Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Kardinals erreicht hatten, blieben die zwei Wachen draußen stehen, während der Kardinal die Eichentür öffnete und mich hereinbat.
Das Büro war klein. Nackt. Weiß gekalkte Wände. Ein schmales Bücherregal, gefüllt mit ledernen Buchrücken mit goldener Prägung. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing ein Kruzifix. Ein Bild von der Jungfrau Maria neben der Tür.
»Angelica Moretti!«, platzte ich heraus. »Wo ist sie?«
Der Kardinal setzte sich hinter seinen Schreibtisch und zeigte auf einen Stuhl. Ich setzte mich.
»Frau Moretti ist leider nicht in unserem Gewahrsam.«
»Versuchen Sie es gar nicht erst! Ihr habt sie direkt vor meinen Augen entführt.«
Er hob abwehrend die Hände und sagte: »Ich weiß nicht, wo sie ist. Hier ist sie nicht.«
»Und warum bin ich dann hier?«
»Nun, wir haben gemeinsame Interessen.«
»Ach ja?«
»Die Bundeslade.«
»Und Nostradamus’ Testament?«
»Das Testament kann uns nur den Weg weisen.«
»Zur Bundeslade?«
»Wir sehen das alles in einem größeren Zusammenhang. Den Weg zu Gott. Die Bundeslade ist eine irdische Verbindung zum Reich Gottes.«
Ich dachte mir meinen Teil. Ein paar Sekunden lang blieben wir sitzen und maßen uns mit den Augen.
»Wer sind Sie?«, fragte ich. »Sind Sie wirklich Kardinal? Oder haben Sie bloß Spaß daran, sich wie einer zu verkleiden?«
»Ich bin das demütige und unbedeutsame Werkzeug unseres Herrn.«
Irgendwo ertönte schwer eine Glocke. Ich sah aus dem Fenster. Und erstarrte.
II
Schräg gegenüber sah ich ein wohlbekanntes Profil.
Die majestätische Kuppel der Peterskirche.
Ich befand mich im Vatikan.
Ich hatte noch nie Probleme mit dem Glauben. Mit der Kirche als Institution hingegen sehr wohl.
Der Glaube ist eine innere Überzeugung, eine Glut. Er ist wie eine Suche nach etwas Unsichtbarem, das man aber doch spüren kann. Der Glaube ist Hoffnung.
Die Kirche hingegen institutionalisiert den Glauben. Die Kirche macht Regeln. Sie sagt dir, was du glauben und wie du leben sollst. Sie verbietet und droht. Die Kirche insistiert. Mit ihren Dogmen und Liturgien entreißt sie dem Glauben jegliches Staunen.
»Ich sehe, wo wir sind«, sagte ich.
Er bewegte den Kopf hin und her. »Das ist kein Geheimnis. Und doch wohl auch keine Überraschung? Dem Vatikan ist über die Jahrhunderte schon viel vorgeworfen worden, wobei das meiste Lügen und Konspirationstheorien sind.«
»Trotzdem sitze ich hier. Als Ihr Gefangener. Im Vatikan.«
»Eine bedauerliche Notwendigkeit, um ein Ziel zu erreichen, das wichtiger ist als Ihre persönliche Freiheit.«
»Aber Sie können nicht einfach …«
»Warten Sie!«, unterbrach er mich. »Den Spielregeln der Gesellschaft zu folgen ist ein Privileg all jener, die sich den Politikern und Juristen unterordnen. Wir dienen Gott und sind nur dem Herrn Rechenschaft schuldig.«
»Dann hat Gott Ihnen den Auftrag und das Mandat erteilt, einfach vorzugehen, wie es Ihnen gefällt? Hat Gott Sie beauftragt, eine Gruppe bewaffneter Männer auszusenden, um Professor Moretti zu holen?«
»Alles, was wir tun, geschieht im Sinne Gottes und in seinem Namen. Wobei es ja wohl klar ist, dass wir unsere Aufträge nicht von ihm erhalten. Wir sind ja keine Propheten. In unserer menschlichen Schwäche müssen wir selbst die Methoden wählen, mit denen wir unsere Ziele erreichen. Die auch die Ziele unseres Herrn sind.«
»Und was, glauben Sie, hält Gott davon, dass Sie auch den Sohn des Professors und nun auch seine Frau entführt haben? Und dass Sie unschuldige Menschen ermordet haben?«
»Niemand ist wirklich ohne Schuld! Oder können Sie das von sich behaupten, Beltø? Gott sieht das nicht so eng.«
»Warum diese Hetzjagd auf Angelica Moretti und mich?«
»Ihre Kompetenz, Herr Beltø, ist nicht unbedeutend. Frau Moretti ist ihrerseits ein Druckmittel für den Professor. Aber in erster Linie wollen wir uns den Originalbrief sichern. Wir brauchen ihn. Um Sie daran zu hindern, Nostradamus’ Codes vor uns zu dechiffrieren.«
»Wir haben den Brief nicht.«
»Oh, wir wissen, dass Sie ihn bei Regina Ferrari geholt haben, unmittelbar bevor unsere Männer Sie aufzuhalten versucht haben.«
»Angelica und ich haben den Brief nicht gestohlen. Und Ferrari hatte gar nicht die Zeit, den Brief zu verstecken. Wir waren bei ihr, als sie nach Florenz zurückkehrte und zum ersten Mal wieder ihr Büro betrat. Der Brief muss von jemand anderem gestohlen worden sein.«
Der Kardinal musterte mich. »Wir sind zum Glück im
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