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Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)

Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)

Titel: Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz , Kai Schreiber
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schon ein paar Millionen Lichtjahre entfernt, das heißt, ihr Licht ist Millionen Jahre unterwegs, bis es bei uns ankommt. Nun sind ein paar Millionen Jahre ein Klacks verglichen mit dem Alter des Universums von 13 Milliarden Jahren. Um wirklich irgendwas über langfristige Trends in der Expansionsrate des Universums sagen zu können, muss man sich Galaxien ansehen, die ein paar Milliarden Lichtjahre weg sind. Man misst, wie weit ihr Licht rotverschoben ist, rechnet daraus die Geschwindigkeit aus, mit der sie sich von uns wegbewegen, vergleicht mit Galaxien, die näher liegen, und fertig.
    Der Haken bei der Sache ist die Bestimmung der Entfernung, traditionell eines der größten Probleme in der Astronomie. Dafür steht ein ganzes Arsenal von Methoden zur Verfügung, die alle in einem bestimmten Entfernungsbereich funktionieren. Eine dieser Methoden, die für weit entfernte Galaxien zum Einsatz kommt, beruht auf Supernovä mit der Typbezeichnung Ia, wobei es sich um explodierende Weiße Zwerge handelt. Wie es zu der Explosion kommt, soll uns hier nicht kümmern, wichtig ist nur die Tatsache, dass sie immer auf die gleiche Art abläuft. Durch die Explosion wird der Weiße Zwerg vollständig zerrissen und für kurze Zeit extrem hell, etwa 5 Milliarden Mal heller als die Sonne. Objekte, die eine einigermaßen genau definierte Helligkeit haben, heißen bei Astronomen «Standardkerzen» und erfreuen sich großer Beliebtheit, eben weil man sie zur Entfernungsmessung einsetzen kann.
    Wenn so eine Supernova in einer weit entfernten Galaxie passiert, dann kommt sie uns natürlich nicht 5 Milliarden Mal so hell vor wie die Sonne – der Segen der Entfernung. Die scheinbare Helligkeit von Objekten nimmt präzise mit dem Quadrat ihrer Entfernung ab. Das ist der Grund, warum wir überhaupt Teleskope brauchen, um etwas über Supernovä zu erfahren. Wir nehmen also unsere Supernova und messen, wie hell sie uns erscheint. Dann schlagen wir nach, wie hell sie in Wirklichkeit ist, zum Beispiel im vorigen Absatz. Aus dem Verhältnis von scheinbarer und tatsächlicher Helligkeit ergibt sich ohne Probleme die Entfernung.
    Mit Rotverschiebung und Entfernung sind jetzt die beiden wesentlichen Voraussetzungen zum Ausmessen der Expansionsrate des Universums bekannt. Und so funktioniert es in der Praxis: Man nimmt ein Teleskop und macht Bilder von einer bestimmten Himmelsgegend, und zwar nicht nur eins, sondern eine ganze Serie über viele Wochen, Monate, Jahre. Von Vorteil ist, wenn die Gegend möglichst viele Galaxien enthält und nicht mit lästigem Zeug in der näheren Umgebung, zum Beispiel Staubwolken in unserer eigenen Galaxie, vollgestellt ist. Man vergleicht das Bild vom Himmel mit einer älteren Aufnahme derselben Gegend. Findet man einen Stern, der vorher nicht da war, könnte es eine Supernova vom Typ Ia sein. Anlass genug, genauer nachzusehen. Man findet heraus, ob es wirklich die gesuchte Supernova ist, und leitet aus der Helligkeit die Entfernung ab. Weil wir die Geschwindigkeit des Lichts kennen, folgt daraus, wie lange das Licht zu uns gebraucht hat, das heißt, wie alt die Supernova ist, die wir da sehen. Dann misst man, wie weit das Licht rotverschoben ist, und bestimmt daraus, wie schnell sich die Galaxie, in der sich die Supernova befindet, von uns wegbewegt. Es ist ein langwieriges und aufwendiges Verfahren, das viele Jahre harte Arbeit verschlingt, aber am Ende wissen wir, wie schnell sich das Universum zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit ausgedehnt hat.
    Macht man das Ganze für eine größere Menge von Galaxien, stellt sich Folgendes heraus: Bis zu Entfernungen von etwa einer Milliarde Lichtjahren ist die Expansion schön gleichmäßig, das heißt, sie wird weder langsamer noch schneller, wie bei einem normalen Hefeteig zu erwarten. Aber bei größeren Entfernungen zeigt sich etwas Seltsames: Die Expansion wird langsamer. Weil große Entfernungen gleichbedeutend mit einem Blick in die Vergangenheit sind, folgt daraus, dass die Expansion in der Vergangenheit langsamer war als heute, oder mit anderen Worten: Sie wird schneller , nicht etwa langsamer, wie man erwarten könnte, wenn die Schwerkraft die Expansion allmählich abbremsen würde. Irgendeine mysteriöse Kraft treibt den Hefeteig auseinander – eine Art Antischwerkraft, die man Dunkle Energie nennt, was endlich auch den am Anfang erwähnten Zeit -Titel erklärt.
    Dieses Ergebnis ist so überraschend, dass man besser gleich nochmal genauer

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