Das Nibelungenlied
Spielmann:
Hagen in seinem Zorne · lief zu ihm heran.
Er schlug ihm auf der Geigen · herab die rechte Hand.
»Das habe für die Botschaft · in der Burgunden Lanä!«
»Ach meine Hand!« sprach Werbel · Etzels Spielmann:
»Herr Hagen von Tronje · was hatt' ich euch getan?
Ich kam in großer Treue · in eurer Herren Land:
Wie klang' ich nun die Töne · da ich verlor meine Hand?«
Hagen fragte wenig · und geigt' er nimmermehr.
Da kühlt' er in dem Hause · die grimme Mordlust sehr
An König Etzels Recken · deren er viel erschlug:
Er bracht' in dem Saale · zu Tod der Recken genug.
Volker sein Geselle · von dem Tische sprang,
Daß laut der Fiedelbogen · ihm an der Hand erklang.
Ungefüge fiedelte · Gunthers Spielmann:
Hei! was er sich zu Feinden · der kühnen Heunen gewann!
Auch sprangen von den Tischen · die drei Kön'ge hehr.
Sie wollten's gerne schlichten · eh' Schadens würde mehr.
Doch strebten ihre Kräfte · umsonst dawider an,
Da Volker mit Hagen · so sehr zu wüten begann.
Nun sah der Vogt vom Rheine · er scheide nicht den Streit:
Da schlug der König selber · manche Wunde weit
Durch die lichten Panzer · den argen Feinden sein.
Der Held war behende · das zeigte hier der Augenschein.
Da kam auch zu dem Streite · der starke Gernot:
Wohl schlug er den Heunen · manchen Helden tot
Mit dem scharfen Schwerte · das Rüdeger ihm gab:
Damit bracht' er manche · von Etzels Recken ins Grab.
Der jüngste Sohn Frau Utens · auch zu dem Streite sprang:
Sein Gewaffen herrlich · durch die Helme klang
König Etzels Recken · aus der Heunen Land;
Da tat viel große Wunder · des kühnen Geiselher Hand.
Wie tapfer alle waren · die Kön'ge wie ihr Lehn,
Jedennoch sah man Volkern · voran all andern stehn
Bei den starken Feinden · er war ein Degen gut:
Er förderte mit Wunden · manchen nieder in das Blut.
Auch wehrten sich gewaltig · die in Etzels Lehn.
Die Gäste sah man hauend · auf und nieder gehn
Mit den lichten Schwertern · durch des Königs Saal.
Allenthalben hörte man · von Wehruf größlichen Schall.
Da wollten die da draußen · zu ihren Freunden drin:
Sie fanden an der Türe · gar wenig Gewinn;
Da wollten die da drinnen · gerne vor den Saal:
Dankwart ließ keinen · die Stieg' empor noch zutal.
So hob sich vor den Türen · ein ungestümer Drang
Und von den Schwerthieben · auf Helme lauter Klang.
Da kam der kühne Dankwart · in eine große Not:
Das beriet sein Bruder · wie ihm die Treue gebot.
Da rief mit lauter Stimme · Hagen Volkern an:
»Seht ihr dort, Geselle · vor manchem Heunenmann
Meinen Bruder stehen · unter starken Schlägen?
Schützt mir, Freund, den Bruder · eh' wir verlieren den Degen.«
Der Spielmann entgegnete · »Das soll alsbald geschehn.«
Dann begann er fiedelnd · durch den Saal zu gehn:
Ein hartes Schwert ihm öfters · an der Hand erklang.
Vom Rhein die Recken sagten · dafür ihm größlichen Dank.
Volker der kühne · zu Dankwarten sprach:
»Ihr habt erlitten heute · großes Ungemach.
Mich bat euer Bruder · ich sollt' euch helfen gehn;
Wollt ihr nun draußen bleiben · so will ich innerhalben stehn.«
Dankwart der schnelle · stand außerhalb der Tür:
So wehrt' er von der Stiege · wer immer trat dafür.
Man hörte Waffen hallen · den Helden an der Hand:
So tat auch innerhalben · Volker von Burgundenland.
Da rief der kühne Fiedelmann · über die Menge laut:
»Der Saal ist wohl verschlossen · ihr, Freund Hagen, schaut!
Verschränkt ist so völlig · König Etzels Tür:
Von zweier Helden Händen · gehn ihr wohl tausend Riegel für.«
Als von Tronje Hagen · die Türe sah in Hut,
Den Schild warf zurücke · der schnelle Degen gut:
Nun begann er erst zu rächen · was ihm war geschehn.
Da konnten seine Feinde · sich nicht des Lebens mehr versehn.
Als der Vogt von Berne · recht dies ersah,
Wie der starke Hagen · die Helme brach allda,
Der Fürst der Amelungen · sprang auf eine Bank.
Er sprach: »Hier schenkt Hagen · den allerbittersten Trank.«
Der Wirt war sehr in Sorgen · das tat ihm wahrlich not.
Was schlug man lieber Freunde · ihm vor den Augen tot!
Er selbst war kaum geborgen · vor seiner Feinde Schar.
Er saß in großen Ängsten · was half ihm, daß er König war?
Kriemhild die reiche · rief Dietrichen an:
»Hilf mir mit dem Leben · edler Held, hindann,
Bei aller Fürsten Tugend · aus Amelungenland:
Denn erreicht mich Hagen · hab' ich den Tod an der Hand.«
»Wie soll ich euch helfen« · sprach da Dietrich,
»Edle
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