Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
heute ein großes Rätsel dar. Es enthält viele Chiffren und amüsante Anagramme. Wie dieses …«
LYCIA E PORTA
Ich ließ mir die Worte auf der Zunge zergehen. Lycia e Porta . Versuchte, einen Sinn hineinzubringen. »Lycia war vor etwa 2700 Jahren ein Zusammenschluss von Stadtstaaten in der südwestlichen Türkei«, sagte ich, mich herantastend. » Porta … Hat das was mit Giovanni Porta zu tun?«
»Dem Komponisten?«, fragte Angelica.
»Nein, dem Wissenschaftler, der für seine Arbeit mit Codes bekannt war.«
»La Porta ist eine Gemeinde auf Korsika«, schlug Angelica vor.
Theophilus de Garencières lachte in sich hinein. »Sie haben mit alldem so weit recht. Und zugleich liegen Sie ganz falsch.«
»Der semantische Sinn der Wörter ist unwesentlich«, sagte ich. »Wenn dies ein Anagramm ist, müssen die Buchstaben zu einem ganz anderen Wort zusammengesetzt werden.«
»Genau«, sagte de Garencières. »Und es haben sich im Laufe der Geschichte einige Codeknacker daran versucht. Dies hier ist die Lösung mit den meisten Anhängern …«
Er schrieb LYCIA E PORTA auf ein Blatt Papier und malte dann Pfeile dazu, die zeigten, wie die Buchstaben für zwei andere Wörter umgestellt werden mussten.
Oracle Pytia . Das Orakel von Delphi.
Diese Lösung half uns auch nicht weiter. Im besten Fall war sie ein Fingerzeig, ein vager Wegweiser.
»Und nicht genug damit«, sagte de Garencières. »In Orus Apollo finden sich Verweise auf Ägypten, Cäsar, Kleopatra, auf die Tempelritter und Johanniter und nicht zuletzt auf Geheimnisse, die in Werken der Bibliothek von Alexandria versteckt waren. Nostradamus deutet an, dass sie okkulter, magischer und religiöser Natur sind. Und dass die Lösung immer zu finden ist beim …« Er blätterte weiter und zeigte auf zwei Worte im Text:
ROTABILE OBICI
Rotabile ist vom lateinischen rotabilis abgeleitet, hat etwas mit Transport zu tun und kann vielleicht mit rollen übersetzt werden.
Obici? Ein Eigenname und ein Krankenhaus. De Garencières drehte das Blatt um, schrieb etwas und zeigte uns die Lösung:
Bibliotecario! Bibliothekar!
Aber welcher Bibliothekar?
»Sie wollten wissen, ob ich noch mehr Ideen habe«, sagte de Garencières. »Ja, habe ich. Ideen, aber keine Lösungen.«
Er zog ein loses Blatt zwischen den Seiten von Orus Apollo hervor und hielt es ins Licht. Oben erkannte ich das Symbol, das ich bei Professor Morettis Vortrag auf dem Brief von Nostradamus an Cosimo I . de’ Medici gesehen hatte.
»Dieses Blatt ist eine Rarität«, sagte er. »Sie gehören jetzt zu den wenigen Menschen auf der Welt, die diese Abschrift zu Gesicht bekommen haben. Die zwölf losen Blätter sind ein antiquarisches Kleinod – eine handgeschriebene Abschrift der verloren gegangenen Erstausgabe von Nostradamus’ Les Prophéties .«
»Wie sind Sie daran gekommen?«, fragte ich interessiert.
»Über einen Freund in Grosseto. Tomasso Vasari. Das ist eine lange Geschichte. Er wiederum hatte sie von einem Antiquar in Rom erstanden, einem gewissen Luigi Fiacchini, irgendwann in den Neunzigern.«
Ich zuckte zusammen, verkniff mir aber zu erwähnen, dass sowohl Vasari als auch Fiacchini alte Bekannte von mir waren.
»Noch mehr Chiffren. Oder Anagramme. Für die ich leider keine Lösung habe. Ich habe, ehrlich gesagt, nicht die leiseste Ahnung, worauf sie sich beziehen oder was sie bedeuten.«
De Garencières sah uns entschuldigend an, als er auf die erste Chiffre zeigte.
Libico β
»Ich hatte gehofft, Professor Moretti könnte mir da weiterhelfen«, sagte er. »Wenn er mich hier besucht hätte, wie angekündigt.«
»Typisch Lorenzo«, sagte Angelica. »Immer zu wenig Zeit. Immer im Verzug.«
De Garencières sah Angelica an, als suche er nach Worten, mit denen er sie trösten, sie beruhigen und ihr versichern könne, dass am Ende sicher alles gut ausgehen würde.
»Haben Sie versucht, es zu dechiffrieren?«, fragte ich.
»Selbstverständlich! Aber ich bin kein Fachmann. Darum habe ich auf Professor Moretti gehofft. Er hätte sicher mehr damit anfangen können.«
» Libico bedeutet libysch«, sagte Angelica, als wollte sie die Abwesenheit und das Versäumnis ihres Ehemannes wiedergutmachen, indem sie für ihn antwortete.
»Das weiß ich«, sagte de Garencières.
»Und der letzte Buchstabe ist das griechische Beta«, bemerkte ich.
»So weit war ich auch schon«, antwortete er geduldig. »Aber das libysche Beta … Was bedeutet das? Die Zeichen müssen einen anderen Sinn bergen,
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