Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Legenda sanctorum. La Chanson de Roland. Codex Regius. Heimskringla. Regula non bullata von Franz von Assisi. Dies Irae. Stabat Mater. Nibelungenlied. Roman de la rose. The Canterbury Tales. Divina Commedia von Dante. Canzoniere von Petrarca. Decamerone. Malleus Maleficarum . Sogar mehrere tausend Inkunabeln vom Ende des 15. Jahrhunderts: Hypnerotomachia Poliphili . Gutenbergs 42-zeilige Bibel. Liber Chronicarum. Peregrinatio in Terram Sanctam . Er macht eine Pause, um Luft zu holen.
All diese Werke befinden sich hier?, fragt Lorenzo.
Ja. Hier. In der Bibliothek. Aber wir haben selbstverständlich auch neuere Literatur. Machiavelli. Shakespeare, Bacon, Milton, Voltaire, Rousseau, Brontë.
Und das haben Sie all die Zeit für sich behalten?
Für uns behalten? Es gehört doch uns.
Als würde ihn das Thema nicht länger interessieren, wendet Francesco seine Aufmerksamkeit wieder Silvio zu.
Francesco?, sagt Lorenzo vorsichtig.
Ich habe zu tun!
Habe ich was Falsches gesagt?, denkt er. Der Mönch muss es als Kritik aufgefasst haben, als ich angedeutet habe, dass sie die Existenz der Bibliothek geheim gehalten haben. Na gut, ihre eigene Existenz haben sie schließlich auch verheimlicht. Das wird wohl zusammenhängen.
Francesco, sagt er noch einmal.
Ich habe zu tun!
Ich brauche einen Spiegel.
Francesco schaut auf, sieht ihn aber nicht an.
Was wollen Sie mit einem Spiegel?
Ich will schauen, ob es in dem Brief spiegelverkehrten Text gibt.
Verstehe. Bedauerlicherweise gibt es hier im Kloster keinen Spiegel. Eitelkeit ist ein Werk des Teufels. Aber selbstverständlich werde ich Ihnen einen Spiegel besorgen.
Francesco hat Silvios Vertrauen gewonnen. Der Junge klettert auf den Schoß des Mönches, um mit ihm gemeinsam zu malen. Francesco hat ein Kreuz gezeichnet. Silvio hat etwas gekritzelt, das einen Engel darstellen soll. Francesco nimmt einen gelben Buntstift und malt einen Heiligenschein über den Kopf des Engels.
Hastige Schritte in der Bibliothek. Der Kardinal und sein Gefolge. Francesco springt so hektisch auf, dass Silvio von seinem Schoß rutscht.
Francesco!, sagt der Kardinal knapp.
Kardinal!, antwortet Francesco.
Einige Sekunden vergehen. Der Bibliothekar schaut am Kardinal vorbei, sein Gesicht verfinstert sich, die Kiefermuskeln spannen sich an. Der Kardinal macht eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf, worauf Francesco den Raum verlässt. Der Kardinal sieht sich Silvios Bild an.
Ein schönes Kreuz, sagt er.
Das hat Francesco gemalt, sagt Silvio.
Was hast du gemalt?
Den Engel.
Der Kardinal lächelt, nickt. Dann dreht er sich zu Lorenzo um.
Was haben Sie herausgefunden?
Noch nichts. Aber ich habe einen Vorschlag.
Ja?
Lassen Sie Silvio gehen. Dann arbeite ich mit Ihnen zusammen. Rückhaltlos.
Das tun Sie auch jetzt schon.
Sie brauchen ihn nicht. Lassen Sie ihn gehen. Ich bitte Sie.
Mein lieber Freund, Sie werden doch sicher verstehen, dass Silvio unsere Versicherung für Ihren Kooperationswillen ist.
Haben Sie vor …
Wir sind uns Ihres Kooperationswillens sicher.
Aber Silvio …
Ich denke, es ist das Beste für ihn, dass er hier ist. Bei uns. Bei Ihnen. Angelica wird auch bald da sein.
Hier? Haben Sie sie auch entführt?
Bald.
Haben Sie …
Sehen Sie mich nicht so erschrocken an. Wir werden ihr nichts tun. Wir wollen sie nur hierherholen. Wie weit sind Sie gekommen?
Sie wollen eine Prozentangabe? Das lässt sich bei der Dechiffrierung eines Textes nie so genau sagen. Außerdem würde es mir sehr helfen, wenn ich wüsste, wonach ich suche.
Das habe ich Ihnen doch bereits gesagt.
Für das Dechiffrieren alter Codes muss man wissen, wie diejenigen, die die Codes entwickelt haben, dachten.
Wir suchen …
… nach Gott. Das weiß ich. Aber ich vermute, dass Sie das nicht buchstäblich meinen. Ich muss genau wissen, wonach wir suchen. Also, was glauben Sie wollte Nostradamus Cosimo I . in diesem Brief mitteilen?
Der Kardinal zögert einen Augenblick, ehe er antwortet: Wo sich der Schatz der Tempelritter befindet.
Lorenzo schluckt. Zuerst die Bundeslade, jetzt auch noch der Schatz der Tempelritter.
Erkennen Sie denn nicht selbst die Verrücktheit dieses Projektes?, fragt er. Nichts von diesen Dingen existiert wirklich. Es sind Illusionen, von Menschen geschaffene Symbole, weil wir Mysterien brauchen, Konspiration, Rätsel. Er hebt die Stimme. Aber keins von diesen Dingen gibt es wirklich!
Es heißt auch, Vicarius Filii Dei würde es nicht geben.
Das ist etwas anderes. Der Mythos
Weitere Kostenlose Bücher