Das Orakel des Todes
Speerwerfen und Schießen mit Pfeil und Bogen bereitgestellt waren. Auf die Bogenschützen wollte ich ein Auge werfen.
Da für mich körperliche Ertüchtigung auf dem Programm stand, ließen wir die Pferde zu Hause und gingen zu Fuß zur Palaestra. Hin und wieder legten wir einen kleinen Spurt ein. Meine Männer bestanden darauf, mich rechts und links mit ihren Schilden zu schützen. Ich fand das etwas übertrieben und würdelos, doch dann erinnerte ich mich an den schmerzenden Pfeil in meiner Brust und ließ sie gewähren.
Die Campaner sind leidenschaftliche Athleten, weshalb die Palaestra gut besucht war. Schwitzende Männer und Jungen warfen Bälle, stemmten Steine oder Bronzegewichte, schwangen hölzerne Schläger, sprangen, sprinteten oder verausgabten sich anderweitig. Beim Anblick meiner bewaffneten kleinen Truppe verstummten sie.
„He!“, rief ein einheimischer Witzbold, „das hier ist die Palaestra. Der Ludus ist ein Stück weiter die Straße entlang.“ Auf die Bemerkung hin brach allgemeines Gelächter aus, das ich mit einer abwinkenden Handbewegung bedachte.
Ich war bereits erschöpft von dem langen Marsch, doch ich biss die Zähne zusammen, legte meine Toga und meine Rüstung ab und entkleidete mich bis auf ein Subigaculum. Splitternackt wie ein Grieche wollte ich nicht herumlaufen. Meine zahlreichen Narben sorgten für bewundernde Pfiffe, vor allem die frische, noch rote auf meiner Brust.
Als erstes absolvierte ich auf der Rennstrecke ein Laufpensum, wobei meine Männer mir wie Jagdhunde folgten. Ich hielt nicht besonders lange durch, aber zumindest blamierte ich mich nicht. Als ich vom Laufen genug hatte, ging ich zum Wurfplatz und übte mich eine Weile im Speerwerfen. In dieser Disziplin hatte ich immer brilliert, doch jetzt musste ich feststellen, dass sowohl meine Treffsicherheit als auch die Weite meiner Würfe zu wünschen übrig ließen. Ich schwor mir, so lange zu üben, bis ich meine alten Fähigkeiten zurück gewonnen hatte. Danach kämpften wir eine Weile mit Holzschwertern und Schilden aus Korbgeflecht. Hermes hatte einen Riesenspaß, einen nach dem anderen niederzumachen, doch mich schonte er. Der Ludus hatte nicht nur einen guten Kämpfer aus ihm gemacht, sondern auch einen guten Ausbilder.
Nach all diesen Übungen war ich vor Erschöpfung halb tot. „Dieses Programm absolviere ich ab sofort jeden Tag“, teilte ich Hermes mit, „bis ich von morgens bis abends rennen und kämpfen kann.“
„In so einem Zustand habe ich dich zwar noch nie erlebt“, entgegnete er, „aber wir wollen sehen, was wir tun können. Komm, reinigen wir uns! „
Wir gingen zur Sandgrube der Palaestra, rieben uns von oben bis unten mit Öl ein, rollten uns im Sand und kratzten ihn mit Schabern ab. Anschließend gönnten wir uns ein genüssliches Bad. Das Bad musste nicht befeuert werden, da es von den heißen Quellen der Umgebung mit warmen, Wasser versorgt wurde. Das schwefelhaltige Wasser linderte meinen Muskelkater und den noch spürbaren Wundschmerz. Vielleicht war all das am Ende doch gar nicht so übel.
Während wir faul im Wasser lagen, traf ein unerwarteter Besucher ein: Gnaeus Pompeius Magnus kam herein und ließ sich zu uns ins Becken gleiten. Offenbar hatte er sich dem gleichen Ertüchtigungsprogramm unterzogen wie ich. Jedenfalls war er nicht mehr ganz so füllig wie bei seiner Ankunft in Campania, von der Verfassung eines tauglichen Soldaten war er allerdings noch weit entfernt. Er hatte beinahe so viele Narben wie ich, doch seine waren vor allem an Armen und Beinen. Kein Wunder, da er sich die Verletzungen auf dem Schlachtfeld zugezogen hatte, wo er nie ohne Rüstung gewesen war. Ich hingegen hatte mir die meisten in den Straßen und Gassen Roms eingehandelt.
„Deine Genesung scheint gute Fortschritte zu machen, Praetor“, stellte er fest, nachdem er es sich bequem gemacht hatte. „In null Komma nichts bist du wieder so weit bei Kräften, dass du in die Schlacht ziehen kannst.“
„Was auch immer der ehrwürdige Senat beschließt“, entgegnete ich ausweichend. „Wie geht es mit der Rekrutierung voran?“
Er verzog das Gesicht. „Oh, meine Veteranen sind in Scharen herbeigeströmt und haben sich gut gehalten, aber die italische Jugend ist nicht mehr die, die ich aus meinen jüngeren Tagen kenne. Auf der Suche nach Freiwilligen habe ich sämtliche Städte und Märkte abgeklappert, und wer hat sich gemeldet? Hier eine Hand voll, da ein Dutzend, das war's. Es gab Zeiten, in denen
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