Das Nibelungenlied
Wunden · die an mir offen stehn.
Der Tod will mich nicht länger · euch und Etzeln dienen sehn.«
Zu Thüringern und Dänen · sprach er hingewandt:
»Die Gaben, so die Königin · euch beut, soll eure Hand
Nicht zu erwerben trachten · ihr lichtes Gold so rot:
Und besteht ihr Hagen · so müßt ihr schauen den Tod.«
Seine Farbe war erblichen · des Todes Zeichen trug
Iring der kühne · ihnen war es leid genug.
Es konnte nicht gesunden · der Held in Hawarts Lehn:
Da mußt es an ein Streiten · von den Dänenhelden gehn.
Irnfried und Hawart · sprangen vor das Haus
Wohl mit tausend Helden · Einen ungestümen Braus
Vernahm man allenthalben · kräftig und groß.
Hei! was man scharfer Speere · auf die Burgunden schoß!
Irnfried der kühne · lief den Spielmann an,
Wodurch er großen Schaden · von seiner Hand gewann.
Der edle Fiedelspieler · den Landgrafen schlug
Durch den Helm den festen · wohl war er grimmig genug.
Da schlug dem grimmen Spielmann · Irnfried einen Schlag,
Daß er den Ringpanzer · dem Helden zerbrach
Und sich sein Harnisch färbte · von Funken feuerrot.
Dennoch fiel der Landgraf · vor dem Spielmann in den Tod.
Zusammen waren Hagen · und Hawart gekommen.
Da mochte Wunder schauen · wer es wahrgenommen.
Die Schwerter fielen kräftig · den Helden an der Hand:
Da mußte Hawart sterben · vor dem aus Burgundenland.
Die Thüringer und Dänen · sahn ihre Herren tot.
Da hub sich vor den Hause · noch grimmere Not,
Eh' sie die Tür gewannen · mit kraftreicher Hand.
Da ward noch verhauen · mancher Helm und Schildesrand.
»Weichet,« sprach da Volker · »laßt sie zum Saal herein:
Was sie im Sinne haben · kann dennoch nicht sein.
Sie müssen bald ersterben · allzumal darin:
Sie ernten mit dem Tode · was ihnen beut die Königin.«
Als die Übermut'gen · drangen in den Saal,
Das Haupt ward da manchem · so geneigt zutal,
Daß er ersterben mußte · vor ihren schnellen Schlägen.
Wohl stritt der kühne Gernot · so tat auch Geiselher der Degen.
Tausend und viere · die kamen in das Haus:
Da hörte man erklingen · den hellen Schwertersaus.
Sie wurden von den Gästen · alle drin erschlagen:
Man mochte große Wunder · von den Burgunden sagen.
Darnach ward eine Stille · als der Lärm verscholl.
Das Blut allenthalben · durch die Lücken quoll
Und zu den Riegelsteinen · von den toten Degen:
Das hatten die vom Rheine · getan mit kräftigen Schlägen.
Da saßen wieder ruhend · die aus Burgundenland,
Sie legten mit den Schilden · die Waffen aus der Hand.
Da stand noch vor dem Hause · der kühne Spielmann,
Erwartend, ob noch jemand · zum Streite zöge heran.
Der König klagte heftig · dazu die Königin;
Mägdelein und Frauen · härmten sich den Sinn.
Der Tod, wähn' ich, hatte · sich wider sie verschworen:
Drum gingen durch die Gäste · noch viel der Recken verloren.
Sechsunddreißigstes Abenteuer
Wie die Königin den Saal verbrennen ließ
»Nun bindet ab die Helme« · sprach Hagen der Degen:
»Ich und mein Geselle · wollen euer pflegen.
Und versuchen es noch einmal · die Etzeln untertan,
So warn' ich meine Herren · so geschwind ich immer kann.«
Da band den Helm vom Haupte · mancher Ritter gut.
Sie setzten auf die Leichen · sich nieder, die ins Blut
Waren zum Tode · von ihrer Hand gekommen.
Da ward der edeln Gäste · mit Erbittrung wahrgenommen.
Noch vor dem Abend · schuf der König hehr
Und Kriemhild die Königin · daß es der Heunen mehr
Noch versuchen mußten · Man sah vor ihnen stehn
Wohl an zwanzigtausend · die mußten da zum Kampfe gehn.
Da drang zu den Gästen · ein harter Sturm heran.
Dankwart, Hagens Bruder · der kraftvolle Mann,
Sprang von seinen Herren · zu den Feinden vor das Tor.
Sie versahn sich seines Todes · doch sah man heil ihn davor.
Das harte Streiten währte · bis es die Nacht benahm.
Da wehrten sich die Gäste · wie Helden lobesam
Wider Etzels Recken · den sommerlangen Tag.
Hei! was guter Helden · im Tod vor ihnen erlag!
Zu einer Sonnenwende · der große Mord geschah:
Ihres Herzens Jammer · rächte Kriemhild da
An ihren nächsten Freunden · und manchem andern Mann,
Wodurch der König Etzel · nie wieder Freude gewann.
Der Tag war zerronnen · ihnen schuf nun Sorge Not.
Sie gedachten, wie doch besser · wär' ein kurzer Tod,
Als sich so lang zu quälen · in ungefügem Leid.
Da wünschten einen Frieden · die stolzen Ritter allbereit.
Sie baten, daß man brächte · den König vor den Saal.
Die blutroten Helden ·
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