Das Orakel des Todes
enttäuscht. „Jetzt muss ich ohne die Genugtuung sterben, dass ihr mich zumindest gerächt habt.“
Hermes kniete sich hin, zog sein Messer hervor und schnitt rund um die Verletzung ein Loch in meine Tunika. Dann versetzte er mir plötzlich einen heftigen Schlag auf die Brust.
„Aua! Was machst du denn, du Mistkerl!“
„Ich will sehen, wie schlimm es um dich bestellt ist. Das hat mir Asklepiodes beigebracht.“ Er packte den Pfeil am Schaft bewegte ihn hin und her. Vor meinen Augen färbte sich alles rot. Als Nächstes boxte er mich leicht in den Magen, woraufhin ich mich erbrach.
„Kein Blut in deinem Erbrochenen. Das ist gut.“
„Gut?“ Ich tobte, allerdings mit äußerst schwacher, gequälter Stimme. „Was soll daran gut sein? Ich lasse dich kreuzigen, du Monster! Ich habe schon immer gewusst, dass ich dich nie hätte freilassen sollen!“
„Halt den Mund! Der Pfeil hat weder deine Lunge noch dein Herz oder eine der Hauptadern getroffen. Wir holen ihn raus, und wenn du nicht an inneren Blutungen stirbst, oder an der Infektion, bist du bald wieder auf den Beinen. Und zurück bleibt nichts als eine weitere Narbe, mit der du die Wähler im Wahlkampf beeindrucken kannst.“
Irgendwie beruhigte mich das ein wenig. „Soll das heißen, du willst den Pfeil rausreißen?“
„Es sei denn, du willst ihn behalten“, erwiderte er. Hämischer Mistkerl.
„Gib mir eine Gallone Wein oder auch zwei, und tu, was du tun musst!“ Auf einmal stutzte ich. „Soll ich euch was sagen, Männer? Mein Kater ist verflogen.“ Und das war das Letzte, woran ich mich für geraume Zeit erinnerte.
Als ich wieder aufwachte, wünschte ich, ich hätte weiter in Bewusstlosigkeit verharrt. Meine Brust und meine Schultern fühlten sich an wie geschmolzenes Blei. Jeder Atemzug tat mir weh. Als ich versuchte, den Kopf zu drehen, schmerzte er so, dass ich es tunlichst unterließ, und mein Hals tat ebenfalls höllisch weh. Ich hatte das Gefühl, dass gerade jemand aus dem Raum gehuscht war. Das bedeutete zumindest, dass ich in einem Raum war. Wie es schien, lag ich sogar in einem Bett. Ich versuchte heraus zu finden, wo ich war, indem ich ausschließlich meine Augen bewegte. Sie schmerzten ebenfalls. Ich erkannte die Wandmalereien. Ich war in der Villa, die Hortalus uns überlassen hatte.
Julia kam herein. „Siehst du jetzt, was dabei heraus kommt, wenn du darüber redest, dass dich jemand umbringen will? Jetzt haben sie es tatsächlich versucht - und um ein Haar hätten sie es geschafft.“
„Du meinst also, es ist meine eigene Schuld. Wie lange war ich bewusstlos?“
„Drei Tage. Der Arzt hat die Wunde behandelt und verbunden und dir Wein mit Betäubungsmitteln eingeflößt. Deshalb hast du so lange geschlafen.“
Ein entsetzlicher Gedanke durchfuhr mich. „Du hast ihn doch hoffentlich nicht ein heißes Eisen durch die Wunde ziehen lassen, oder?“ Ich war schon einmal Zeuge dieser Behandlungsmethode gewesen, und sie ist weitaus schlimmer als das; eigentliche Getroffenwerden.
„Nein. Dieser Arzt ist kein Anhänger derart drastischer Methoden. Bei Wunden wie deiner bevorzugt er Betäubungsmittel und Breiumschläge.“
„Dann ist er besser als so mancher Militär-Wundarzt. Wie heilt die Verletzung denn?“
„Am Morgen war sie nicht mehr so rot und geschwollen wie bei deiner Ankunft. Aber du wirst wohl oder übel für eine Weile das Bett hüten müssen. Hermes hat all deine Gerichtssitzungen abgesagt und einen Boten mit der Nachricht nach Rom gesandt, dass du angegriffen und verwundet wurdest. Pompeius hat sogar seinen persönlichen Leibarzt geschickt, aber ich wollte nicht, dass er dich behandelt. Er ist einer von denen, die auf die Behandlung mit heißem Eisen schwören.“
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„Nett von Pompeius und noch netter von dir. Ich möchte mich jetzt hinsetzen.“
.“Bleib lieber noch liegen, bis die Wunde besser verheilt ist.“
„Nein, glaub nicht, dass ich mich darum reiße, aber ich richte mich besser auf. Ich habe schon jede Menge verletzte Männer sterben sehen, die zu lange flach gelegen haben. Selbst wenn die Wunde heilt, kann Wasser in die Lunge geraten, und im Nu kann man nicht mehr atmen.“
„Wie du meinst. Aber es wird sehr schmerzhaft sein.“
„Mir tut sowieso alles weh.“ Sie verließ den Raum und kam kurz darauf mit Hermes, einem kräftigen Haussklaven und einem der Sklavenmädchen zurück. Hermes und der Mann packten mich unter den Armen und hievten mich hoch, während Julia und das Mädchen
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