Das Nilpferd
Ich war ganz unerträglich grob.«
»Nicht im geringsten, nicht im geringsten.«
»Und ich habe so unendlich viel Stuß verzapft.«
An dem Punkt tauchte Simon auf der Suche nach Logan auf, einen besorgten Blick im sonst so leeren Gesicht.
»Ich glaube, er arbeitet in seinem Zimmer«, sagte Patricia. »Stimmt was nicht?«
»Ach, nichts Schlimmes. Oder doch, es geht um Lilac. Dads Jagdpferd. Es geht ihr immer noch schlecht. Wollt ich ihm nur sagen, sonst nichts.«
Schleppte sich von hinnen und ließ Patricia und mich wieder allein. Sie fuhr mit ihren angestrengten Entschuldigungsversuchen fort.
»Ich weiß nicht, warum ich so gemein zu dir war. Ich stehe seit einiger Zeit ziemlich unter Druck. Ich glaube, daher kommt das. Du hast wahrscheinlich davon gehört, daß mein … daß Martin, der Mann, mit dem ich zusammen war, der hat mich verlassen. Ich werde immer …«
»Mein liebes altes Mädchen«, sagte ich. »Bitte. Denk nicht mehr daran.«
»Wahrscheinlich hab ich bei dem Essen gedacht, daß du über mich herziehst. Weil du so viel über Therapeuten geredet hast. Sieh mal, ich war bei einem, und ich dachte, du weißt davon und machst dich über mich lustig.«
»Patricia, ich würde mich nie auch nur eine Sekunde lang …«
»Ja, jetzt ist mir das natürlich klar. Ich hab letzte Nacht wach gelegen und überlegt, wie scheußlich ich mich dirgegenüber benommen habe. Du hast ja bloß so allgemein gesprochen. Woher hättest du es auch wissen sollen?«
»Es war voll und ganz meine Schuld, so gedankenlos herumzufaseln. Ich müßte mich bei dir entschuldigen.«
Sie lächelte. Ich lächelte zurück. Irgendwo tief in meiner Hose zuckte und schlängelte der vergessene alte Wurm in seinem Schlaf.
Sie küßte mir die Wange. »Also alles ausgestanden?«
»Na klar, meine Liebste«, log ich.
Ich sah zu, wie dieser großartig konstruierte Arsch sich aus dem Zimmer schwang, und hieß jenen Auferstandenen in meinem Schoß sich wieder setzen. Ein praller Arsch, der sich vom Steißbein aus rundete; die Sorte Arsch, auf dem man eine Teekanne abstellen kann.
Aber Jane, wovon zum Teufel hat sie bloß gesprochen? Konnte mich doch keine Sekunde für dumm verkaufen. Das Lächeln war zu strahlend, der Kuß auf die Wange zu theatralisch. Verletzten Stolz erkenn ich doch Meilen gegen den Wind. Sie hat sich entschuldigt, weil ihr das aufgetragen worden war. Hm. Denkdenk.
Ich kehre zur Tagesordnung zurück und wende mich These Nummer sechs zu:
Du hast nur die Gäste erwähnt. Das Haus ist voll von anderen Männern und Frauen. Da sind Haus- und Gartendiener, da ist Podmore. Von denen habe ich nichts gehört.
Was willst du? Blut? Ich gehöre nicht zu diesen Aristokraten, für die es ein Klacks ist, mit Königen auf Du und Du zu sein, ohne je den Kontakt zu den einfachen Leuten zu verlieren. Ich bin ein sturer Bourgeois in der Maske eines
déclassé
. Laß mal gut sein, Püppchen.
Von den Dienern, deren Namen mir bekannt sind, kann ich dir folgendes sagen. Da hätten wir Podmore, VornameDick, der eher wie ein Verkäufer von Ferienwohnungen wirkt (und sich auch so benimmt), dem die Lizenz entzogen wurde, als wie ein Butler, aber auf der anderen Seite sehen seit Jahren alle Butler so aus, selbst in Herzogshäusern (als ob ich das wüßte). Das höhere Personal hat die Fertigkeit verloren, scheinbar weder Herkunft noch Privatleben, Familie oder Sexualität zu besitzen. Nach einem Blick auf Podmore mutmaßt man auf der Stelle, daß er in Carshalton Beeches geboren wurde, in den Fünfzigern mit den Teds liebäugelte, bevor er mit seiner Frau Julie nach Norfolk zog (einfach klasse, daß man dem ganzen Trubel entronnen war und dem, was man damals Konkurrenzkampf nannte …), daß er für seinen Lebensabend einen Rentnerwohnpark in Florida mit direktem Anschluß zum Golfplatz ins Auge faßt und daß er nicht versteht, warum Logan die Flügelfenster im großen Salon nicht längst durch Glasschiebetüren ersetzt hat.
Ansonsten ist wirklich nicht viel über ihn zu sagen, abgesehen von meinem Verdacht, daß er eine heimliche Schwuchtel ist, Mrs. Podmore hin oder her. Er hat eine Art, Davey mit Blicken abzulutschen, die den Homo ziemlich plausibel macht.
Julie Podmore tritt als Haushälterin in Erscheinung, ihre Pflichten beschränken sich im wesentlichen darauf, die Angestellten eigensinnig herumzuschubsen und den Kopf zu senken, wann immer sie an einem Gast vorbeikommt. Sie ist in den Fünfzigern, von mittlerer Größe, Gewichtsklasse
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