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Das neue Philosophenportal

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Titel: Das neue Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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sich in einem Haus in La Flêche ein, jenem kleinen Ort in der Provinz
     Anjou, in dem René Descartes, der große rationalistische Gegenspieler des Empirismus, seine Ausbildung in einer Jesuitenschule
     erhalten hatte. Hier schrieb Hume den
Traktat über die menschliche Natur
, sein erstes wichtiges Werk, in dem die Erfahrung zum Ausgangspunkt sowohl einer neuen Erkenntnistheorie als auch einer neuen
     Moralphilosophie wurde. Die drei Bände des
Traktats
erschienen zwischen 1739 und 1740 in London, gefolgt von einer kleinen Schrift, die er als
Abstract
, also als Kurzzusammenfassung seines größeren Werks, bezeichnete.
    Hume glaubte, dass in einer neuen und realistischen Sicht des Menschen der Schlüssel zur Lösung aller philosophischen Fragen
     liegt. Ob wir nun Erkenntnistheorie, Metaphysik oder Moralphilosophie betreiben, wir müssen wissen, welche natürlichen Anlagen
     und welche Erkenntnismöglichkeiten der Mensch hat. Dabei müssen Experiment und Beobachtung an die Stelle von metaphysischer
     Spekulation treten. Mit Humes Philosophie erreichte eine Debatte ihren Höhepunkt, in der sich der Empirismus gegen die Behauptungrationalistischer Philosophen wie Descartes, Spinoza oder Leibniz wandte, es gebe Wahrheiten, die der Vernunft unmittelbar,
     also ohne den Weg über die Erfahrung, einsichtig seien. Dazu gehörte z.   B. die Erkenntnis der Existenz Gottes, der Unsterblichkeit der Seele, aber auch die Überzeugung, dass alle Vorgänge in der
     Natur eine Ursache haben.
    Das Ergebnis, zu dem Hume gelangte, war allerdings nicht nur für die rationalistische Metaphysik, sondern auch für den Empirismus
     selbst niederschmetternd. Nicht nur die sogenannten »Vernunftwahrheiten« stehen auf wackligen Beinen, so seine Diagnose, sondern
     auch der Glaube an eine sichere Erkenntnis der Wirklichkeit auf empirischer Basis. So beruht unser Glauben, dass bestimmte
     Ereignisse andere Ereignisse notwendig hervorrufen – also das, was wir normalerweise unter »Kausalität« verstehen   –, auf einer falschen Schlussfolgerung, zu der uns die menschliche Einbildungskraft verführt. Wir machen bestimmte sinnliche
     Erfahrungen und speichern sie in der Erinnerung, z.   B. dass jede Berührung einer Flamme die Empfindung der Hitze nach sich zieht. Was wir wirklich erfahren haben, ist eine regelmäßige
     Aufeinanderfolge zweier Phänomene. Unsere Schlussfolgerungen gehen aber darüber hinaus. Wir glauben, dass diese beiden Phänomene
     notwendig als Ursache und Wirkung miteinander verknüpft sind. Wir schließen also fälschlicherweise von einer beobachteten
     Regelmäßigkeit auf eine gesetzmäßige Notwendigkeit. Mit dieser Kritik am Kausalitätsdenken hatte Hume eine der heiligen Kühe
     der philosophischen Tradition geschlachtet und sich zugleich in eine etwas ungemütliche Situation hineinmanövriert.
    Auf der Suche nach gesicherter Erkenntnis war er überall auf die trügerischen Aktivitäten der menschlichen Einbildungskraft
     gestoßen, und dort, wo »Wahrheiten« geschrieben standen, hatte er immer nur »Schimären« vorgefunden. Der Empirismus war in
     einen Skeptizismus eingemündet.
    Auch die Aufnahme des Buches konnte ihm keine Freude bereiten. »Nie ist es«, so schrieb er später, »einem literarischen Unternehmen
     unglücklicher ergangen als meinem
Traktat über die menschliche
Natur
. Als Totgeburt fiel er aus der Presse und fand nicht einmal so viel Beachtung, um wenigstens unter den Eiferern ein kleines
     Murren zu erzeugen.«
    Allerdings verdankt die Welt gerade diesem Misserfolg die
Untersuchung über den menschlichen Verstand.
Denn Hume hatte nicht vor, sich wieder von der philosophischen Bühne abzumelden. Er machte sogar einen Versuch, einen Lehrstuhl
     an der Universität Edinburgh zu erhalten, der jedoch scheiterte. Vor allem aber war er entschlossen, einen neuen Anlauf zu
     nehmen, um seinen philosophischen Thesen Beachtung zu verschaffen.
    Er begann eine neue, populärere literarische Form zu wählen, um seine Ideen darzustellen: den Essay. Zwischen 1741 und 1748
     veröffentlichte er mehrere Essaybände zu Fragen der Moral, der Politik, der Religion und Metaphysik. Sie erwiesen sich als
     ungleich erfolgreicher als der frühe
Traktat
. So zog sich Hume im Januar 1747 in seinen Heimatort Ninewells zurück, um wichtige Thesen des
Traktats
in eine essayistische Form zu gießen. Inzwischen hatte ihn der einflussreiche britische General Sinclair als Begleiter auf
     militärischen und

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