Das Nibelungenlied
· fern von dem Degen.
Ich war sein Geselle · er der Geselle mein,
Und kehren wir je wieder heim · wir wollen's noch in Treuen sein
»Nun schau, hehrer König · Volker ist dir hold:
Wie will er verdienen · dein Silber und dein Gold!
Sein Fiedelbogen schneidet · durch den harten Stahl,
Er wirft von den Helmen · die hellen Zierden zutal.
»Ich sah nie Fiedelspieler · noch so herrlich stehn,
Als diesen Tag von Volker · dem Degen ist geschehn.
Seine Weisen hallen · durch Helm und Schildesrand:
Gute Rosse soll er reiten · und tragen herrlich Gewand.«
So viel der Heunendegen · auch waren in dem Saal,
Nicht einer blieb am Leben · von ihnen allzumal.
Da war der Schall beschwichtigt · als niemand blieb zum Streit.
Die kühnen Recken legten · da ihre Schwerter beiseit.
Vierunddreißigstes Abenteuern
Wie sie die Toten aus dem Saale warfen
Da setzten sich aus Müdigkeit · die Herrn und ruhten aus.
Volker und Hagen · die gingen vor das Haus
Über den Schild sich lehnend · in ihrem Übermut:
Da pflagen laun'ger Reden · diese beiden Helden gut.
Da sprach von Burgunden · Geiselher der Degen:
»Noch dürft ihr, lieben Freunde · nicht der Ruhe pflegen:
Ihr sollt erst die Toten · aus dem Hause tragen.
Wir werden noch bestanden · das will ich wahrlich euch sagen.
»Sie sollen untern Füßen · uns hier nicht länger liegen.
Bevor im Sturm die Heunen · mögen uns besiegen,
Wir haun noch manche Wunde · die gar sanft mir tut.
Des hab ich«, sprach da Geiselher · »einen willigen Mut.«
»O wohl mir solches Herren!« · sprach Hagen entgegen.
»Der Rat geziemte niemand · als einem solchen Degen,
Wie unsern jungen Herren · wir heute hier gesehn:
Ihr Burgunden möget · all darob in Freuden stehn.«
Da folgten sie dem Rate · und trugen vor die Tür
Siebentausend Tote · die warfen sie dafür.
Vor des Saales Stiege · fielen sie zutal:
Da erhoben ihre Freunde · mit Jammern kläglichen Schall.
Auch war darunter mancher · nur so mäßig wund,
Käm' ihm sanftre Pflege · er würde noch gesund;
Doch von dem hohen Falle · fand er nun den Tod.
Das klagten ihre Freunde · es zwang sie wahrhafte Not.
Da sprach der Fiedelspieler · der Degen unverzagt:
»Nun seh' ich wohl, sie haben · mir Wahrheit gesagt:
Die Heunen sind feige · sie klagen wie ein Weib,
Da sie nun pflegen sollten · der Schwerverwundeten Leib.«
Da mocht' ein Markgraf wähnen · er meint' es ernst und gut:
Ihm war der Vettern einer · gefallen in das Blut;
Den dacht' er wegzutragen · und wollt' ihn schon umfahn:
Ihn schoß ob ihm zu Tode · da der kühne Spielmann.
Als das die andern sahen · sie flohen von dem Saal.
Dem Spielmann zu fluchen · begannen sie zumal.
Einen Speer hob Volker · vom Boden, scharf und hart,
Der von einem Heunen · zu ihm hinauf geschossen ward.
Den schoß er durch den Burghof · zurück kräftiglich
Über ihre Häupter · Das Volk Etzels wich
Erschreckt von dem Wurfe · weiter von dem Haus.
Vor seinen Kräften hatten · alle Leute Schreck und Graus.
Da standen vor dem Hause · viele tausend Mann.
Volker und Hagen · hüben zu reden an
Mit Etzel, dem König · nach ihrem Übermut.
Das schuf bald große Sorge · diesen Helden kühn und gut.
»Wohl wär' es,« sprach da Hagen · »des Volkes Trost im Leid,
Wenn die Herren föchten · allen voran im Streit,
Wie von meinen Herren · hier jeglicher tut:
Die hauen durch die Helme · daß von den Schwertern fließt das Blut.«
So kühn war König Etzel · er faßte seinen Schild.
»Nun hütet eures Lebens« · sprach da Kriemhild,
»Und bietet Gold den Recken · auf dem Schildesrand;
Denn erreicht euch Hagen · ihr habt den Tod an der Hand.«
So kühn war der König · er ließ nicht vom Streit,
Wozu so mächt'ge Fürsten · nun selten sind bereit.
Man mußt' ihn bei den Riemen · des Schildes ziehn hindann.
Hagen der grimme · ihn mehr zu höhnen begann:
»Eine ferne Sippe war es« · sprach Hagen gleich zur Hand,
»Die Etzeln zusammen · und Siegfried verband:
Er minnte Kriemhilden · eh' sie gesehen dich;
Feiger König Etzel · warum rätst du wider mich?«
Diese Rede hörte · die edle Königin.
Darüber ward unmutig · Kriemhild in ihrem Sinn,
Daß er sie schelten durfte · vor manchem Etzelsmann.
Wider die Gäste hub sie · aufs neue da zu werben an.
Sie sprach: »Wer von Tronje · den Hagen mir schlüge
Und sein Haupt als Gabe · her vor mich trüge,
Mit rotem Gold füllt' ich · ihm Etzels Schildesrand;
Auch gab' ich ihm zum Lohne · viel gute Burgen und
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