon aus, dass Plumes ortsfest in der Erde sitzen, aber schon vor einigen Jahren stellte sich heraus,
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