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Das Orakel der Seherin

Das Orakel der Seherin

Titel: Das Orakel der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Yards und ist an drei Seiten von majestätischen Klippen, auf denen hohe Pinien wachsen, umgeben. Die Landenge, welche die Bucht mit dem See verbindet, ist schmal und schützt sie so auch bei stürmischem Wetter. Inmitten des Wassers befindet sich eine kleine Insel, ein Ort, an dem Kinder wundervoll spielen und Erwachsene sich erholen können. Besonders nachts, im Mondlicht, strahlt die Bucht ihren ganz besonderen Zauber aus. Doch heute schimmert das Wasser silbern, nicht smaragdfarben. Silbern wie das Messer, mit dem Ory mich erstechen wollte.
    Aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund muß ich mich daran erinnern, daß dies vor langer Zeit geschah.
    Meine Innereien ziehen sich zusammen, und ich wische die Fliege fort, die in das Innere des Wagens eingedrungen ist. Kalikas Geruch überwältigt meine Sinne. Seitdem ich in Kontakt mit Yakshas Blut gekommen bin, ist mein Geruchssinn meine stärkste Waffe. So fahre ich meist mit geöffnetem Fenster und benutze meine Nase wie einen Kompaß, der mich niemals enttäuscht. Der Geruch weist mich in eine bestimmte Richtung – zu einem kleinen Holzhaus auf roten hölzernen Stelzen. Es liegt über einer verlassenen steinernen Kapelle am Fuße der Klippen, nicht weit vom Wasser entfernt. Es wird nahezu von den Bäumen verdeckt, aber ich sehe es trotzdem.
    Und ich fahre schneller.
    In einiger Entfernung von dem Haus halte ich an. Die Straße, auf der wir uns befinden, führt um den ganzen Lake Tahoe, doch hier befindet sie sich in einer Höhe von etwa in dreihundert Yards Höhe an der Seite eines der Berge. Ich greife ein Gewehr und lade es, wobei ich die Stimmen meiner Beifahrer ignoriere. Der Rest der Munition befindet sich in der Schachtel, die ich in meine Tasche stopfe. Ich öffne die Fahrertür und bin schon fast draußen, als James meinen Arm greift.
    »Wohin gehen Sie?« will er wissen.
    »Es gibt Dinge, bei denen Sie mir nicht helfen können«, weiche ich einer direkten Antwort aus.
    »Alisa«, sagt Seymour. Die beiden anderen kennen mich nur unter diesem Namen.
    »Es gibt keine andere Möglichkeit.« Damit schüttele ich James ab. »Bleibt hier und paßt gegenseitig auf euch auf. Vielleicht taucht sie hier auf.«
    Ich gebe ihnen keine Zeit für eine Antwort. Im nächsten Moment springe ich aus dem Wagen, renne um die Kurve, und in dem Augenblick, in dem sie mich nicht mehr sehen können, stelle ich auf den Hypermodus um, mit dem ich schnell bin wie der Blitz. Auch die Bäume und Felsen in meinem Weg können mich nicht aufhalten. Ich erreiche das Haus nach dreißig Sekunden.
    Die Vordertür ist schon von jemandem eingetreten worden.
    Offenbar hat Kalika beobachtet, in welche Richtung sich meine Gedanken bewegten.
    Drinnen finde ich Paula. Sie starrt aus dem Fenster, von dem aus man einen Blick auf die Smaragdbucht hat. Auf dem kalten Wasser sehe ich nur ein Boot, das von einem Außenborder langsam durch die Nacht bewegt wird – in die uns entgegengesetzte Richtung. Ich packe Paula von hinten an den Schultern und drehe sie zu mir um.
    »Hat sie das Kind mitgenommen?« stoße ich hervor.
    Paulas Gesicht ist weiß wie Schnee.
    »Ja«, sagt sie mit dumpfer Stimme.
    »Bleib hier!« Ich entsichere mein Gewehr. »Ich werde ihn zurückholen.«
    Im nächsten Moment bin ich draußen und renne um die Bucht herum.
    Aufgrund der an den Seiten scharf abfallenden Klippen ist das stellenweise schwierig. Als ich erneut an eine dieser heiklen Stellen gelange, springe ich, bis meine Füße wieder sicheren Boden erreichen. Kalikas Außenborder ist nicht sehr stark. Sekunden bevor das Boot die Landenge erreicht, komme ich dort an.
    Kalika trägt einen langen weißen Mantel und hält das Baby, in eine weiße Decke gewickelt, auf den Knien. Sie sieht mich an, als ich das Gewehr hebe und auf sie richte. Sie ist nur fünfzig Yards von mir entfernt, und ihre Augen schimmern im Licht des Mondes. Sie wirkt nicht im geringsten überrascht. Das Baby grummelt leise vor sich hin. Es wirkt nicht ängstlich. Doch ich habe um so mehr Angst, als ich noch einmal ziele und dann den Abzug betätige.
    Der Schuß hallt in mehrfachem Echo über die Bucht.
    Ich habe ein Loch in den vorderen Teil des Bootes geschossen.
    Wasser strömt herein. Kalika greift nach der Pinne des Außenborders und wendet das Boot. Einen Augenblick lang wendet sie mir den Rücken zu, bietet eine hervorragende Zielscheibe. Doch ich schieße nicht. Ich sage mir, die Gefahr ist zu groß, das Kind zu treffen. Zuerst scheint Kalika zurück

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