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Mit seinen Zweifeln an der Gültigkeit des induktiven Schlusses hat Hume eine empiristische Kritik am Empirismus vorgelegt
und den Nerv dessen getroffen, was seine Vorgänger von Bacon bis Locke als wissenschaftliche Methode gerechtfertigt hatten.
Die auf Experiment und Beobachtung beruhende Induktion hatte man der deduktiven Methode der Rationalisten entgegengehalten.
Diese war von Axiomen, von allgemeinen Prinzipien, ausgegangen und hatte von dort durch eine Ableitung »von oben nach unten«
auf besondere Fälle geschlossen. Doch wenn man nach Hume Beobachtung und Experiment als Grundlage unserer Erkenntnis ernst
nimmt, so muss man auch die Induktion als einen jener unzulässigen Vernunftschlüsse ansehen, die zu den Irrtümern der Metaphysik
gehören.
Wenn von unserer Vernunft keine gesicherten Wahrheiten zu erwarten sind, wem kann man überhaupt vertrauen? Auf diese Fragegibt Hume eine ebenso pragmatische wie erfahrungsorientierte Antwort. Gefühl und Instinkt sind für ihn verlässlichere Orientierungshilfen
als unsere rationalen Fähigkeiten. Wir können zwar nicht wissen, ob die Sonne morgen früh, wie in all den Jahren zuvor, wieder
aufgehen wird. Doch Erfahrung, Gewohnheit, Gefühl und vor allem die angeborene Neigung, an die Gleichförmigkeit der Naturabläufe
zu glauben, erlauben uns, dies auch weiterhin zu erwarten. Wir betrachten den Prozess der Gesetzmäßigkeit der Natur als Hypothese.
Im Gegensatz zu einem großen Teil der philosophischen Tradition macht Hume die Vernunft nicht zum Herrscher, sondern zum Diener
von Gefühl und Instinkt.
Unsere Gewohnheit, aus der Gleichheit von Umständen auf die Gleichheit von Folgen zu schließen, steht für Hume auch Pate für
die Lösung eines der ältesten Probleme der Metaphysik: der Frage nämlich, ob der Mensch einen freien Willen hat und damit
nicht ausschließlich dem Zusammenhang von Ursache und Wirkung in der Natur unterworfen ist. Nur ein solcher freier Wille scheint
zu garantieren, dass der Mensch für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden kann.
Im Grunde, so Hume, handelt es sich hier lediglich um einen Wortstreit. Denn die Gleichförmigkeit, die wir bei Ursache-Wirkung-Beziehungen
in der Natur annehmen, nehmen wir auch bei menschlichen Handlungen an: Die gleichen Umstände, Motive und Beweggründe rufen
bei gleichen Charakteren auch die gleichen Handlungsweisen hervor. Es gibt deshalb keinen Grund, von einer unabhängigen Willensursache
auszugehen.
Dennoch ist es sinnvoll, an der Idee der menschlichen Freiheit festzuhalten. An die Stelle einer philosophisch nicht haltbaren
Willensfreiheit setzt Hume eine Freiheit, die in der Möglichkeit besteht, einen Willensentschluss in die Tat umzusetzen. Im
19. Jahrhundert hat Arthur Schopenhauer, wie Hume ein Kritiker der Willensfreiheit, diese Freiheit als »Handlungsfreiheit« bezeichnet.
Während ich keine Macht über die Motive habe, die meinen Willen bestimmen, habe ich doch Macht darüber, inwieweit ich den
Willensentschluss verwirkliche. In dieser Lösung sieht Hume Freiheit und Gesetzmäßigkeitmiteinander versöhnt und gleichzeitig die Idee der moralischen Verantwortlichkeit gerettet.
Der aufklärerische Charakter der
Untersuchung
Humes zeigt sich besonders deutlich in seiner Diskussion religiöser Themen. In der schottischen Öffentlichkeit als Atheist
verschrien, untersuchte er Thesen und Inhalte der christlichen Religion mit der gleichen Nüchternheit und nach den gleichen
Kriterien, die ihn gegenüber den Thesen der Metaphysik geleitet hatten. Auch hier muss nach Hume immer gefragt werden: Lassen
sich die Behauptungen der Religion durch Erfahrung stützen? Können sie einen Beitrag dazu leisten, die Welt zu erklären?
Hume beschäftigt sich in der
Untersuchung
vor allem mit zwei Themen der christlichen Theologie: der Möglichkeit von Wundern und dem sogenannten »teleologischen Gottesbeweis«,
der Behauptung also, dass sich die Existenz Gottes aus der Zweckmäßigkeit (von griech. »telos« = »Zweck«) und der Wohlgeordnetheit
des Kosmos erschließen lasse.
Wunder sind Ereignisse, die die Gleichförmigkeit der Naturabläufe durchbrechen. Es sind also Ereignisse, die man normalerweise
nicht erlebt und deren Glaubwürdigkeit von der Glaubwürdigkeit derjenigen abhängt, die uns diese Wunder bezeugen. Ist eine
Falschaussage oder Täuschung dieser Zeugen unwahrscheinlicher als das berichtete Ereignis, so wäre dies
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