Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Bett geklettert und hatte sich aufgerichtet, was er augenblicklich zutiefst bereute.
» Kumpel!«, hatte Izzy lachend gesagt, als er wieder aufs Bett fiel. » Du kannst heute nicht arbeiten gehen! Du bist immer noch total hacke zu!«
Nachdem ihm aufgegangen war, dass sie ihn für immer noch betrunken hielt, musste Benedict ihr widerstrebend recht geben. Aber die Alternativen waren gewesen, sich entweder zu Mo schleppen oder den Tag mit Izzy zu verbringen. Und– Gott weiß was tun.
Leicht beklommen hatte er sie angesehen. » Haben wir, äh– du weißt schon?«
Izzy war in Gelächter ausgebrochen. » Du konntest ja kaum stehen, geschweige denn eine Nummer schieben!«
» Oh.«
» Aber ich hätte nichts dagegen«, hatte sie hinzugefügt. » Wenn du willst.«
Dann hatte sie den Kaffeebecher auf den Nachttisch gestellt und sich aufs Bett geworfen. Daraufhin war Benedict noch einmal mühsam aufgestanden– mit kurzfristig mehr Erfolg als beim ersten Mal.
» Ich muss wirklich zur Arbeit«, hatte er gesagt. » Tut mir leid.«
» Kein Problem«, hatte sie geantwortet. » Ich bleib hier und fahr morgen mit dem Bus in die Stadt.«
Alkohol und gute Manieren hatten verhindert, dass Benedict ein Alternativvorschlag einfiel. Und als er gestern Abend nach Hause gekommen war, hatte sie auf ihn gewartet. Sie hatte ihm Abendessen gemacht, ihn gezwungen, mit ihr Dschungelcamp anzuschauen, und ihn dann an der Hand genommen und zum Bett geführt.
Schlecht war’s nicht, dachte Benedict. Ich hab’s nicht gehasst.
Gehasst hab ich nur, dass es nicht Aishe war. Und es nie mehr dazu kommen wird, weil sie jetzt mit einem Typen schlafen will, der Gitarren vögelt.
Auf seinem Bett ausgestreckt hörte er noch einmal Mos Frage, warum er geglaubt habe, in Aishe verliebt zu sein. » Bist du sicher, dass es nicht nur rein körperlich war?«, hatte sie nachgehakt. » Dafür musst du dich nicht schämen. Schon viele vernunftbegabte Männer haben einen lauten, heftigen Orgasmus mit echter Liebe verwechselt.«
Benedict hatte ausweichend geantwortet. Die körperliche Seite seiner Beziehung mit Aishe war, wie Mo peinlicherweise angedeutet hatte, erstaunlich gewesen. Aber da war noch so viel mehr gewesen. Als Mo ihn festnagelte, hatte er so etwas Abgedroschenes gesagt wie, dass sie füreinander bestimmt seien. Mo hatte nur in ihren Cappuccino geschnaubt.
Was unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt war, denn seine Erklärung war eine Lüge gewesen. Benedict hatte sich in Aishe verliebt, weil er wirklich glaubte, er könne derjenige sein, der bei ihr alles wieder in Ordnung bringt. Er hatte geglaubt, dass er– metaphorisch gesprochen– der nächste schwarze Hundertkilobrocken in ihrem Leben sein konnte.
Das Problem war nur, dass Aishe ihn nicht mal als einen Mann betrachtete. Und da Benedict eine erstklassige Schulbildung genossen hatte, wusste er, dass eine Metapher nicht überstrapaziert werden durfte.
25
Mo fand, dass Aishe Connie anstarrte wie ein erbitterter Republikaner die englische Queen– mit einer unschlüssigen Mischung aus Abscheu und Respekt. Connie schien alles zu verkörpern, was Aishe aus dem Leben aller Frauen ausradiert sehen wollte: vorsintflutliche Wohlerzogenheit, die Aura um Verzeihung heischender Unterwürfigkeit und das Tragen hautfarbener Strumpfhosen. Gleichzeitig sah Mo, dass Aishe bei Connie anerkannte, dass sie in ihrer Selbsteinschätzung unerschrocken und überaus ehrlich war. Sie ist mutiger als wir beide zusammen, dachte Mo. Wir würden lieber sterben, als öffentlich zugeben, unklug oder falsch gehandelt zu haben.
Es hatte Mo überrascht, Aishe zu sehen. Seit einiger Zeit hatte sie den starken Eindruck gehabt, dass Aishe nur noch bei ihr aufkreuzte, um Benedict zu treffen. Da Benedict und Izzy jetzt ein Paar waren, hatte sie mit einem Ende dieser Besuche gerechnet.
Mo nahm ihr das nicht übel. Aishe kam ihr nicht wie ein berechnender Mensch vor, der andere benutzte, sondern wie eine Frau, die instinktiv so zielgerichtet wie möglich handelte. Aishe fühlte sich zu Benedict hingezogen. Benedict war bei Mo, also kam Aishe eben auch zu Mo. Ganz einfach. Mehr steckte nicht dahinter.
Als Aishe also an ihre Tür klopfte, hatte Mo unwillkürlich gestutzt. Glücklicherweise schien Aishe es nicht bemerkt zu haben. Zwar hatte sie ganz lässig dagestanden, die Daumen in die Gürtelschlaufen ihrer Jeans gehakt, doch ihre hervortretenden Kieferknochen hatten Mo verraten, dass sie keineswegs entspannt war.
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