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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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– wie sollte ich mich je damit abfinden können? Meine Freuden sind zu Ende. Ach, daß man nicht sterben kann vor Kummer!«

39 . WIE HERR DIETRÎCH MIT GUNTHER UND MIT HAGEN KÄMPFTE
    Dietrîch holte selbst seine Rüstung; Meister Hildebrant half ihm, sie anzulegen. Er wehklagte, daß das Haus erzitterte von seiner Stimme. Allmählich gewann er ritterliche Haltung zurück; grimmig ließ er sich waffnen. Er ergriff einen starken Schild und ging schnell davon mit Meister Hildebrant.
    Da sagte Hagen von Tronege: »Dort sehe ich Dietrîch kommen. Er will an uns das Unheil rächen, das ihm hier geschehen ist. Heute wird man sehen, wer der beste Kämpfer ist. Er kann sich nicht so stark und furchtbar dünken, daß ich den Kampf mit ihm nicht wagen dürfte, wenn er sich rächen will.«
    Dietrîch und Hildebrant hörten seine Worte. Sie kamen zum Saal, vor dem sie die beiden an der Wand lehnen sahen. Dietrîch setzte seinen Schild ab und sagte vorwurfsvoll: »Wie habt Ihr so gegen mich Heimatlosen handeln können, König Gunther? Was habe ich Euch getan? Jetzt bin ich allein, ohne alles Gefolge. Es war Euch noch nicht genug Unglück, daß Ihr Rüedegêr erschlagen habt, nun mußtet Ihr mich auch noch meiner ganzen Gefolgschaft berauben. So habe ich Euch nicht geschädigt. Denkt an Euch selbst, an Euer Leid, den Tod all Eurer Freunde, an die Mühsal: Macht es Euch etwa nicht das Herz schwer? Wie grausam Rüedegêrs Tod für mich ist! Kein Mensch in der Welt hat Schlimmeres erlebt. Ihr habt nicht Euer und nicht mein Leid bedacht. Alle meine Freunde habt Ihr getötet. Ich kann den Verlust nicht verwinden.«
    »Wir sind nicht so sehr schuld«, sagte Hagen. »Eure Männer kamen in großer Schar, bewaffnet und feindselig hier an. Ich glaube, Ihr seid nicht gut berichtet.«
    »Was soll ich da noch glauben? Hildebrant hat mir erzählt, Ihr habt meinen Männern nur Spott geboten, als sie um die Herausgabe Rüedegêrs baten.«
    Der Burgundenkönig erwiderte: »Sie sagten, sie wollten Rüedegêr wegtragen. Den ließ ich ihnen verweigern, um Etzel zu treffen, nicht dein Gefolge. Und darum fing Wolfhart an zu streiten.«
    Dietrîch sagte: »Es hat wohl so sein müssen. Gunther, um deines Anstands willen, gib mir ein Entgelt für das Unheil, das du mir angetan hast, damit ich es dir als Sühne anrechnen kann. Ergebt euch mir als Geiseln, du und dein Mann. Dann will ich nach besten Kräften verhindern, daß euch jemand etwas antut hier im Hunnenland. Ihr sollt nur Treue und Wohltaten von mir erfahren.«
    »Das verhüte Gott«, sagte Hagen, »daß zwei Ritter, dienoch so wehrhaft, von keinem Feind besiegt, vor dir stehen, sich dir ergeben.«
    »Ihr solltet euch nicht sträuben«, sagte Dietrîch. »Gunther und du, ihr habt mir beide das Herz so schwer gemacht, daß ihr euch mit einer Entschädigung nichts vergeben würdet. Ich verpfände euch meine Treue und meinen Handschlag darauf, daß ich mit euch nach Burgund reisen werde. Ich werde euch ehrenvoll schützen oder sterben, um euretwillen will ich von meiner schrecklichen Not absehen.«
    »Nun dringt nicht mehr darauf«, sagte Hagen. »Es gehört sich nicht, daß man von uns erzählt, zwei so tapfere Männer hätten sich ergeben. Hinter Euch habt Ihr doch niemand weiter als Hildebrant.«
    Meister Hildebrant sagte: »Gott weiß, Herr Hagen, wenn einer mit Euch Frieden schließen will, so wird noch die Stunde kommen, daß Ihr ihn lieber angenommen hättet. Die Sühne meines Herrn könntet Ihr auf Euch nehmen.« Hagen aber sagte: »Ich würde mich wohl eher noch zu einem Ausgleich verstehen, als so schimpflich aus einem Saal fliehen, wie Ihr es getan habt, Meister Hildebrant. Ich dachte, Ihr könntet Euren Feinden besser standhalten.« Hildebrant antwortete: »Was habt Ihr mir das vorzuwerfen? Wer war es denn, der am Vogesenfelsen auf seinem Schild sitzenblieb, als Walther von Spanien ihm so viele Freunde erschlug? Auch Ihr habt genug aufzuweisen.«
    Da sagte Herr Dietrîch: »Es steht Rittern nicht an, sich wie alte Weiber zu beschimpfen. Ich verbiete Euch das Wort, Hildebrant. Mich drückt schlimmerer Schmerz. Sagt doch, Herr Hagen, worüber Ihr beide gesprochen habt, als Ihr uns in Waffen kommen saht? Ihr sagtet, Ihr wolltet es allein mit mir im Kampf aufnehmen.«
    »Das streitet keiner ab, daß ich es hier versuchen will,wenn das Nibelungenschwert mir nicht zerbricht. Ich bin zornig, daß wir als Geiseln gefordert worden sind.«
    Da Dietrîch nun Hagens Gesinnung kannte, riß er den

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