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hervorbringt.
Auch für Hume baut alle Erkenntnis auf »Perzeptionen«, auf sinnlichen Wahrnehmungen, auf, und auch er hält Aussagen über Dinge
der Außenwelt für nicht möglich. Dennoch verzichtet er darauf, auf Gott als Ursache unserer Wahrnehmungswelt zurückzugreifen.
Im Gegenteil: Im religionskritischen Teil seiner Essays versucht Hume, die Illusion zu zerstören, die Existenz Gottes könne
mit den Mitteln der Vernunft bewiesen werden.
Hume unterscheidet zwischen unmittelbaren, deutlichen Perzeptionen, die er »impressions«, d. h. »Eindrücke«, und minder lebhaften, die er »ideas«, also »Vorstellungen« nennt. »Vorstellungen« sind »Eindrücke«, die wir
mit Hilfe unseres Gedächtnisses gespeichert haben. Auf der Basis der Eindrücke verbinden wir einfache zu komplexen Vorstellungen.
Alle Vorstellungen haben also ihren Ursprung in der sinnlichen Erfahrung und damit keinen eigenen Erkenntniswert. Sie sind
wie Abbilder eines Originals, wie mehr oder mindergut erhaltene Fotos einer Wirklichkeit, die wir einmal mit eigenen Augen gesehen haben. Wahre Vorstellungen zeichnen sich
dadurch aus, dass sie immer eng an die Eindrücke, d. h. die unmittelbaren sinnlichen Erfahrungen, angebunden bleiben. Der Grund für viele Irrtümer liegt nach Hume darin, dass
die Einbildungskraft des Menschen auch neue Vorstellungen entwickeln kann, die keinen direkten Bezug zur Erfahrung mehr haben.
Unsere Einbildungskraft verknüpft Vorstellungen mittels Assoziation. Durch sie erzeugen wir aus einzelnen Vorstellungen eine
zusammenhängende Vorstellungswelt. Hume unterscheidet drei Arten von Assoziationen: eine Assoziation aufgrund von Ähnlichkeit,
eine Assoziation aufgrund von zeitlicher und räumlicher Nähe und eine Assoziation aufgrund einer Ursache-Wirkung-Beziehung.
Sehe ich z. B. das Foto einer Person, lenke ich meine Gedanken unwillkürlich zu dieser Person selbst oder einer Person, die ihr gleicht.
Komme ich in eine Straße, die ich von früher kenne, schweifen meine Gedanken zu dem Haus, in dem ich einmal gewohnt habe.
Am wichtigsten für die Herstellung einer einheitlichen Vorstellungswelt ist aber die Ursache-Wirkung-Verknüpfung. Sie liegt
auch den naturwissenschaftlichen Gesetzen zugrunde, mit denen wir unsere Welt theoretisch erklären. Hume erneuert hier seine
Kausalitätskritik aus dem
Traktat
und verbindet sie mit einer Kritik der Induktion, des Schlusses von einzelnen Fällen auf eine allgemeine Gesetzmäßigkeit.
Eine der »dunklen« metaphysischen Vorstellungen, die Hume zurückweisen möchte, ist die, dass materielle Kräfte oder Energien
als Ursachen bestimmter Wirkungen gelten – so etwa, wenn eine Billardkugel auf eine andere Kugel trifft und diese vermeintlich
in Bewegung setzt. Doch in Wirklichkeit erscheint den äußeren Sinnen nur, dass der Anstoß der einen Billardkugel die Bewegung
der zweiten folgen lässt. Die Annahme einer wirkenden Kraft ist Produkt unserer spekulativen Fantasie. »Die Weltbegebenheiten«,
so Hume, »ziehen in stetigem Wechsel vorüber, ein Gegenstand reiht sich dem anderen in ununterbrochener Folge an; aber die
Macht oder die Kraft, welche die ganze Maschine in Tätigkeit erhält, ist uns gänzlichverborgen ...« Da wir eine solche innere Kraft nicht voraussetzen können, müssen wir auch auf die Annahme verzichten, das Aufeinandertreffen
der beiden Kugeln habe »notwendigerweise« eine Bewegung zur Folge. Wir gehen also zu weit, wenn wir den Anstoß der ersten
Kugel als »Ursache« und die Bewegung der zweiten als »Wirkung« interpretieren.
Der Kritik am Kausalitätsdenken folgt die für unser Verständnis von Wissenschaft folgenreiche Kritik an der Induktion. Im
induktiven Schluss schließen wir aus der wiederholten Beobachtung einer Ereignisfolge auf die Existenz eines Naturgesetzes.
Wir nehmen jeden Morgen den Aufgang der Sonne wahr, bis wir schließlich überzeugt sind, die Sonne »müsse« jeden Morgen im
Osten aufgehen. Dieser Schluss hat jedoch seinen Ursprung nicht in der Vernunft, sondern in der Gewohnheit. In Wahrheit, so
Hume, können wir nicht wissen, ob sich die Natur auch weiterhin mit ähnlicher Gleichförmigkeit verhalten wird wie in der Vergangenheit.
Aufgrund vergangener Regelmäßigkeit lässt sich die Zukunft nicht ableiten. Die Möglichkeit, Voraussagen über die Zukunft zu
treffen, ein wesentliches Kennzeichen wissenschaftlicher Gesetze, lässt sich also nicht durch die Erfahrung
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