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Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Titel: Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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Teams gegen sich. Hundert Mal habe ich dies erlitten: »Na, na, das wäre ja fast eine Revolution. Ich bin dafür, dass wir evolutionär vorgehen und in kleinen soliden Schritten Verbesserungen vornehmen. Das wird der Chef auch sicher so wollen. Mit einer weitreichenden Idee wird er vielleicht nicht zufrieden sein, und dann stehen wir dumm da, wir
müssen
doch eine gute Idee erzeugen, sonst war dieses Meeting umsonst.« Gute Ideen, die irgendwie ihre Antagonisten haben, finden praktisch nie eine Mehrheit.
Mehrheitsfähige Ideen haben keine starken Gegenargumente der CloseMinds, sonst wären sie nicht mehrheitsfähig. Die besten Ideen im Sinne des Meetingerfolgs sind Meta-Ideen: »Wir wollen keine Idee gleich verwerfen. Jeder Mitarbeiter bekommt eine zugeordnet und denkt etwas mehr darüber nach. Dann treffen wir uns wieder.« Oder: »Wir erarbeiten einen Flyer, dass alle Mitarbeiter innovativ sein sollen und dann bei uns im Team anrufen. Dadurch erzielen wir viel mehr Ideen, als wir heute haben.« Oder: »Wir streiten uns eigentlich nur deshalb, weil wir noch keine klaren Kriterien entwickelt haben, wann eine Idee gut ist oder nicht. Wir sollten also ein Subteamdamit beauftragen, Kriterien zu entwickeln und uns dann im ganzen Team präsentieren. Dann streiten wir uns weiter, welche Kriterien wir nehmen und welche nicht. Ohne Kriterien haben wir zu wenig Struktur.« Oder: »Wir bezahlen hier einen Gärtner, der jede Woche unsere Hydrokulturen wässert. Das sollten wir selbst übernehmen. Dann sparen wir Geld und verbessern unsere Kostenstruktur sofort.«
Wenn je eine Idee trotzdem auf allgemeines Wohlgefallen stoßen sollte, beauftragt man in mindestens 97 Prozent aller Fälle den Urheber der Idee mit der weiteren »Execution« oder Durchführung. Der kann es meist nicht, ist fast immer Amateur, hat am Tag voll mit seinem eigentlichen Job zu tun, hat so etwas noch nie versucht und kennt all die Problematiken nicht, die ich hier im Buch schier endlos aufliste. Wenn es hochkommt, schafft der Amateur es bis zum Flyer, dann geht es nicht weiter. Es gibt keine Ausbildung zum Innovator, keine Vorstellung, welche Qualifikationen der braucht – es gibt nicht einmal Rat. Meist sucht der frischgebackene Innovator auch keinen und geht allein ans Werk, die anderen haben eine hohe Quote und keine Zeit, sie gehen wieder an ihre Arbeit.
Dieser hier beschriebene Innovationsprozess wird praktisch niemals mit einem vorher beschlossenen Etat begonnen. »Wir schauen uns einmal die Ideen an, und danach schauen wir, wie viel Geld wir am Ende brauchen.« Wenn dann die Ideen wohlsortiert und evaluiert eintreffen, ist in der Regel kein Geld da. Es muss erst von einem »Investor« innerhalb eines Unternehmens beschafft werden. Wo und wie? Ist noch nicht geklärt. Es gibt dazu allenfalls vage Aussagen von ganz oben. Jetzt beginnt ein neuer Prozess, in dem die Idee wieder und wieder von anderen Personen im Management, im Controlling und so weiter angeschaut wird, die ihrerseits die Idee gar nicht gut kennen, aber jede Menge neuer Einwände haben: »Passt es in die Gesamtstrategie? Mag es der Oberboss? Gibt es Rechtsprobleme? Beeinträchtigt die Idee andere Ideen von anderen? Schadet sie bei Erfolg dem laufenden Geschäft (wie etwa das Gründen einer Internetbanktochter durch eine Bank)?« Wieder teilt die Idee alle Anwesenden in Protagonisten, OpenMinds, CloseMinds und Antagonisten – bloß dass jetzt die wirklichen Protagonisten (die Urheber der Idee) gar nicht bei den Diskussionen im Stab dabei sind! Da werden die neuen Ideen ohne den eigentlichen Vertreter niedergemacht und können sich nicht wehren. Oft holt man doch noch einmal den »Erfinder« in
ein hohes Managementmeeting und lässt ihn präsentieren. Da versagt er meist »mangels Managementgefühls«, weil er es nicht gelernt hat, Manager aus dem Stab zu gewinnen. Er wirkt unter Ranghöheren fast durchweg unreif und naiv in seinem guten Glauben an die Idee.
    Der klassische Innovationsprozess führt zu diesen typischen Verwicklungen und Komplexitäten. Das liegt zum Teil am Vorgehen selbst, zum guten Teil aber daran, dass angenommen wird, dass allein der Prozess als solcher zu Innovation führt, so wie das Rezept auf der Rückseite einer Tomatensuppentüte zu 100 Prozent eine Tomatensuppe erzielt, ohne dass der Ausführende irgendeinen Schimmer von Tomatensuppen haben muss.
    Dafür aber ist der Prozess zu schlecht beschrieben. Die Bewertungskriterien sind ja nicht klar. Welche

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