Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
vatikanischen Kommission mitgearbeitet, die zu ergründen versucht hat, ob es für die Art der Morde irgendwelche historischen Vorbilder gäbe. So bin ich auf einen Mönchsorden gestoßen, der den Namen Vicarius Filii Dei trug. Ein finsterer, übler Orden. Es hieß, dass es diesen Orden nicht mehr gäbe. Ich war mir da nicht so sicher, es gelang mir aber auch nicht, das Gegenteil zu beweisen. Viele der Rituale – wie das Ausbluten und die Nacktheit – hatten Ähnlichkeit mit einer Serie ähnlicher Morde in den 1850er-Jahren. Man sollte doch meinen, dass ich da etwas auf der Spur war? Ich legte die Resultate meiner Untersuchung meinem Vorgesetzten vor. Er war erschüttert. Aber als er diese Informationen an seine Vorgesetzten weiter oben im System übergab, wurde das Ganze unter den Teppich gekehrt. Vicarius Filii Dei, bekamen wir zu hören, sei ein Fantasieprodukt, erschaffen von den Gegnern der katholischen Kirche. Allein die Andeutung, dass es sie noch geben könnte – und damit natürlich der Verdacht, dass sie etwas mit den Priestermorden zu tun hatten – wäre Wasser auf die Mühlen all jener, die gegen die Kirche waren. Wir bekamen einen Maulkorb. Um es zu sagen, wie es war. Die Untersuchungskommission wurde aufgelöst. Alle Materialien – wie meine historische Dokumentation – wurden beschlagnahmt und im Geheimarchiv des Vatikans abgelegt.« Ein listiges Lächeln huschte über Piero Ficinos Gesicht. »Ich habe ihnen natürlich nicht gesagt, dass ich von all meinen Berichten einen Durchschlag hatte. Hier«, sagte er und schob einen Zettel in unsere Richtung, »das ist die alte Kopie.«
Archiv
Congregatio pro Doctrina Fidei
November 1958
Vicarius Filii Dei
Vorläufiger Teilbericht
Vertraulich
Bei der Untersuchung der Priestermorde ist die Kommission in mehreren Fällen auf Hinweise auf den (angeblichen) Mönchsorden Vicarius Filii Dei gestoßen. Zwar haben wir keine endgültigen Beweise dafür gefunden, dass diese Organisation/dieser Orden tatsächlich existiert, unsere Untersuchungen haben aber ergeben, dass Vicarius Filii Dei zum ersten Mal um das Jahr 750 in dem falschen römischen Kaiserdekret Constitutum domini Constantini imperatoris erwähnt wird. Es gibt die Ansicht, dass Vicarius Filii Dei und Vicarius Christi de facto Decknamen für den Papst selbst waren. In der verbotenen protestantischen Niederschrift Antichristus aus dem 16. Jahrhundert findet sich die Behauptung, dass der Papst bereits im 13. Jahrhundert den geheimen Orden Vicarius Filii Dei gegründet habe, um Mönche durch eine soldatische Spezialausbildung für Sondereinsätze zu trainieren, mit denen weder der Papst noch die römische Kurie in Verbindung gebracht werden wollten (Beispiele: Kreuzzug, Inquisition, die Zerschlagung der Tempelritter, Hexenverfolgung, die Massaker an den Katharern und Hugenotten). Das Archivum Secretum Vaticanum hat der Kommission bislang keinen Zugang zu Dokumenten gewährt, die diese Behauptung bestätigen oder entkräften könnten (Fußnote 3). Vicarius Filii Dei wird überdies in einigen aus dem 15. Jahrhundert stammenden Aufzeichnungen in der römischen Kirche Santa Croce in Gerusalemme erwähnt. In einem Dokument, das 1865 im Schlossarchiv in Navarra gefunden wurde und das per Kurier ins Archivum Secretum Vaticanum gebracht wurde, wo es mit der Signatur ZYC-1003132-AD1865 archiviert worden sein soll, wird (hier muss ich einfügen »angeblich«, da mir ja kein Zugang zum Archiv gewährt wurde – Fußnote 7) auf ein Konzil verwiesen, das 1540 zwischen Vicarius Filii Dei , den Jesuiten und den Drăculsângeern abgehalten wurde. Das rituelle Ausbluten ist im Übrigen eine religiöse Praxis, die eng in Verbindung mit den rumänischen Drăculsângeern steht. In der Jesuitenschrift Ratio Studiorum (1599) wird auf ein Schisma verwiesen, wobei offenbleibt, ob der Text wörtlich oder allegorisch zu verstehen ist. Vicarius Filii Dei ist unbestätigten Gerüchten zufolge der Congregatio pro Doctrina Fidei unterstellt und wird von einem Kardinal in pectore angeführt, was bedeutet, dass der Kardinal im Geheimen ernannt wurde und dass sein Name nur dem engsten Umfeld des Papstes bekannt ist. Den gleichen unbestätigten Gerüchten zufolge sind die Vicarius Filii Dei im Besitz einer umfangreichen Büchersammlung. Diese Bibliothek ist ein Teil des Klosters, das in Wahrheit wohl als militärisches Fort anzusehen ist. Der Wahlspruch von Vicarius Filii Dei lautet: Ad maiorem Dei gloriam (Zur größeren Ehre
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