Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)
aktuellem Wissensstand geht die Expansion ewig weiter. Das Universum wird immer größer, was dazu führt, dass es immer kälter und dunkler wird. Galaxien werden sich mit immer größeren Geschwindigkeiten von uns wegbewegen, bis ihr Licht irgendwann so weit ins Rote verschoben ist, dass wir es nicht mehr sehen können, weder mit den Augen noch mit anderen Gerätschaften. Sie verschwinden regelrecht. Abgesehen von den paar Galaxien, die sich in direkter Nachbarschaft befinden und mit unserer Milchstraße durch die Schwerkraft zusammengehalten werden, wird das Universum uns leer vorkommen. Zugegeben, bis dahin werden noch circa zweitausend Milliarden Jahre vergehen. In dieser fernen Zukunft besteht keine Chance mehr, etwas über die Expansion des Universums oder die Dunkle Energie zu erfahren, weil alles Expandierende unsichtbar sein wird. Noch eine bizarre Eigenschaft der Dunklen Energie: Das Universum ist offenbar so eingerichtet, dass man als Astronom die Auswirkungen der Dunklen Energie nur für eine begrenzte Zeit sehen kann. Damit können wir uns sicher ein paar Milliarden Jahre lang vor unseren Nachkommen wichtigmachen.
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Erdbebenvorhersage
Civilization exists by geological consent, subject to change without notice.
Will Durant
Zunächst die gute Nachricht: Erdbeben sind nichts Geheimnisvolles, wir wissen ziemlich gut, warum es sie gibt und wie sie entstehen. Wir wissen außerdem, dass Erdbeben die Angewohnheit haben, alles Mögliche kaputt zu machen, ohne vorher auf eine Art Bescheid zu sagen, die wir verstehen könnten, zum Beispiel mit Hilfe von Lautsprecherdurchsagen. Sie können Städte zerstören, Zigtausende Menschen in kurzer Zeit umbringen, die Wasser-, Elektrizitäts- und Internetversorgung unterbrechen, große Landstriche unter Wasser setzen, die Weltwirtschaft durcheinanderbringen, Nachrichtensendungen für Wochen in Beschlag nehmen und Wiederaufbauprogramme in Gang setzen, alles Dinge, die man sonst nur durch komplexe militärische Manöver hinbekommt (→Krieg). Daher ist es verständlich, warum es ein gewisses Interesse daran gibt, die Zeit, den Ort und die Stärke von Erdbeben zuverlässig vorhersagen zu können. Leider sind solche Vorhersagen bis heute nur ein schöner Traum.
Die Erde besteht vor allem aus dem flüssigen Erdkern und dem Erdmantel, der teilweise flüssig und ansonsten zwar fest, aber plastisch verformbar ist. Fast alles in der Erde hat eine Konsistenz, die irgendwo zwischen Götterspeise, Knetmasse und Ketchup liegt. Der einzige Teil, der wirklich fest ist und auf dem man einigermaßen herumlaufen kann, ist die dünne Erdkruste, die das wacklige Ding umhüllt. Diese Kruste besteht aus großen Platten, die wiederum aus kleineren Brocken bestehen und so weiter, bis man nur noch einen Kieselstein in der Hand hält. Wenn sich das Zeug unter der Erdkruste bewegt – also ständig –, dann bewegen sich die ganzen Teile der Erdkruste auch; sie schwimmen langsam auf ihrer wabbligen Unterlage herum, ein Vorgang, der Plattentektonik heißt und im «Lexikon des Unwissens» ausführlich diskutiert wird. Verschiebt sich eine Platte, stehen ihr die anderen Platten im Weg und können nicht ausweichen. Die Erdkruste wird zusammengepresst, deformiert und verbogen, bis sie die Spannung nicht mehr aushält und kaputtgeht. Erdbeben entstehen, wenn Teile der Erdkruste zerbrechen.
Will man Erdbeben vorhersagen, sollte man erst mal klären, was man mit «Vorhersage» eigentlich meint. Zum einen kann man das Erdbebenrisiko für eine bestimmte Region ermitteln. Solche Prognosen lassen sich handlich in Landkarten darstellen, auf denen besonders erdbebengefährdete Gebiete zum Beispiel rot aussehen. In diesen Gebieten baut man dann am besten keine Staudämme oder Atomkraftwerke (→Radioaktivität). Unter Erdbebenvorhersage versteht man jedoch meistens etwas anderes, nämlich die öffentliche Ankündigung, dass am nächsten Dienstag die Erde beben wird, und zwar an einem festgelegten Ort, zum Beispiel in Antofagasta, sodass man Gelegenheit hat, diesen Ort rechtzeitig zu verlassen oder zumindest den Kochtopf vom Herd zu nehmen.
Der Unterschied zwischen beiden Arten der Vorhersage wird klarer, wenn man zum Vergleich das Wetter betrachtet, ein anderes Naturphänomen, bei dem wir gern im Voraus wüssten, was passieren wird. Eine Prognose wäre so etwas wie ein Klimadiagramm, das einem sagt, welche Temperaturen man im Mittel im Juli in München erwarten kann. Das ist zwar eine
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