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Das Orakel der Seherin

Das Orakel der Seherin

Titel: Das Orakel der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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die Augen zu und sie kippt mit dem Gesicht auf den Boden. James starrt einen Moment lang auf sie hinab, dann läßt er das Gewehr fallen und kniet sich neben mich. Das Gesicht des Kindes ist nur Zentimeter von meinem entfernt, aber ich bin nicht in der Lage, die Hand auszustrecken und es zu berühren. Das Baby wirkt verwirrt, James dagegen scheint sich mächtig zu amüsieren.
    »Was hast du mir damals gesagt?« fragt er. »Eines Tages werde ich dich wiedersehen. Es ist noch nicht vorbei.«
    Er verstummt und fährt dann fort. »Ja, du hattest wohl recht. Zumindest halbwegs.«
    Ich ertrinke förmlich in Blut. Als ich das Wort hervorpresse, steigen Blasen auf.
    »Wie?«
    »Wie ich es geschafft habe, in einem neuen Körper hier zu sein? Das ist ein Geheimnis der Setiane, weißt du. Aber um die Wahrheit zu sagen, war ich niemals wirklich fort. Oh, ich habe mich unzählige Male verwandelt, in viele verschiedene Formen, aber das ist wohl nur eine unbedeutende Leistung für jemanden wie mich.« Er schaut auf die bewegungslos daliegende Kalika. »Es ist eine Schande, daß deine Tochter meine ganzen Anhänger getötet hat. Aber für sie werden neue kommen.«
    »Was?« flüstere ich.
    Er grinst. »Was ich mit dem Kind tun werde, jetzt, nachdem du mich zu ihm geführt hast? Wenn du ehrlich bist, willst du das nicht wissen. Besser, du stirbst ohne derartige Schreckensvorstellungen.« Er hebt das Messer. »Wo soll ich dir das Gift injizieren? Es ist eine neue, verbesserte Sorte. Sie tötet garantiert den stärksten Vampir. Und das schön langsam.«
    »Fahr zur Hölle!« keuche ich.
    »Sita, daher komme ich doch gerade.«
    Er stößt das Messer in meinen Rücken und läßt die Klinge in der Wunde.
    Ich bin zu schwach, um sie herauszuziehen. Zu schwach, um danach zu greifen.
    James erhebt sich und geht mit dem Kind davon.
    Ich höre, wie das Baby zu weinen beginnt.
    17.
    KAPITEL
    Roter, quälender Schmerz und schwarze Verzweiflung. Das ist alles, was ich in den nächsten Minuten empfinde. Es ist keineswegs so, daß ich nichts anderes um mich herum mehr wahrnehme, es ist so, daß ich eine andere Perspektive einnehme. Der Raum ist ein Ort der Schmerzen und der bitteren Gerechtigkeit, auf dessen gegenüberliegender Seite ein brodelnder Kessel auf mich und meine Seele wartet. Zu erkennen, daß ich die ganze Zeit für den Feind gearbeitet habe, daß ich sein größter Verbündeter war, ist zuviel für mich. Der Tod, wenn er denn Vergessen brächte, wäre eine willkommene Erlösung für mich. Aber ich weiß, daß eine besondere Hölle auf denjenigen wartet, der den Messias an den Schakal verkauft.
    Wie in weiter Ferne spüre ich etwas Warmes und Feuchtes auf meinen Lippen.
    Es schmeckt wie Blut, sehr süßes Blut, aber es ist ein so kraftvolles Elixier, wie ich es niemals zuvor kennengelernt habe. Bevor mein Geist es wirklich erkennt, reagiert mein Körper – und ich lecke es mir durstig von den Lippen.
    Der Strom des Blutes, das bisher gleichmäßig aus meiner Kehle geflossen ist, wird langsamer. Zuerst glaube ich, der Grund dafür sei, daß mein Körper langsam ausdörrt, aber dann begreife ich, daß ich dabei bin zu genesen – was mit einer durchschnittenen Kehle, einem Messer im Rücken und dem Gift der Setiane in meinen Adern eigentlich unmöglich ist. Doch nach einer Weile wird auch mein Blick klarer, und schließlich kann ich wieder alles um mich erkennen.
    Meine Tochter liegt neben mir.
    Sie gibt mir ihr eigenes Blut aus ihrer Hand zu trinken.
    Einen Augenblick lang glaube ich, das müsse bedeuten, daß sie sich erholt habe. Aber dann sehe ich, daß ihre grauenvollen Wunden keineswegs geheilt sind. Meine Augen drücken meine Qualen aus, aber sie, Kalika, lächelt sogar jetzt.
    »Es ist nur noch genug Leben für dich da«, sagt sie.
    Ich schiebe ihre Hand weg. »Das darfst du nicht tun. Du bist unsere letzte Hoffnung.«
    »Nein, das bist du.« Sie zwingt mich dazu, mehr von ihrem Blut zu trinken, und schiebt mich auf die Seite. Dann verspüre ich einen scharfen Schmerz im Rücken – sie hat Orys Messer herausgezogen. Noch immer fühle ich das Gift in mir, spüre, wie es durch meine Adern fließt und sich von mir ernährt. Kalika öffnet die Vene an ihrem Arm und zwingt mich, mehr von ihrem Lebenssaft zu trinken, und es ist, als ob der Fluß ihrer Kraft das Gift in mir überwältigt, denn ich fühle es in mir sterben. Eine wundervolle Wärme breitet sich in mir aus. Fast scheint es mir, als habe sich die Wunde in meinem Hals

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