Das Nibelungenlied
meinem Leben · wieder an dem Rhein,
Sie dürfte hier wohl lange · meiner Minne ledig sein.«
Da sprach Hagens Bruder · der kühne Dankwart:
»Mich reut in der Seele · her zu Hof die Fahrt.
Nun hießen wir einst Recken · wie verlieren wir den Leib,
Soll uns in diesem Lande · nun verderben ein Weib?
»Des muß mich sehr verdrießen · daß ich kam in dieses Land.
Hätte mein Bruder Hagen · sein Schwert an der Hand
Und auch ich das meine · so sollten sachte gehn
Mit ihrem Übermute · die in Brunhildens Lehn.
»Sie sollten sich bescheiden · das glaubet mir nur.
Hätt' ich den Frieden tausendmal · bestärkt mit einem Schwur,
Bevor ich sterben sähe · den lieben Herren mein,
Das Leben müßte lassen · dieses schöne Mägdelein.«
»Wir möchten ungefangen · wohl räumen dieses Land,«
Sprach sein Bruder Hagen · »hätten wir das Gewand,
Des wir zum Streit bedürfen · und die Schwerter gut,
So sollte sich wohl sänften · der schönen Fraue Übermut.«
Wohl hörte, was er sagte · die Fraue wohlgetan;
Über die Achsel · sah sie ihn lächelnd an.
»Nun er so kühn sich dünket · so bringt doch ihr Gewand,
Ihre scharfen Waffen · gebt den Helden an die Hand.«
Als man die Waffen brachte · wie die Maid gebot,
Dankwart der kühne · ward vor Freuden rot.
»Nun spielt, was ihr wollet« · sprach der Degen wert,
»Gunther ist unbezwungen · wir haben wieder unser Schwer.«
Brunhildens Stärke · zeigte sich nicht klein:
Man trug ihr zu dem Kreise · einen schweren Stein,
Groß und ungefüge · rund dabei und breit.
Ihn trugen kaum zwölfe · dieser Degen kühn im Streit.
Den warf sie allerwegen · wie sie den Speer verschoß.
Darüber war die Sorge · der Burgunden groß.
»Wen will der König werben?« · sprach da Hagen laut:
»Wär' sie in der Hölle · doch des Übeln Teufels Braut!«
An ihre weißen Arme · sie die Ärmel wand,
Sie schickte sich und faßte · den Schild an die Hand,
Sie schwang den Spieß zur Höhe · das war des Kampfs Beginn.
Gunther und Siegfried bangten · vor Brunhildens grimmem Sinn.
Und wär' ihm da Siegfried · zu Hilfe nicht gekommen,
So hätte sie dem König · das Leben wohl benommen.
Er trat hinzu verstohlen · und rührte seine Hand;
Gunther seine Künste · mit großen Sorgen befand.
»Wer war's, der mich berührte?« · dachte der kühne Mann,
Und wie er um sich blickte · da traf er niemand an.
Er sprach: »Ich bin es, Siegfried · der Geselle dein:
Du sollst ganz ohne Sorge · vor der Königin sein.
»Den Schild gieb aus den Händen · und laß mich ihn tragen
Und behalt' im Sinne · was du mich hörest sagen:
Du habe die Gebärde · ich will das Werk begehn.«
Als er ihn erkannte · da war ihm Liebes geschehn.
»Verhehl' auch meine Künste · die darfst du niemand sagen:
So mag die Königstochter · schwerlich viel erjagen
An dir etwelches Ruhmes · wie sie gesonnen ist:
Nun sieh doch, welcher Kühnheit · sie wider dich sich vermißt.«
Da schoß mit ganzen Kräften · die herrliche Maid
Den Speer nach einem neuen Schild · mächtig und breit;
Den trug an der Linken · Sieglindens Kind.
Das Feuer sprang vom Stahle · als ob es wehte der Wind.
Des starken Spießes Schneide · den Schild ganz durchdrang,
Daß das Feuer lohend · aus den Ringen sprang.
Von dem Schusse fielen · die kraftvollen Degen:
War nicht die Tarnkappe · sie wären beide da erlegen.
Siegfried dem kühnen · vom Munde brach das Blut.
Bald sprang er auf die Füße · da nahm der Degen gut
Den Speer, den sie geschossen · ihm hatte durch den Rand:
Den warf ihr jetzt zurücke · Siegfried mit kraftvoller Hand.
Er dacht': »Ich will nicht schießen · das Mägdlein wonniglich.«
Des Spießes Schneide kehrt' er · hinter den Rücken sich;
Mit der Speerstange · schoß er auf ihr Gewand,
Daß es laut erhallte · von seiner kraftreichen Hand.
Das Feuer stob vom Panzer · als trieb' es der Wind.
Es hatte wohl geschossen · der Sieglinde Kind:
Sie vermochte mit den Kräften · dem Schusse nicht zu stehn;
Das war' von König Gunthern · in Wahrheit nimmer geschehn.
Brunhild die schöne · bald auf die Füße sprang:
»Gunther, edler Ritter · des Schusses habe Dank!«
Sie wähnt', er hätt' es selber · mit seiner Kraft getan;
Nein, zu Boden warf sie · ein viel stärkerer Mann.
Da ging sie hin geschwinde · zornig war ihr Mut,
Den Stein hoch erhub sie · die edle Jungfrau gut;
Sie schwang ihn mit Kräften · weithin von der Hand,
Dann sprang sie nach dem Wurfe · daß laut erklang ihr
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