Das Nibelungenlied
gerne minnen · was ihm geschehen mag.
Nun bedenke dich bei Zeiten · mein Herr läßt nimmermehr nach.
»Er ist geheißen Gunther · ein König reich und hehr.
Erwirbt er deine Minne · nicht mehr ist sein Begehr.
Er gebot mir, herzufahren · mit ihm, meinem Herrn.
Hätt' ich's ihm weigern können · ich unterließ die Reise gern.«
Sie sprach: »Wenn er dein Herr ist · und du in seinem Lehn,
Wagt er, die ich erteile · meine Spiele zu bestehn
Und bleibt darin der Meister · so werd' ich sein Weib;
Doch ist's, daß ich gewinne · es geht euch allen an den Leib.«
Da sprach von Tronje Hagen · »So zeigt uns, Königin,
Eure starken Spiele · Eh' euch den Gewinn
Mein Herr Gunther ließe · so müßt' es übel sein:
Er mag wohl noch erwerben · ein so schönes Mägdelein.«
»Den Stein soll er werfen · und springen darnach,
Den Speer mit mir schießen · drum sei euch nicht zu jach.
Ihr verliert hier mit der Ehre · Leben leicht und Leib:
Drum mögt ihr euch bedenken« · sprach das minnigliche Weib.
Siegfried der schnelle · ging zu dem König hin
Und bat ihn, frei zu reden · mit der Königin
Ganz nach seinem Willen · angstlos soll' er sein!
»Ich will dich wohl behüten · vor ihr mit den Listen mein.«
Da sprach der König Gunther · »Königstochter hehr,
Erteilt mir, was ihr wollet · und war' es auch noch mehr,
Euer Schönheit willen · bestund' ich alles gern.
Mein Haupt will ich verlieren · gewinnt ihr mich nicht zum Herrn.«
Als da seine Rede · vernahm die Königin,
Bat sie, wie ihr ziemte · das Spiel nicht zu verziehn.
Sie ließ sich zum Streite · bringen ihr Gewand,
Einen goldnen Panzer · und einen guten Schildesrand.
Ein seiden Waffenhemde · zog sich an die Maid,
Daß ihr keine Waffe · verletzen könnt' im Streit,
Von Zeugen wohlgeschaffen · aus Libya dem Land:
Lichtgewirkte Borten · erglänzten rings an dem Rand.
Derweil hat ihr Übermut · den Gästen schwer gedräut.
Dankwart und Hagen · die standen unerfreut.
Wie es dem Herrn erginge · sorgte sehr ihr Mut.
Sie dachten: »Unsre Reise · bekommt uns Recken nicht gut.«
Derweilen ging Siegfried · der waidliche Mann,
Eh' es wer bemerkte · an das Schiff heran,
Wo er die Tarnkappe · verborgen liegen fand,
In die er hurtig schlüpfte · da war er niemand bekannt.
Er eilte bald zurücke · und fand hier Recken viel:
Die Königin erteilte · da ihr hohes Spiel.
Da ging er hin verstohlen · (durch Zauber dies geschah),
Von allen, die da waren · ihn nicht einer ersah.
Es war ein Kreis gezogen · wo das Spiel geschehn
Vor kühnen Recken sollte · die es wollten sehn.
Mehr denn siebenhundert · sah man Waffen tragen:
Wer das Spiel gewänne · das sollten diese Helden sagen.
Da war gekommen Brunhild · die man gewaffnet fand,
Als ob sie streiten wolle · um aller Kön'ge Land.
Wohl trug sie auf der Seide · viel Golddrähte fein;
Ihre minnigliche Farbe · gab darunter holden Schein.
Nun kam ihr Gesinde · das trug herbei zuhand
Aus allrotem Golde · einen Schildesrand
Mit hartem Stahlbeschlage · mächtig groß und breit,
Worunter spielen wollte · diese minnigliche Maid.
An einer edlen Borte · ward der Schild getragen,
Auf der Edelsteine · grasgrüne, lagen;
Die tauschten mannigfaltig · Gefunkel mit dem Gold.
Er bedurfte großer Kühnheit · dem die Jungfrau wurde hold.
Der Schild war untern Buckeln · so ward uns gesagt,
Von dreier Spannen Dicke · den trug hernach die Magd.
An Stahl und auch an Golde · war er reich genug,
Den ihrer Kämmrer einer · selbvierter nur mit Mühe trug.
Als der starke Hagen · den Schild hertragen sah,
In grimmigem Mute · sprach der Tronjer da:
»Wie nun, König Gunther? · An Leben geht's und Leib:
Die ihr begehrt zu minnen · die ist ein teuflisches Weib.«
Hört noch von ihren Kleidern · deren hatte sie genug.
Von Azagauger Seide · einen Wappenrock sie trug,
Der kostbar war und edel · daran warf hellen Schein
Von der Königstochter · gar mancher herrliche Stein.
Da brachten sie der Frauen · mächtig und breit
Einen scharfen Wurfspieß · den verschoß sie allezeit,
Stark und ungefüge · groß dazu und schwer.
An seinen beiden Seiten · schnitt gar grimmig der Speer.
Von des Spießes Schwere · höret Wunder sagen:
Wohl hundert Pfund Eisen · war dazu verschlagen.
Ihn trugen mühsam Dreie · von Brunhildens Heer;
Gunther der edle · rang mit Sorgen da schwer.
Er dacht' in seinem Sinne · »Was soll das sein hier?
Der Teufel aus der Hölle · wie schützt er sich vor ihr?
War' ich mit
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