Das Nilpferd
yogische Meditation, das er sich in den letzten Ferien gekauft hatte, und funktionierte bemerkenswert gut, solange es einem gelang, sich mit äußerster Kraft zu konzentrieren und gleichzeitig völlig entspannt zu bleiben.
In diesem Zustand verging die Zeit wie im Fluge, und David wußte, ohne auf dem Wecker nachschauen zu müssen, als es genau zwei Uhr war.
Er stand nackt vor einem großen Spiegel und atmete schwer. Die Nacht war warm, aber er brauchte etwas Schutz. Er suchte sich ein T-Shirt, eine ausgebeulte Trainingshose und Turnschuhe. Weder Socken noch Unterhose. Nachdem er eine Taschenlampe, einen Apfel und einkleines, in Kleenex-Tücher eingewickeltes Glas vom Nachttisch genommen hatte, verließ er das Zimmer.
Er hatte mal gehört, wie jemand das einen Dreiviertelmond genannt hatte. Halbe-halbe. Genug Licht zum Sehen, genug Dunkel zum Verstecken. Licht war nicht wirklich wichtig. Im Moment fühlte er sich, als könne er die Mission mit verbundenen Augen ausführen.
Im Schatten des Hauses und dann vor dem verschwommenen Schwarz des Rasens glänzten seine Turnschuhe in undeutlichem Weiß, vor und zurück hüpfende weiße Blitze. Beim Hochschauen sah er den Gürtel im Sternbild Orion funkeln und Sirius bläulich nach Osten kreisen. Das Geräusch seiner durchs Gras streifenden Turnschuhe erstarb im samtnen Tief der Nacht.
»Und alle Luft«, flüsterte er sich zum Rhythmus des Laufens und Keuchens zu, »die schwere Stille hält. Und alle Luft … die schwere … Stille … hält. Und alle Luft … die schwere … Stille … hält!«
Er war da. Der lange Schatten der Turmuhr fiel in den Hof zwischen den Ställen, und der warme Geruch von Pferdeäpfeln überrollte ihn. Lautlos wie eine Motte huschte er auf die Tür zum Eckraum zu, in dem das Zaumzeug aufbewahrt wurde. Drinnen erwartete ihn ein neuer Duft, das Parfüm von Sattelöl und Lederseife, so intensiv, daß er husten mußte. Er hielt die Luft an, tastete nach dem Holzschemel und hob ihn am ausgesparten Loch in der Mitte der Sitzfläche hoch. Ein loses Stück Zaumzeug, ein Zügel oder ein unbefestigtes Martingal, fiel dabei mit sprödem Klirren zu Boden, als er den Hocker anhob, aber er wußte, daß das Geräusch nur an seine Ohren drang und an die der Pferde, die wußten, was er plante, und es guthießen.
Er erreichte Lilacs Box und entriegelte die obere Hälfteder Box. Lilac drehte den Kopf, als habe sie ihn erwartet, und hieß ihn willkommen.
»Hallo«, sagte David telepathisch, ohne jede Bewegung von Lippen, Atem oder Stimmbändern. »Ich hab dir einen Apfel mitgebracht.«
Lilac nahm das Geschenk wie ein appetitloser Patient, der weiß, daß er essen muß, um wieder zu Kräften zu kommen. Während sie langsam den Apfel zermalmte, ihn von Backe zu Backe schob, zog David sein T-Shirt aus und schlüpfte aus seiner Trainingshose. Weil er sich lächerlich vorkam, als er bis auf ein Paar Turnschuhe nackt war, zog er die auch aus und stand barfuß im Mondlicht.
Er erschauerte etwas und merkte, daß er an den Beinen eine Gänsehaut bekam.
»Bist du bereit, altes Mädchen?« fragte er, erneut ohne die Stimme zu benutzen. »Ich ja.« Er bückte sich und zog das Glas und seine Papierverpackung aus der Hosentasche. Die Taschenlampe brauchte er nicht.
Er übte sanften Druck auf Lilacs Schultern aus, als er die untere Torhälfte aufriegelte und, den Hocker umklammernd, hineinschritt, aber sie machte keine Anstalten, in den Hof hinauszulaufen. Gemächlich schloß er das ganze Tor, und sie waren allein in der absoluten Finsternis.
Sie war friedfertig, lediglich leichter Schweiß zeugte von ihrem furchtbaren Gebrechen. Schweigend stand sie da, gelegentlich stampfte ein Hinterhuf auf die Steinplatten. David glitt an ihrer Seite entlang, sein Körper berührte ihren, als er sich nach hinten in den Stall vortastete. Die Hitze ihrer Flanken erregte auch ihn zu neuer Hitze, und als er auf den Schemel stieg, merkte er, wie seine Eichel sich durch die Vorhaut schob und wie sein Schwanz höher und dicker und härter wurde als je zuvor. Er stellte sich aufrecht auf den Hocker, stützte sich mit einer Hand aufLilacs Hinterteil und verlangsamte seine Lungen auf den Rhythmus ihres Atmens. Sie war brünstig und würde nicht mit den Beinen ausschlagen, wie es außerhalb der Brunst vorkommen konnte. Und selbst wenn es so gewesen wäre, David wußte, daß er ihr willkommen war.
Als er soweit war und wußte, daß sie eins waren, grub er zwei Finger ins Glas und holte einen
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