Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)
dass die von Hawaii sich im Laufe der Zeit krümmt. Die Basis, tief unten in der Nähe des Erdkerns, sitzt zwar fest, aber das obere Ende der Plume bewegte sich im Laufe der letzten 100 000 Jahre um mehr als 1000 Kilometer nach Süden. Warum es das tut, ist noch nicht klar. Der Vorgang läuft zum Glück sehr langsam ab, man muss sich keine Sorgen machen, Hawaii beim nächsten Besuch nicht wiederzufinden.
Ist die Indus-Schrift überhaupt eine Schrift, und, wenn ja, was bedeuten die erhaltenen Inschriften?
Die vielen tausend Inschriften der 5000 Jahre alten Harappa-Kultur sind weiterhin unentschlüsselt, allerdings ist inzwischen klarer, dass es sich tatsächlich um Schrift handelt und nicht nur um eine Ansammlung von Symbolen. Der Informatiker Rajesh P. N. Rao untersuchte mit Hilfe mathematischer Modelle die Flexibilität der Reihenfolge, in der die Zeichen aufeinanderfolgen. Natürliche Sprachen unterscheiden sich in dieser Flexibilität deutlich von Programmiersprachen und von nichtsprachlichen Zeichenketten wie der DNA. Die Indus-Schrift liegt dabei ganz in der Nähe anderer alter Sprachen wie Sumerisch und Alt-Tamilisch und weit entfernt von den Ergebnissen nichtsprachlicher Zeichenfolgen. Rao und Kollegen erfassten unter anderem, mit welcher Wahrscheinlichkeit auf eine Zeichenkette ein bestimmtes Zeichen folgt (im Deutschen etwa folgt auf ein sc praktisch immer ein h). Als Nebeneffekt der Forschungsarbeit lassen sich Lücken in den Inschriften jetzt mit dem wahrscheinlichsten Zeichen auffüllen.
Warum klebt Klebeband ?
Kleben ist ein wichtiges und einträgliches Geschäft, und so war die Klebeforschung auch in den letzten Jahren wieder sehr produktiv. 2008 fanden Forscher an der University of California in Los Angeles heraus, dass Tesafilm erstaunliche Mengen Röntgenstrahlen abgibt, wenn man ihn im Vakuum abrollt, und veröffentlichten das Tesafilm-Röntgenbild eines Fingers. Seit 2009 weiß man etwas genauer, wie der Superkleber funktioniert, mit dem sich Seepocken festhalten. Zwei Materialwissenschaftler veröffentlichten 2010 neue Erkenntnisse über die Klebrigkeit von Spinnennetzen, und auch der Nachbau von Geckofüßen kommt langsam voran. Die im «Lexikon des Unwissens» behandelte Frage, warum Klebeband und Post-it-Notizzettel kleben, ist aber noch offen, zudem stellt sich jetzt die Frage, woher eigentlich die ziemlich hohe Energie der Tesafilm-Röntgenstrahlung stammt.
Wie entstehen Kugelblitze ? Gibt es sie überhaupt?
Forscher an der Universität Innsbruck stellten 2010 ein neues Erklärungsmodell aus der beliebten «Kugelblitz als Illusion»-Reihe vor. Stimuliert man in medizinischen Experimenten die Netzhaut durch Magnetfelder, dann berichten die Versuchspersonen oft von Lichtwahrnehmungen, die einem Kugelblitz nicht unähnlich sind. Auch Blitze erzeugen Magnetfelder, die in den Köpfen der Umstehenden einen Kugelblitz auftauchen lassen könnten, wo in Wirklichkeit gar keiner ist. Kritiker wenden ein, auf diese Art ließen sich nur weiße oder blasse Lichterscheinungen erzeugen, während Kugelblitze schon in allen Farben aufgetaucht seien. Auch gibt es Kugelblitzberichte, in denen mehrere Beobachter die Lichterscheinung in dieselbe Richtung wandern sehen. Halluzinationen, auch magnetisch ausgelöste, benehmen sich aber in jedem Kopf anders. Der Beitrag über die Hypothese im universitätseigenen Magazin «zukunft forschung» stand wie üblich unter dem Titel «Kugelblitz-Geheimnis entschlüsselt». Bis dahin dauert es aber vielleicht doch noch ein bisschen.
Wie entstehen Kugelsternhaufen ?
Der große Durchbruch bei den offenen Fragen zum Ursprung von Kugelsternhaufen ist zwar nicht erkennbar, aber es geht seit 2007 in vielen kleinen Schritten vorwärts. Vor allem findet man Berichte über neue Beobachtungen von Kugelsternhaufen in allen möglichen Galaxien. Nur zwei interessante Neuigkeiten: Wir wissen jetzt, dass sich in großen Ansammlungen von Galaxien Tausende Kugelsternhaufen befinden, die nicht direkt mit einer Galaxie assoziiert sind, wie man bisher annahm, sondern zwischen den Galaxien herumfliegen. Über solche frei marodierenden Kugelsternhaufen ist lange spekuliert worden, unter anderem, weil Interaktionen zwischen Galaxien dazu führen sollten, dass ein paar Kugelsternhaufen aus den Galaxien herausfliegen. Bisher jedoch wusste niemand so genau, wie viele es davon gibt und was sie in ihrer Freizeit tun.
Außerdem stellte sich in den letzten Jahren heraus, dass die Anzahl der
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