Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Wie ich das machen wollte, wusste ich nicht, aber das spielte auch schon keine Rolle mehr. Der eine von ihnen packte mich fest am Handgelenk, zog mich in einer langen, gleitenden Bewegung von meinem Sitz und warf mich auf den Boden. Der Sitz klappte laut gegen die Rückenlehne. Ich will mich nicht taffer machen, als ich bin. Es tat weh. Verdammt weh. Der andere zerrte mich grob am Hemd wieder hoch, als wöge ich nichts. Rabiat stieß er mich über den Mittelgang vor sich her, bis ich wieder zu Boden ging. Ich hatte keine Chance, das gebe ich gerne zu. Ich hätte genauso gut gegen einen Schwergewichtsringer antreten können, also blieb ich am Boden sitzen. In der Zwischenzeit war Angelica aufgestanden. Der eine der Männer winkte sie herrisch zu sich. Gehorsam machte sie sich auf den Weg, als er seinen Arm nach ihr ausstreckte. Ihre Reaktion kam vollkommen unerwartet. Ich dachte, sie wollte widerstandslos mit ihnen gehen, doch plötzlich wirbelte sie geschmeidig herum und versetzte dem Mann mit dem linken Fuß einen kräftigen Tritt an den Kiefer. Stöhnend taumelte er nach hinten. Der nächste Tritt, ebenso hoch, traf ihn an der Seite des Kopfes und schickte ihn zu Boden.
Der Mann, der mich zu Boden geworfen hatte, hob seine Maschinenpistole. Jemand schrie. Er kam aber nicht mehr dazu, zu schießen. Angelicas Tritt traf ihn mit solcher Kraft zwischen den Beinen, dass er mit einem Stöhnen zusammenklappte und sich übergab.
»Frau Moretti!«, brüllte einer der Männer an der Tür und zielte mit der Maschinenpistole auf sie. Mehrere Anwesende warfen sich zu Boden. Angelica sprang auf einen der schmalen Tische vor den Sitzen und hüpfte von einer Sitzreihe zur nächsten.
In dem Moment schienen die Männer über Funk den Befehl zum Rückzug erhalten zu haben. Die beiden, die Angelica unschädlich gemacht hatte, taumelten zu den anderen. Ich hoffte, dass sie mindestens so gedemütigt wie ich waren. Hastig verließen sie das Auditorium. Überall im Saal wurde mit der Polizei telefoniert. Erregte Stimmen riefen durch das Kreischen der Sirene. » Sì, sì! Castello-Catullus-Kulturzentrum! Ja, im Kulturzentrum!«
Draußen erhöhte der Helikopter die Drehzahl.
V
Der Helikopterlandeplatz lag am alten Richtplatz, an dem Hunderte von Feinden des Burgherrn über die Jahre ihr Leben gelassen hatten. Aber der Helikopter war nicht dort, sondern mitten auf dem Parkplatz gelandet. Zwischen Audis und Alfa Romeos und einem einsamen Citroën 2 CV . Die Nummer des Helikopters war übermalt, und die laufenden Rotoren wirbelten Papier und Sand auf.
Mit Tränen in den Augen und voller Wut wollte Angelica zu dem Helikopter stürmen, doch ein anderer Mann und ich hielten sie zurück.
»Lassen Sie mich los, verdammt, Sie sollen mich loslassen!«, schrie Angelica über den Lärm der Rotoren hinweg.
Was hatte sie vor? Wollte sie den Helikopter mit bloßen Händen zurückhalten?
Die Maschine hob langsam ab. Ein paar Sekunden lang stand der Helikopter einige Meter still über dem Boden, als wollte er alle, die dort unten standen, verspotten. Dann drehte er langsam zur Seite ab, stieg ein paar Meter höher, senkte die Nase und verschwand hinter den toskanischen Hügeln.
VI
An der Rezeption herrschte Chaos. Wo blieb die Polizei? Die Wissenschaftler standen in Grüppchen zusammen und diskutierten. Was war passiert? Warum hier? Warum jetzt? Und warum Professor Moretti?
»Die arme Frau!«
In all dem Tohuwabohu war er mir gar nicht aufgefallen. Dabei stand der alte, grauhaarige, etwas ungepflegte Mann, der tags zuvor bei Professor Morettis Vortrag das Wort ergriffen hatte, direkt neben mir. Der, den man zu schweigen genötigt hatte, als er von der Bundeslade sprechen wollte. Er fuhr sich mit den Fingern durch den Bart. »Sagen Sie, hätten Sie ein paar Minuten Zeit?«
Eigentlich wollte ich sagen, dass es mir jetzt gar nicht passte. Was der Wahrheit entsprach. Die Entführung hatte mich wirklich mitgenommen, und ich machte mir Sorgen um Angelica. Fabiano Silor hatte sie in ein Nebenzimmer gebracht.
Er wartete meine Antwort aber nicht ab, sondern streckte mir seine Hand hin. »Bjørn Beltø, nicht wahr?« Wir begrüßten uns mit Handschlag. Er hieß Piero Ficino und zog mich zur Seite, weg von all den aufgeregten Konferenzteilnehmern. In die leere Bar. Sogar der Barkeeper war verschwunden. Ohne Zögern ging Ficino hinter den Tresen und goss uns zwei kräftige Drinks ein.
Gin Tonic. Mit Eis.
»Können wir denn einfach …«
»Psst«,
Weitere Kostenlose Bücher