Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
Innovationen will denn das Unternehmen? In welche Richtung will es generell? Wenn das bekannt wäre, könnte man viel leichter sehen, ob eine Innovation im Sinne des Unternehmens wäre oder nicht. Die Dilemmata beim Evaluieren kommen immer als folgende Frage zum Vorschein: »Was sind denn die Kriterien für ›gut‹ oder ›schlecht‹?« Die sind jeweils zwischen den OpenMinds und CloseMinds gar nicht geklärt, weil es sehr oft keine klare Strategie gibt. Es ist auch nicht unter den Parteien klar, ob das Unternehmen strategisch das erste am Markt sein will oder lieber als Beobachter und gegebenenfalls als »Follower« auftreten will. Alle diese Fragen werden bei jeder klitzekleinen Innovationsdiskussion wieder neu angeschnitten, weil sie nicht generell im Unternehmen beantwortet sind. Es gibt fast nie genug Leitlinien im Unternehmen. Ohne diese Leitlinien wirkt ein so dürftiger Prozess wie der beschriebene nicht. Im Gegenteil, der Prozess wird zum Albtraum, weil jeder Vorschlag in ausufernde Diskussionen um Kriterien mündet, die letztlich auf das Fehlen einer gemeinsamen Orientierung oder klaren Innovationskultur zurückzuführen sind.
Diese Diskussionen werden von Experten und Bereichsmanagern geführt, die selbst kaum Ahnung von Innovationen haben. Deshalb können Sie ohne Leitlinien und Kriterien gar nichts entscheiden. Ein Innovationsguru könnte das allein besser, weil er ja weiß, wann eine Innovation erfolgreich sein kann und wann nicht.
Jetzt könnte man einfach fordern, den ganzen Prozess abzuschaffen.Was aber tut man dann stattdessen? »Man kann Innovatoren eine Weile an ihrer Idee arbeiten lassen und sehen, was dabei überlebt.« Das ist die gegensätzliche, chaotische Meinung, die natürlich am Grundsatz, dass alles gemanagt werden
muss
, glatt zerschellt. Ich habe immer dafür plädiert, Leuten, die vielleicht eine gute Idee haben, so wie mir einen Erweckungslehrgang bei Gifford Pinchot III zu gewähren. Meine Idee war, die potenziellen Innovatoren vor ihrer Innovation zu schulen und sie auf alles vorzubereiten, was auf sie wartet. Sind sie bereit, ihre Freizeit für ein paar Jahre zu opfern? Werden sie mit »100 Prozent Mist leben« können? Man könnte potenzielle Innovatoren im Umgang mit höherem Management schulen, sie mit den Erwartungen von oben bekannt machen und so weiter …
So etwas schlage ich hier im hinteren konstruktiven Teil des Buches vor!
Ich war oft zornig, wie gesagt. Ich habe wütend behauptet, dass hier niemals etwas herauskommt. Warum werden Brainstorming-Themen nicht einfach acht Wochen vorher angekündigt, damit ich gut vorbereitet mit tollen Vorschlägen ins Meeting komme? Warum sind das immer solche unsäglichen Spontanveranstaltungen, wo es doch angeblich um die Zukunft des Unternehmens geht? Ich habe sehr oft folgende Antwort bekommen: »Ach, wissen Sie, wir wollen mit diesen Veranstaltungen die Mannschaft wieder etwas aufrütteln und ihr bedeuten, dass Innovation wichtig ist und nicht vergessen werden darf. In diesen Ideensessions werden die Probleme des Unternehmens ab und zu einmal von Leuten diskutiert, die sich ja im Tagesgeschäft nie begegnen. Nun sitzen hier Linienmanager, Controller und Personalmanager im Meeting alle halbe Jahre zusammen. Durch das erzwungene Brainstorming auf der Agenda schaffen wir es, dass sie mal wieder miteinander reden. Sie kommen auch immer zu dem Ergebnis, dass sie besser als Team zusammenarbeiten müssen. Im Meeting wird in den Diskussionen immer klar, wer welche Interessen hat, was er will und was er nicht will. Da verstehen Sie sich gegenseitig ein bisschen. Das ist für ein Meeting sehr viel! Sehr viel! Sie sind viel zu ungeduldig, Sie erwarten zu viel, Sie wollen immer Lösungen, wo es doch erst einmal um Linderung und ein bisschen Teamgeist geht.«
Wenn ein Innovator nun aber
trotzdem
seine Idee im Unternehmen zu einer Innovation führen will? Dann muss er den Prozess umgehenoder »irgendwie befriedigen«, wie man sagt. Umgehen ist leichter, braucht aber Mut! Befriedigen hat die Gefahr, dass es sehr viel Zeit kostet und der Idee Runde für Runde so viele kleine und große Kompromisse abfordert, dass die Idee zugrunde geht. Zum Schluss fragt dann bestimmt noch jemand schwach höhnisch: »Was ist daran neu?«
Das ist berechtigt – auch vom Ton her. Der Prozess schleift das Neue ab, weil die Interessengruppen im Unternehmen und die CloseMinds alle Unebenheiten herausnehmen, die nicht prozesskonform oder unternehmenskonform
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