Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
ein entscheidender Hinweis – im Petersdom zu finden ist. In einem Brief von Michelangelo an Nostradamus – den wir bei Theophilus de Garencières lesen durften – verwies Michelangelo auf Machiavelli und ein gemeinsames Geheimnis. Was für ein Geheimnis mag er damit gemeint haben? Etwas, das aus der Kathedrale der römischen Diözese in Sicherheit gebracht wurde?«
»Bjørn«, sagte Angelica. »Der Petersdom war nie die Kathedrale von Rom. Roms Kathedrale ist die Laterankirche!«
Ihre Berichtigung und ihr missbilligender Blick trieben mir die Schamesröte ins Gesicht.
Vasari gab etwas in die Vorlesemaschine ein. »Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Medici was auch immer in Rom versteckt haben soll. Michelangelo, ja, aber Machiavelli oder die Medici? Niemals! Wenn ich eine Vermutung äußern darf, glaube ich eher, dass der Hinweis von Michelangelo damit zusammenhängt, wer zu der Zeit Kardinalpriester der Laterankirche war. «
»Was selbstverständlich alle wissen …«, nuschelte ich.
Wieder ließ er sich Zeit, einen Text einzutippen, der einen Hauch von Komik barg, als er mit der metallischen Stimme vorgetragen wurde.
»Von 1508 bis 1534 hieß der Kardinalpriester Alessandro Farnese. Und wer war das? Genau, der spätere Papst Paul III . Der 1542 die römische Inquisition ins Leben rief. Und wer war sein Sekretär? Genau, der junge Marcello Cervini degli Spannochi – der spätere Papst Marcellus II . Vielleicht ging es bei Michelangelos Geheimnis um ihre Verbindung zu Vicarius Filii Dei? Marcello Cervini degli Spannochi war ein Studienfreund Francesco Franciottos, der später Kardinal des Mönchsordens wurde. Oder ging es möglicherweise um etwas so Banales wie einen Architektenauftrag, den Michelangelo im prachtvollen Farnese-Palast des Hauptpriesters in Rom ausführte? Als Versteck für den Medici-Schatz kamen weder der Petersdom noch die Laterankirche in Frage. Es muss um etwas ganz anderes gegangen sein. Und es ist ganz offensichtlich, dass die Medici auf einem Geheimnis historischen Ausmaßes saßen.«
Die Bibliothek von Alexandria, dachte ich, wollte aber nichts verraten.
»Sie banden die gelehrten Männer ihrer Zeit an sich – Machiavelli, Michelangelo, Nostradamus «, fuhr Vasari fort. »Aber diese Männer hätten sich sicher nicht in die kleinlichen machtpolitischen Intrigen der Medici einspannen lassen. Es muss um etwas weitaus Größeres gegangen sein. Wir haben immer angenommen, dass die Bundeslade eine Legende ist, ein allegorisches Symbol für das Allerheiligste. Inzwischen frage ich mich immer öfter, ob die Bundeslade vielleicht doch noch heute existiert.«
18 Koran, Sure 2, Vers 248.
19 2. Buch Mose, Kap. 19, Vers 16–19.
20 Die Zeichenkombination ist als Tetragramm bekannt, was »die vier Buchstaben« bedeutet. Das paläohebräische Alphabet wurde vom 10. Jh. v. Chr. bis ins 2. Jh. n. Chr. verwendet.
K APITEL 20 Die Haie
G ROSSETO – R OM,
D ONNERSTAGVORMITTAG
I
So hat jeder von uns seine fixen Ideen und Ticks. Tomasso Vasari war damit nicht allein. Ich selbst hatte einen ganzen Stall voll davon. Autoritäten provozieren mich. Professoren. Parkwächter. Das Finanzamt. Alle, die mir ihre absoluten Wahrheiten um die Ohren hauen wollen, ihre Verordnungen, ihr Regelwerk, ihre Haarspaltereien. Begegnungen mit Paragrafenreitern wecken das bösartige, querulante Wesen in mir, eine zischende Giftschlange im Gras, ein giftspeiender Gnom, der stur die Stellung hält, bis das Räumkommando mit Schilden und Tränengas und Wasserwerfern kommt und mich in eine Ecke mit allen anderen verbockten Streithammeln spült.
II
Als wir durch Civitavecchia fuhren, hing ein riesiger Militärhelikopter über der Straße. Wie ein riesiger Mistkäfer, der Probleme hatte, sich in der Luft zu halten.
»Suchen die uns?«, fragte ich.
»Du bist ja noch paranoider als ich«, antwortete Angelica.
Paranoid? Dabei hatte ich ihr noch nicht einmal von den drei Autos erzählt, die ich die letzten Kilometer im Rückspiegel beobachtet hatte. Eins hatte in einer Auffahrt bei Ortobello gestanden und war auf die Autobahn gefahren, als wir vorbeikamen. Ich konnte mir denken, wie Angelica reagiert hätte, amüsiert und zurechtweisend: Bjørn, wir befinden uns auf der Autobahn nach Rom, da ist es nicht ungewöhnlich, dass Autos unser Tempo halten.
Es ist nur so, hätte ich erwidern können, dass selbst die Paranoiden hin und wieder tatsächlich verfolgt werden.
Bei Ladispoli standen zwei Polizeiwagen und zwei
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